In der Ausgabe 36 des Online Journals habe ich in einem Beitrag Haben und Geben – zur aktuellen Urheberrechtsdiskussion unter Bezugnahme auf das integrale Modell gegen die seinerzeit noch sehr starke Annahme eines von sich aus freien, gerechten und sozial-demokratischen Internets argumentiert, eines Internets, bei dem sich Eigentums- und Urheberrechtsüberlegungen von selbst erledigt hätten. Was heute offensichtlich ist, war seinerzeit bereits erkennbar – das Internet als technische Innovation kann von allen genutzt werden, die ein Smartphone bedienen können, und das bedeutet, dass sich das gesamte menschliche Bewusstseinsspektrum dort abbildet, so wie in der realen Welt auch – mit großen Potenzialen, aber ebenso großen Gefahren, als evolutionäre Dialektik. Und so wie es in der realen Welt auch Regeln gibt, damit individuelle Freiheiten nicht auf Kosten anderer ausgelebt werden, braucht es diese für das Internet auch, und erfreulicherweise hat sich seitdem einiges getan.
Ich möchte daher noch einmal dazu etwas schreiben, angeregt durch einen Beitrag in der GEMA-Zeitschrift virtuos Ausgabe 01-2018, in dem Auszüge aus einer Rede zur Vorstellung einer Studie „Urheberrecht und Kunstfreiheit und digitalen Verwertungsbedingungen“ vom ehemaligen Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio wiedergegeben werden. Alle nachfolgenden Zitate in meinem Beitrag stammen aus dieser Veröffentlichung.
Die Ernüchterung
Wie schon in anderen Beiträgen von mir erwähnt, hat bei technischen Innovationen die liberale Freiheit die Nase vorn. Ob Pfeil und Bogen, Dampfmaschine, Automobil, Computer oder Internet – jeder, der weiß wie man damit umgeht, kann erst einmal damit machen,was er oder sie will, oder sich selbst auch neue Nutzungsmöglichkeiten ausdenken und mit denen dann machen, was er will. Der Freiheit scheinen am Beginn einer Innovation keine Grenzen gesetzt, bis offensichtlich wird, dass andere Menschen, andere Lebewesen oder die Umwelt dabei Schaden nehmen, und Menschen, denen eine soziale Perspektive am Herzen liegt, Spielregeln für die neue Technologie einfordern, entweder die Anwendung bereits bestehender Gesetze auf das Neue oder das Schaffen neuer Gesetze. Das führt, auf der Seite der Enthusiasten des Neuen, zu Ernüchterung. Gleichzeitig ist es oft so, dass das jeweils Neue in der Form „transzendiere und verwerfe“ angeboten wird, nach dem Motto:„Die alten Medien sind out, wir haben jetzt die sozialen Medien“ oder „Fiat-Währungen sind von gestern, wir haben jetzt Kryptowährungen[1]“, oder eben „Eigentum und Urheberschaft sind vorbei, wir haben jetzt Open Source“. Doch so arbeitet die Evolution nicht, sie verfolgt ein „transzendiere und bewahre“. Das bedeutet nicht, dass nicht Ideen, Verfahren, Produkte oder Berufe verschwinden, das tun sie laufend, doch etwas davon geht in das Neue ein, und ohne das Vorherige gibt es nichts, worauf etwas Neues aufbauen kann. Alle bisherigen „Kulturrevolutionen“, bei denen Gewachsenes einem vermeintlich Besseren radikal geopfert wurde, haben großes Leid und Elend verursacht.
Anfang der 90er-Jahre waren die digitale Allmende und die Open-Source-Bewegung das Angesagte. Deshalb waren Vorstellungen von Eigentum und Urheberrecht von gestern. Noch vor Kurzem auf einer großen internationalen Konferenz war jemand unterwegs, der mir und dem staunenden Publikum sagte, dass er mit seiner Blockchain-Firma für die Überwindung des Kapitalismus stünde. Hier ist im Netz eine große Erzählung entstanden. Nämlich die Erzählung, dass gerade das Alte überwunden wird und eine neue, eine ideale Welt entsteht.
