Integrale Nachhaltigkeit

Ökologie / Nachhaltigkeit

Integrale Nachhaltigkeit

– Ken Wilber im Dialog mit Studenten der Fielding Graduate University

Ken Wilber

Einführung der IntegralNaked Redaktion 

Im vergangenen Herbst (2006) öffnete die Integral University in Zusammenarbeit mit der Fielding Graduate University und der John F. Kennedy University ihre Türen für staatlich anerkannte Studienabschlüsse. Eine der zentralen Visionen der Integral University ist die Bereitstellung eines Netzwerkes staatlich anerkannter Abschlüsse und Programme unterschiedlicher Bildungsinstitutionen.

Wir freuen uns sehr über die Kooperation mit Fielding und der JFKU, der weltweit einzigen Universität mit einem Fachbereich für integrale Studien, der auf AQAL basiert. Alle Kurse werden von Fachleuten und Anwendern des integralen Modells abgehalten.
Ken Wilber ist Gastlektor in beiden Studiengängen, was den Studenten einen direkten Kontakt mit dem Urheber und führenden Experten in integraler Theorie ermöglicht. In jedem Studiensemester haben Studenten die Gelegenheit, Ken telefonisch Fragen über das Modell und seine Anwendungen zu stellen.

Teil 1: Integrale Nachhaltigkeit und erleuchtete Führung 

Einleitung der IntegralNaked Redaktion

Wirbelstürme, Tsunamis, Dürre, steigende Temperaturen, schmelzende Pole, Artensterben – diese Vorboten des Zusammenbrechens unserer Ökosysteme nehmen mehr und mehr zu, und die Notwendigkeit für eine effiziente und umsetzbare globale Politik der Nachhaltigkeit wird immer dringlicher. Wie so oft beim Thema menschlicher Entwicklung befinden wir uns dabei in einer Dialektik von guten und schlechten Nachrichten, und je nachdem, wohin das Pendel ausschlägt, entscheidet sich unser Schicksal als Spezies. Die deprimierenden schlechten Nachrichten dabei sind: Die Vorstellung einer ökologischen Nachhaltigkeit setzt  weltzentrische Wertevorstellungen voraus – Forschungsergebnisse sagen uns jedoch, dass über 70% der Weltbevölkerung sich erst zu egozentrischen oder ethnozentrischen Wertevorstellung entwickelt haben, was bei einer „ein-Mensch-eine-Stimme“-Demokratie verhindert, die menschliche Rasse vor sich selbst zu schützen. Wie können wir also eine derartige Politik, die wir so dringend benötigen, entwickeln und umsetzen? Dazu brauchen wir, worauf Ken hinweist, eine Art von „erleuchteter Führung“ [enlightened leadership], bei der eine Elite, d.h. Menschen, die die derzeit höchstmögliche menschliche Entwicklung verkörpern, politische Entscheidungen treffen. Existieren derartige Führungspersönlichkeiten? Gibt es gute Nachtrichten, die die schlechten aufwiegen? Vor zehn Jahren hätte Ken diese Frage wahrscheinlich verneint. Heute scheint er diesbezüglich etwas optimistischer zu sein …

Frage: Ich bin am Thema integraler Nachhaltigkeit interessiert. Um ein Modell für integrale Nachhaltigkeit aufzustellen, braucht es eine Menge Menschen, die eine weltzentrische Perspektive oder höher einnehmen, und das scheint ein Problem zu sein, wenn man bedenkt, wie groß die augenblicklichen Umweltprobleme sind und wie wenige Menschen sich auf dieser hohen Entwicklungsebene befinden. Haben sie eine Idee, wie man so etwas machen kann?

