Die Statistiken sagen, dass Männer im Durchschnitt jünger sterben als Frauen. Nimmt man hinzu, dass Frauen oft ältere männliche Partner haben, ist es nur logisch, dass es mehr Witwen gibt als Witwer. Die Statistik wird aber erst dann schmerzlich lebendig, wenn es uns selbst erwischt: Mein Mann ist tot – und jetzt?

Traditionell gibt es das Trauerjahr. Frauen in pechschwarzer Kleidung waren früher nicht ungewöhnlich im Straßenbild. Heute ist “alles ganz anders”: Wir Witwen tragen nicht unbedingt schwarz, vielleicht in der Hoffnung, nicht noch mehr hinabgezogen zu werden in die tiefen Gründe. Und keine Spur von Trauerjahr. Ein oder zwei Tage Anrecht auf Sonderurlaub, aber spätestens nach einer Woche solltest Du topfit wieder auf der Matte stehen, so als wäre nichts gewesen. Dabei dauert es nach wie vor mindestens ein Jahr, bis die Hinterbliebene ihr Leben wieder einigermaßen ausrichten kann auf Zukunft und Freude.

Wir haben uns getroffen, um uns über unsere Witwenschaft auszutauschen. Mit wem sonst könntest Du darüber reden, wie es tief drin in dir schreit, die Wunde des Verlustes blutet und schmerzt? Niemand sonst will das hören, die Trauernde wird nicht auf ihren Schmerz angesprochen, sie muss den Smalltalk akzeptieren, oder sie wird gemieden, denn keiner mag an Tod und Sterben erinnert werden. Gerade im Moment, wo frau die liebevolle Begleitung durch andere Menschen am nötigsten hat, wird sie weitgehend ignoriert und allein gelassen.

Die Trauerkultur sagt etwas aus über die Qualität der Menschlichkeit in einer Gesellschaft. In unserer westlichen Welt ist es schlecht damit bestellt. Wir meiden jede Erinnerung an unsere Sterblichkeit, wir fliehen dem Tod um jeden Preis. Die industrialisierte Medizin treibt es auf die Spitze, ebenso wie die derzeitige Corona Panik, die fleißig geschürt wird unter Benutzung von rationalisierenden Teilwahrheiten. Tote durch Corona sollen um jeden Preis vermieden werden, aber die Traumatisierung von Kindern oder die Zunahme von häuslicher Gewalt wird in Kauf genommen, das tötet ja nicht sofort. Die steigenden Zahlen von Selbstmord? Das ist Dein eigenes Problem, wenn Du das verordnete restriktive Leben nicht aushältst! Wir schützen die anderen vor dem Tod! Du hättest ja rechtzeitig dein Geschäft abstoßen können, anstatt zu warten, bis du durch Coronamaßnahmen pleite und du mittellos wirst. Selber schuld.

So treibt die allgegenwärtige Angst vor dem Tod zu kaum durchdachten Anordnungen und Verhaltensweisen, die zu einer sich selbst bestätigten Prophezeiung werden. Je mehr du von etwas davon läufst, desto schneller und hartnäckiger rennt es hinter dir her – jedenfalls dann, wenn Du kein dickes Bankkonto hast.

Und die Witwen? Wenn sie Glück haben, bekommen sie eine Pension über den Mann, die dann durch überhöhte Steuern fast wieder aufgegessen wird (jedenfalls hier in Italien, wo ich lebe). Oder sie muss zurück in einen Job um zu überleben, weil die Basis der gemeinsamen Arbeit verloren ist. Oder, oder???

Die Gesellschaft macht es uns nicht leicht, aber wir können uns gegenseitig unterstützen und ermutigen, das Leben selbst zu schätzen und einen positiven Geist zu entwickeln, der es uns erlaubt, uns wie Münchhausen “an den eigenen Haaren” aus dem Schlamm zu ziehen, der uns von außen als Lebensraum angeboten wird. Nicht unterkriegen lassen, aber trotzdem deutlich sagen, was nicht passt und auf Veränderung hinarbeiten: unsere “Arbeitshypothese”.

  

Die Teilnehmerinnen

Victoria Martino
Victoria Martino verlor ihren beliebten Mann, Konrad Oberhuber, im September 2007. Ursprünglich eine Studentin von ihm in den siebziger Jahren an der Universität Harvard, sie begegnete ihn wieder 12 Jahre später. Beide erkannten sofort, das sie eine ewige Wahlverwandtschaft hatten. Sie waren 16 Jahre, Tag und Nacht, ununterbrochen zusammen, bis der Tod sie von einander riß. In diesen 16 Jahren erlebten sie miteinander ein wunderschönes Leben, voller Liebe, Musik, Kunst, und Weltreisen. Im Jahr 1992 wurde ihre Tochter, Beatrice Antonie, geboren, und sie war ihr Sonnenlicht vom ersten Augenblick an.

Ulrike Haiden
Ulrike Haiden, Lebensberatung & integrales Coaching für erfüllende Lebenswege und Karrieren – lokal und online – Deine Expertin für berufliche Veränderung, Positionierung und Jobfinding.

Heidi Hörnlein
Heidi gründete die WISDOM FACTORY zusammen mit ihrem Mann Mark Davenport, der im Juni 2018 verstarb. Seither veröffentlichst sie hier auf der Webseite und auf Youtube wöchentlich Gespräche mit interessanten Menschen, auf Englisch und auf Deutsch.

Inga Hense
Inga Hense ist Naturwissenschaftlerin.Ihr langjähriger Lebensgefährte ist im Sommer 2020 gestorben und seitdem beschäftigt sie sich mit dem Thema: Sterben, Tod & Spiritualität.

  

Quelle: https://thewisdomfactory.net

 

 

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