Derartige „große Erzählungen“ oder Mythen begleiten fast jede größere Innovation geistiger oder materieller Art. Die Entdeckung des Penicillins versprach das Ende von Krankheiten, heute ist daraus eine Abwehrschlacht gegen immer resistentere Erregerstämme geworden. Die Entdeckung der Atomkraft versprach bei ihrer friedlichen Nutzung eine quasi unerschöpfliche Energiequelle, heute sehen wir uns einem atomaren Erbe von einer unvorstellbaren Giftigkeit und Langlebigkeit gegenüber, die Vision einer egalitär-gerechten kommunistischen Gesellschaft hat zu grauenhaften Unmenschlichkeiten geführt – die Liste ist endlos. Das bedeutet nicht, dass es nicht auch segensreiche Entwicklungen gibt, die gibt es laufend, doch wenn man dabei nur einem gedanklich-idealistischen Ideal folgt, ohne Berücksichtigung der menschlichen Natur und anderer Gegebenheiten dieser Welt, oder, mit integralen Begriffen, ohne Berücksichtigung einer integralen Landkarte, kann man sich fürchterlich verirren. Dies gilt natürlich auch für die Regulierer, die, in ihrem Eifer – und ohne integrale Orientierung – oft in einer Überregulation und aus Angst vor allem Neuen über das Ziel hinausschießen und innovative Freiheiten generell beschränken wollen.
Inzwischen spüren wir einen Paradigmenwechsel, auch in der Diskussion. Und wissen Sie, manchmal fürchte ich schon, dass wenn wir über Hate Speech und Fake News reden, dass zu viel oder falsch reguliert wird. Ich spüre, wie in Brüssel der Regulierungseifer wächst, aber wir müssen so regulieren, dass keine Festung Europa entsteht. Sondern eine faire Wettbewerbsordnung. Das heißt, wir müssen smart regulieren. Smart regulieren heißt aber, dass bestimmte Grundwerte unserer Verfassungsordnung so präsent und wirksam gemacht werden, dass die technische Entwicklung, dass die Entwicklung der Kommunikationszusammenhänge diesen normativen Bindungen folgt und nicht in Konflikt mit diesen Bindungen gerät.
Grundwerte
Diese „Grundwerte“ und „normativen Bindungen“ sind das Ergebnis eines jahrtausendealten Ringens um Freiheit und Gerechtigkeit und, in neuerer Zeit, auch um Nachhaltigkeit, als ein kostbares Erbe, und sie stehen auch bei technischen Innovationen nicht zur Disposition, jedoch zur Diskussion.
Besonders deutlich wird die Ernüchterung – vor dem Hintergrund der anfänglichen Euphorie – wenn man sich anschaut, wer finanziell von den neuen technologischen Möglichkeiten profitiert und wie solidarisch es dabei zugeht. Unter den Top 10 der weltweit größten Firmen (nach Firmenwert) finden sich auf den ersten drei Plätzen Apple, Alphabet/Google und Microsoft. Danach folgen Amazon und Berkshire Hathaway, ein US-amerikanischer Mischkonzern. Auf Platz 6 dieser Liste ist Facebook, gefolgt von ExxonMobil, Johnson & Johnson, JPMorgan Chase & Co und Tencent Holdings Ltd, einem chinesischen Unternehmen[2]. In nur wenigen Jahrzehnten haben sich die Internet-Firmen an der Spitze des weltweiten Unternehmenrankings etabliert, doch an der kapitalistischen und US-dominierten Ordnung hat sich nichts geändert.
Die Leistungen der großen Plattformen werden sehr dezent betrachtet, wenn es ums Geld geht. Nichts wäre falscher, als einer Erzählung zu folgen, dass diejenigen den Kapitalismus überwinden wollen, die einfach nur den Kapitalismus 4.0 erfunden haben. Die uns erzählen, dass sie das globale Gemeinwohl des 21. Jahrhunderts neu definieren, und nicht wir in unseren alten Parlamenten, in unseren realen Räumen. Nicht die, die Eigentum in der Realwirtschaft produzieren, sondern diejenigen, die die großen Plattformen zur Verfügung stellen. Die inzwischen börsenkapitalisiert die wertvollsten Unternehmen der Welt geworden sind. Und wie sind sie eigentlich so wertvoll geworden? Mit welchen Leistungen? Ihre Leistungen, die werden sehr dezent betrachtet, sobald es ums Geld geht. Sobald es um Anteile geht, die irgendeiner aus der Realwirtschaft von ihnen habe will. Dann geht es nämlich nur noch um einen „User Uploaded Content“. Dann geht es nur noch darum, dass sie ja nur Plattformen sind. Dass sie nur ein technischer Dienstleister, ein Vermittler sind, der nichts selbst tut und auch selbst keine Verantwortung übernimmt.