KW: Ja, das ist eines der Hauptthemen. Man betrachtet dabei gewissermaßen zwei unterschiedliche Bevölkerungsgruppen, wenn es darum geht, irgendeine Art von Politik umzusetzen. Die eine Gruppe ist die Gruppe derjenigen, die Politik machen. Die andere Gruppe sind diejenigen, die durch die Politik regiert werden, also praktisch jeder. Beginnt man sich mit Entwicklungsstudien zu beschäftigen, dann wird man sehr leicht deprimiert und kommt auf Selbstmordgedanken. [Lachen] Es gibt dabei gute und schlechte Nachrichten, doch die schlechten Nachrichten bestehen darin – und ich  gebe jetzt ein extremes Beispiel, unter Heranziehung des Satzvervollständigungstests von Jane Lovinger, einem sehr genauen Test im Hinblick auf die Entwicklung, die jemand erreicht hat. Dieser Test wurde vor etwa 15 Jahren durchgeführt wurde, und die Dinge haben sich seitdem leicht verbessert, aber wir nehmen die Zahlen, die damals festgestellt wurden. Das Ergebnis dabei war, dass der Prozentsatz der Bevölkerung, der sich auf der – in Lovingers Begriffen – „integrierten“, und das entspricht der türkisen – Ebene befindet, bei 0,5% liegt. Strebt man jetzt eine türkise Demokratie an, wie hoch ist die Chance, dass man das erreichen kann? Die Chancen sind gleich null. Das gleiche gilt für die Einführung einer türkisen Gesetzgebung, jedenfalls wenn man das durch demokratische Wahlen erreichen will. Der Prozentsatz der Bevölkerung ist sehr, sehr klein, der sich für dasjenige einsetzt, was für die Gemeinschaft am besten ist. 70% der Bevölkerung ist ethnozentrisch oder darunter. Ich drücke das manchmal auch sehr drastisch aus, indem ich sage, dass 70% der Weltbevölkerung Nazis sind. Was kann man also im Hinblick auf Nachhaltigkeit machen? Das Problem dabei ist, dass nur 30% der Weltbevölkerung eine zumindest weltzentrische Nachhaltigkeit von sich aus unterstützt, d.h. dies etwas ist, was einer eigenen inneren realen Erfahrung dieser Menschen entspricht. 70% der Weltbevölkerung würden das jedoch ablehnen, und sich nach Politiken richten, die zu ihrer Zerstörung beitragen, ein selbstmörderisches Verhalten also. Das ist eine schwierige Situation. Man beginnt sich mit etwas Elitärem zu beschäftigen, das wird von manchen so gesehen, dass eine kleine Anzahl von Menschen ihre Werte allen anderen aufzwingt, und auf diese Art von Vorwürfen gibt es keine einfachen Antworten. Dies führt einen früher oder später zu etwas, was man mit erleuchteter Führung [enlightened leadership] bezeichnen kann. Das bedeutet, dass sich das Augenmerk auf diejenigen richtet, die Politik machen, und man hofft, dass sie eine türkise oder integrale Politik machen. Vor 5 Jahren hätte ich das noch für unwahrscheinlich gehalten, doch seitdem hat eine erstaunliche Anzahl von Führungspersönlichkeiten in der Welt ein Interesse an derartigen Themen gezeigt. Sie haben, um nur ein Beispiel zu nennen, meine Bücher gelesen – Bill Clinton, Al Gore, Tony Blair usw., ich habe die Namen schon mehrfach erwähnt. Das State of the World Forum ist mit 6000 Führungspersönlichkeiten der Welt, die daran teilnehmen, das größte nicht-offizielle politische Forum. Es wurde von Jim Garrison und Michail Gorbatschow gegründet, kurz nachdem Jim Eros, Kosmos, Logos gelesen hatte, und er hatte dabei die Vorstellung von einem – wie er es nennt – Vier Quadranten Forum. Auch dieses Forum möchte eine integrale Politik einführen … Erleuchtet Führung ist also dabei ein wichtiges Thema. Hat man Führungspersönlichkeiten, die entsprechend weit entwickelt sind, dann garantiert das noch nicht, dass das Richtige gemacht wird, aber es garantiert, dass die Höhe, von der aus Politik gemacht wird, das Richtige tun kann.