Freiheit und Verantwortung
Auch das ist typisch bei den Gewinnern von Innovationsrennen, wie sie die „Internetgiganten“ ja sind: Sie nehmen sich alle Freiheiten, die das Neue bietet, lehnen jedoch jegliche Verantwortung (z. B. als Provider) ab. Doch – und auch das ist eine jahrhundertealte Kulturerfahrung – wirkliche Freiheit kann nur bestehen, wenn sie von Verantwortung begleitet ist. Anders gesagt: Freiheit ohne Verantwortung ist ein Faustrecht des jeweils Stärkeren (wirtschaftlich, politisch, körperlich). Auch dieser Gesichtspunkt setzt sich mehr und mehr durch – heute akzeptiert kaum noch jemand, wenn eine Bank sagt:„Wir sind doch nur die Provider von Konten, woher das Geld dort stammt ist uns egal.“
Auch mit der Transparenz dieser Firmen, die ja gerne für ein „offenes Netz“ plädieren und vorgeben eine offene Unternehmenskultur zu praktizieren, ist es nicht weit her:
Dafür, dass sie mit den Daten, dass sie mit ihrer Infrastruktur, die sie da schaffen, dass sie da das Big-Data-Modell entwickelt und Wertschöpfung in intransparenter Weise betreiben, während das Netz uns die große Transparenz der Welt verspricht, dafür sind die Geschäftsmodelle der großen Internet-Intermediäre merkwürdig opak. Wir wissen nicht genau, wie Algorithmen funktionieren. Wir wissen vor allem nicht genau, wie Algorithmen im Zusammenhang mit wirtschaftlicher Wertschöpfung funktionieren. Und das wird uns auch nicht offengelegt von denjenigen, die Transparenz als neue Gemeinwohlanforderung für die gesamte Welt definieren. Hier ist eine Asymmetrie entstanden. Eine Asymmetrie, die wir wettbewerbsrechtlich als typische Oligopol- oder Monopolbildung bezeichnen.
Auf die Bedeutung der mit den bewussten und unbewussten Intention des Programmierers „geladenen“ Algorithmen habe ich bereits bei der Diskussion des Themas „Kryptowährungen“ (OJ Nr. 70) hingewiesen. Diese sind niemals wertfrei, in ihnen offenbart sich der „Geist“ eines Unternehmens, und daher ist ihre Offenlegung so wichtig. Ein weiterer interessanter Aspekt dabei sind die Kollektivierungstendenzen ausgerechnet derjenigen Unternehmen, welche die individuelle Freiheit hervorheben (ohne ihnen jedoch einen rechtlichen Rang zu geben). Man möchte, dass sich die ganze Welt an einer Plattform beteiligt und Inhalte hochlädt, doch den Gewinn aus der Vermarktung dieser Aktivitäten möchten das Unternehmen und seine Anteilseigner ganz allein für sich haben.
Das Internet kann nur ein offener Raum bleiben, wenn man individuelle Rechte anerkennt. Man muss immer aufpassen, dass man nicht von denjenigen, die ihre Plattform-Erzählung unter das Volk bringen, in eine Ecke gedrängt wird, als wolle man die Wirklichkeit des Internets irgendwie begrenzen, bekämpfen oder gar rückgängig machen. Jeder, der auf diese Welt mit Verstand schaut, der sieht, dass es unseren Möglichkeitsraum, auch den Möglichkeitsraum für Kreative, enorm vergrößert hat. Nein, es geht darum, das Internet als offenen Raum zu erhalten. Offen kann dieser Raum aber nur bleiben, wenn er individuelle Rechte anerkennt.
Wenn es darum geht, Eigentumsrechte im Netz durchzusetzen, dann sind wir in einer typischen Abwägung. Und die Erzählung, die man den Google-Erzählungen dieser Welt entgegensetzen muss, ist die klassische Rechtserzählung: Wozu sind Grundrechte eigentlich da?
Wir haben einen Anspruch, dass das, was wir individuell geschaffen haben, prinzipiell durch uns verfügt und uns zugeordnet wird als Recht. Genauso wie wir ja auch haften müssen, weil wir Freiheiten und Rechtspositionen haben.
Rechte und Pflichten
Es geht um die Balance von Rechten und Pflichten, sowohl von Individuen als auch von Organisationen. Auch das gehört zum großen kulturellen Erbe, das bewahrt werden muss, aber natürlich auch weiter zu entwickeln ist.