Ein weiter Aspekt dabei, wenn es um integrale Nachhaltigkeit oder irgend ein anderes integrales Thema geht, das ein Teil der Gesellschaft werden soll, ein Teil von Regierungsarbeit, Politik und Gesetzen, ist die Präsentation und Darstellung der Bevölkerung gegenüber. Wie kann man die Politik, die von einer erleuchtet Führung umgesetzt wird, gegenüber der Bevölkerung darstellen? Die Antwort darauf besteht darin, die Politik auf eine Weise darzustellen, welche die Werte und Ziele auf jeder der Entwicklungsstufen anspricht. Man tut das für Spiritualität, für Ökologie, für Politik usw. Das bedeutet, dass man, welche Politik man auch immer erklären möchte, eine magenta Version davon erstellt, eine rote Version, eine bernstein Version, eine orange, grüne, türkise Version. Das bedeutet für das Beispiel Nachhaltigkeit, dass man denjenigen auf einer roten Entwicklungsstufe erklärt, warum diese Politik ihren roten Werten nützt. Integrale Nachhaltigkeit hält für jeden etwas bereit. Sie hält nicht alles für alle bereit, aber etwas für jeden. Man nimmt dieses Etwas, und erstellt eine rote Version davon, eine bernstein Version, eine orange Version usw. …  Das sind also die zwei Dinge, nach denen wir Ausschau halten: erleuchtete Führung und eine erleuchtete Präsentation und Darstellung.

Teil 2: Nachhaltigkeit und Business: Freunde oder Feinde?

Einleitung der IntegralNaked Redaktion:

Auf den ersten Blick schient es so, als sei die Welt der Business die größte Gefahr für unseren Planeten. Es ist der unwiderstehliche allmächtige Dollar, welcher uns so oft blind macht für die langfristigen Konsequenzen unserer Gier. Die Jagd nach dem Geld beschäftigt uns so sehr, dass wir nicht bemerken, wie der Himmel über uns zusammenbricht. Dies ist eine sehr verbreitete Wahrnehmung der Welt des Business, doch eine nähere Betrachtung zeigt das genaue Gegenteil: Die Geschäftswelt ist nicht der Erzfeind der Nachhaltigkeit, im Gegenteil, sie kann der Retter der Umwelt sein. Für sich betrachtet ist sie harmlos oder kann es ein, als ein effizientes Mittel, um Artefakte zu transferieren und miteinander auszutauschen (alles das, was von einem individuellen oder sozialen Holon hergestellt wird, wie ein Bienenstock, ein Auto, eine Blockhütte oder ein Gemälde). Geschäftliche Aktivitäten können jedoch von jeder Ebene des Bewusstseins aus betrieben werden, und daher wird das Business vom gesamten Spektrum menschlicher Motivation angetrieben. In dieser Diskussion bietet Ken einen kurzen Abriss dessen, worauf man bei einem integralen Business zu achten hat, bezüglich Management, Produkten und Märkten: Von welcher Bewusstseinsebene aus werden Entscheidungen getroffen? Von welcher Bewusstseinsebene stammen die Produkte? Welcher Bewusstseinsebene werden die Produkte angeboten, und von welcher Ebene werden sie gekauft? Was sind die Voraussetzungen für die  Führungspersönlichkeiten des Business, für eine langfristig angelegte, ökologische Nachhaltigkeit?

Frage: Eine Frage zum Business: welches Verhältnis sehen sie zwischen der Welt des Business und dem Thema Nachhaltigkeit? Kann es integrales Business ohne Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung geben? 

KW: Das ist ein wichtiger Punkt. Was üblicherweise gesagt wird ist, dass Business von Orange kommt. Aber das stimmt so nicht, das ist nur ein Teil der Wahrheit. Wenn es darum geht zu definieren, was Business ist, dann haben wir es wieder mit allen vier Quadranten zu tun (und wir reden hier über modernes Business). Im unteren rechten Quadranten handelt es sich um ein System von Strukturen und techno-ökonomische Infrastrukturen, die den weltweiten Austausch von Gütern und Dienstleistungen auf eine sehr effiziente Art und Weise ermöglichen. Es gibt sehr viele Artefakte, und ich verwende den Begriff „Artefakt“ in einer positiven Weisen als etwas, was von einem individuellen oder sozialen Holon hergestellt wurde, ein Vogelnest, ein Ameisenhügel, eine Eisenbahnlinie, ein Flugzeug – dies alles sind Artefakte. Die Welt des Business hat ein ganzes System von Artefakten, so wie etwa der Harvard Universität eine ganze Reihe von Gebäuden zur Verfügung steht. Es gibt ein Gebäude für Physik, eine Bibliothek, ein Gebäude für Sozialwissenschaften usw. Die Welt des Business kann nun – ähnlich wie die Gebäude einer Universität, bewohnt werden von Menschen mit einer roten Moral, einer bernstein Moral, einer orangen Moral, einer grünen Moral usw. Es gibt viele Menschen in der Businesswelt, die nicht orange sind. Eine große Anzahl von Business-Menschen in diesem Land [USA] haben Werte, die auf Glaubensüberzeugungen beruhen, das wird gerne übersehen. In den USA haben 40% der Bevölkerung – wohin man auch geht und schaut – eine auf einem Glauben ausgerichtete Orientierung. Und es gibt viele geschäftliche Unternehmungen, bei denen versucht wird, aus derartigen Überzeugungen heraus – also traditionellen Werten – verantwortlich zu handeln. Und natürlich gibt es viele Business-Menschen mit orangen bzw. modernen Wertevorstellungen. Unglücklicher weise gibt es auch eine beträchtliche Anzahl von Geschäftsleuten mit roten Werten, und die sind für den schlechten Ruf des Business verantwortlich. Wenn grün an Business denkt, dann denkt es fast ausschließlich an diese roten Halsabschneider. Das ist schlimm, weil Business so zu einem Feind der Umwelt wird, und das ist schlicht nicht wahr, und es ist auf jeden Fall nicht notwendig. Zu sagen „ich bin ein Geschäftsmann“ bedeutet in diesem Kontext automatisch, die Umwelt zu hassen und keine Moral zu haben. Es gibt also jede  Menge Vorurteile diesbezüglich, und das ist schade, weil Business ohne weiteres einer der stärksten Motoren für eine Politik der Nachhaltigkeit sein kann. Wenn Business dies nicht leistet, dann wird auch die Nachhaltigkeit nicht funktionieren.

Wenn es um die konkrete Geschäftspraxis dabei geht, dann muss man sich im Detail alle Quadranten anschauen und die unterschiedlichen Gruppen von Menschen, mit denen man es zu tun hat. Man beginnt zum Beispiel mit dem Produkt oder dem Dienst, den man anbietet, als einem Artefakt, und stellt sich die Frage: „aus welcher Bewusstseinsebene heraus haben wir dieses Artefakt hergestellt? Stellen wir etwas her, was ausschließlich dem individuellen Antrieb dient, für den individuellen Spaß und die eigene Bedürfnisbefriedigung, wie z. B. einen Sportartikel, oder hat das, was wir machen, auch traditionelle Werte, hat es orange oder grüne Werte?“ Solarpaneele beispielsweise verkörpern eine Absicht, die von einer mindestens grünen Bewusstseinsebene herkommt. Das wäre das eine: Um was für ein Artefakt handelt es sich und von welcher Bewusstseinsebene wurde es produziert (dazu gehören beispielsweise Annahmen und  Motivationen)? 

Eine Bemerkung zu den Artefakten: Artefakte sind faszinierend. Wir reden dabei von etwas, das von irgendeinem individuellen oder sozialen Holon hergestellt wurde. Eine Gruppe von Menschen, die eine Blockhütte baut, ist ein soziales Holon, welches das Artefakt Blockhütte herstellt. Wir tauschen in diesem Telefongespräche linguistische Signifikate miteinander aus, und diese Signifikate sind Artefakte. Artefakte sind also sehr wichtig, sie sind keinesfalls Illusionen oder etwas in der Art – das Wort Kunst [art] hat dort seinen Ursprung. 

Nehmen wir an, ein Unternehmen produziert ein Artefakt. Was man bei einem Artefakt machen kann ist, man versucht zu interpretieren oder zu dekodieren, welche Ebene von Bewusstheit dieses Artefakt hergestellt hat, z. B. im dem man die kognitive Struktur betrachtet. Schaut man sich beispielsweise die ägyptischen Hieroglyphen an, dann zeichnet ein Kind von 8 Jahren heute genau die gleichen zweidimensionalen Figuren, und diese Art von Evidenz sagt uns, dass diese Artefakte von einer konkret operationalen Kognition hergestellt wurden, eine Kognition der bernstein Ebene. Und das kann man auch für die Produkte des Business machen: Welche Ebene des Bewusstseins produziert was? Das kann einem das Artefakt sagen. Aber: Viele Artefakte können von praktisch jeder der Bewusstseinsebenen verwendet werden. Viele haben heute einen Computer. Um so etwas derartig Komplexes herzustellen; braucht es mindestens eine türkise Kognition – aber damit umgehen können auch Menschen auf einer roten, bernsteinfarbenen usw. Bewusstseinsebene. Dasselbe gilt unglücklicherweise für Dinge wie Maschinengewehre. Jeder rote Dummkopf kann den Abzug betätigen, aber erschaffen konnte das nur ein modern-oranges Bewusstsein. Übrigens: fast alles; was der Moderne vorgeworfen wird; ist eine Verbindung einer modernen Kognition mit einer prämodernen Stammesmoral. Das gleiche gilt für Business. Das Schlimme, was dort passiert, kommt aus prämodernen Antrieben, umgesetzt mit den Werkzeugen einer modernen und postmodernen Technologie. Das ist die Ebene, von der ein Produkt herkommt. Des Weiteren stellt sich die Frage nach dem Markt, auf dem man das Produkt verkauft. Der Markt, auf dem man sein Produkt verkauft, entspricht der Ebene, die das Artefakt verkörpert, und vor allem der Ebene, von der es verwendet werden kann. Wenn man etwas produziert, was von einem roten oder bernstein oder orangen oder grünen Markt bestimmt ist, dann kann man das ganz allgemein sagen, aber es gibt auch sehr viele Märkte, wo praktisch alle Ebenen ein bestimmtes Produkt verwenden können. Marketing ist also ein weiterer Aspekt, ein Aspekt, der sich auch mit Innerlichkeit des Business beschäftigt, und natürlich gibt es auch etwas wie inneres Management und innere Führung, und das kann man mit AQAL machen. Eine Marktanalyse wird immer mit berücksichtigen, an welche Märkte man ein Produkt verkauft. Dabei geht es darum zu gestalten, was man in welcher Art und Weise sagt, um die Werte des betreffenden Marktes anzusprechen. Verkauft man etwa an einen roten Markt, dann verwendet man rote Begriffe, bei bernstein Märkten bernstein Begriffe, usw. Welche Aspekte im Hinblick auf Nachhaltigkeit interessieren sie dabei? Geht es um die Beschäftigten oder das Produkt, oder den Produktionsstandort, die örtliche Umgebung und Gemeinschaft? Welcher Aspekt interessiert sie dabei?

Frage: Wenn wir das alles zusammen betrachten: Management, die Beschäftigten, das Produkt als Artefakt – nehmen wir an man verkauft Autos, wie z. B. General Motors, wie kann man dabei sozial verantwortlich und weltzentrisch handeln?

KW: Wenn man die Frage stellt, wie können andere oder wir selbst sozial verantwortlich handeln, dann geht es dabei um die wirtschaftlich Handelnden – was sie tun und produzieren …

Frage: Also das Management …

KW: Ja. Und wieder stoßen wir dabei auf Probleme. Es gibt Unternehmen und Unternehmungen, die bewusst z. B. Zigaretten herstellen, und es gibt vieles Andere, was hergestellt wird, aber nicht gut für das gemeinschaftliche Ganze ist. Die Frage stellt sich dann, wie man das kontrolliert, und ob man das überhaupt kontrollieren kann oder soll. Es lässt sich nicht besonders gut kontrollieren, und das ist einer der Gründe, warum Business allgemein  einen schlechten Ruf hat. Es gibt einen Bereich von Business und Businessmanagement, wo es den Beteiligten nur ums Geld geht, und was das bedeutet ist, dass sie rot sind. Sie nutzen das gewaltige weltweite Businessinstrumentarium, um rote Produkte an überwiegend rote Menschen zu verkaufen und dabei so viel Geld wie möglich zu verdienen. Die Schwierigkeit besteht darin, diese Dinge sozial zu steuern. Verbote sind hier eher das allerletzte Mittel. Im Hinblick auf Nachhaltigkeit geht es um dieses allerletzte Mittel, weil man Nachhaltigkeit nicht auf demokratischem Weg bekommt. Man bekommt es über ein elitäres Vorgehen, wo eine Minderheit, 10%, 20%, 30% der Bevölkerung es besser weiß. Grün wehrt sich natürlich dagegen, aber was sie dann machen, geht in genau die gleiche Richtung, die Umsetzung von Gesellschaftspolitik auf der Basis einer Minderheit der Bevölkerung. Alles, was man tun kann ist, eine gesellschaftliche Politik vonder höchstmöglichen verfügbaren Ebene der Entwicklung umzusetzen, und das ist derzeit türkis. Was also Business und das persönliche Engagement anbelangt: das Beste ist es integral informiert zu sein, integrale Führung zu unterstützen, das Management integral zu informieren und für das Thema einer integralen Nachhaltigkeit zu interessieren. Das bedeutet, dass ein Unternehmen kein Produkt und keine  Leistung anbietet, die nicht im Einklang mit türkisen Werten steht, also dem, was den größtmöglichen gesellschaftlichen Nutzen für eine größtmögliche Anzahl von Menschen bedeutet – die größte Tiefe für die größte Spanne. Das Produkt muss das nicht aktiv fördern, aber es sollte dies nicht verhindern. Auf diese Weise bleibt man moralisch mit dem Universum verbunden. Jedes Mal, wenn man diese moralische Verbindung unterbricht, auf welcher Ebene auch immer man sich dabei befindet – und auf Rot bedeutet dies, das beste Rot zu sein, das man sein kann. Es gibt gutes Rot und schlechtes Rot, gesundes Rot und ungesundes Rot, es gibt moralisches Rot und unmoralisches Rot – doch jedes Mal, wenn man im Rahmen der eigenen Grenzen diese Verbindung kappt, leidet man unter einer Abtrennung vom Kosmos. Dieses Leiden erzeugt wiederum mehr Leiden, man nennt das auch Karma. Man strebt also – was das Management betrifft – an, so integral wie nur möglich zu sein, und was die Produkte angeht,  geht es darum Produkte zu produzieren, die auf dem Markt nicht die grundlegende moralische Verbindung von Menschen unterbrechen, und daraus resultiert auch ein nachhaltiges Wirtschaften für den Planeten.  

(Quelle: Integral Naked)

(aus: Online Journal 2)

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