Diese einfache, für einen Juristen geradezu triviale Einsicht, ist eben heute nicht mehr trivial. Wir müssen diese Erzählung wieder neu auf den Weg bringen und uns dabei nicht beeindrucken lassen von denjenigen, die behaupten, das sei verkrustetes Denken der Vergangenheit. Denn es ist die eigentliche Grundlage der Freiheit. Dass ein Werk, was derjenige oder diejenige geschaffen hat, individuell zugerechnet wird. Das mag man für eine alteuropäische, westliche Besonderheit halten, aber da halten wir eben daran fest. Dass wir es nicht kollektivieren in dem Augenblick, wo es in die Welt gekommen ist. Das ist nicht unser westliches Denken. Damit ist aber nicht gesagt, dass das Eigentum, das Werk, die eigene Rechtsposition, dass sie unvermittelt im Raum steht, dass sie keine sozialen Bezüge hat. Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes sagt: „Eigentum verpflichtet.“ Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
Es geht – noch einmal – um eine bereits im Grundgesetz angelegte Balance oder Integration. Individuelle Freiheit und gemeinschaftliche Solidarität gibt es nur miteinander. Stellt man die verabsolutierend gegeneinander, wird beides zerstört.
Manche betonen das Wohl der Allgemeinheit so stark, dass von der Privatnützigkeit des Eigentums gar nicht mehr viel übrig bleibt. Aber dem muss man entgegenhalten, es geht um die Balance. Es geht um den Ausgleich der verschiedenen Rechtspositionen. Und die Privatnützigkeit des Eigentums muss immer vorhanden sein, bevor man über Bindungen und Gemeinwohlbindungen spricht. Das bedeutet, ein Künstler, der sein Werk in die Welt entlässt, der kann nicht absolut beanspruchen, immer darüber verfügen zu können. Aber wenn dieses Werk genutzt wird und der Öffentlichkeit zugänglich ist, dann muss jedenfalls, wenn schon die Verfügungsbefugnis des Künstlers, der Künstlerin eingeschränkt ist, dann muss jedenfalls die Verwertung gesichert sein. So wie Artikel 14 Absatz 3 sagt: „Wenn das Eigentum entzogen wird, dann muss eine angemessene Entschädigung gezahlt werden.“
Doch die Internetkonzerne wollen sich dieser Ausgleichspflicht entziehen und verklären ihre eignen, knallharten wirtschaftlichen Interessen durch das Reden von einer „digitalen Allmende“:
So ist es doch eine Selbstverständlichkeit, wenn die Öffentlichkeit etwas nutzen will, wenn andere es nutzen wollen, dann entsteht keine digitale Allmende, sondern dann entsteht die Ausgleichspflicht. So ist unser Recht gedacht und nicht anders. Sonst kann Freiheit nicht funktionieren. Sonst kann auch eine Gesellschaft nicht innovativ und leistungsfähig sein, wenn nicht auch eine wirtschaftliche Prämie winkt.
Das gilt auch für Freiheiten wie die Pressefreiheit:
Pressefreiheit funktioniert nur dann richtig gut, wenn diejenigen, die ein Presseerzeugnis in Umlauf bringen, auch damit Geld verdienen. Als die Presseverleger 20 Prozent Renditen hatten, hat das der Pressefreiheit enorm gutgetan. Denn wer so viel Geld verdient, der wird selbstbewusst. Der braucht nicht Angst zu haben, dass er eine Anzeige verliert, weil er genug andere Aufträge hat. Dieser ganze Werbesektor, er ist zu den Plattformen gelaufen, und deshalb steht heute die Printpresse ebenfalls wirtschaftlich mit dem Rücken an der Wand.
Es geht um die Gestaltung und Weiterentwicklung unserer Austauschbeziehungen, unseres miteinander Wirtschaftens, und um Fragen von Freiheit und Gerechtigkeit.
Wirtschaft ist nichts Hässliches, sondern es hat etwas mit den Existenzgrundlagen der Menschen zu tun. Und die muss nicht nur im engeren Wirtschaftsbereich durch Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie gesichert werden, sondern sie muss auch bei der Entfaltung eines Grundrechts mitberücksichtigt werden, wenn wir von Kunstfreiheit, wenn wir von Pressefreiheit, wenn wir von Wissenschaftsfreiheit reden.
Es geht um das Ausbalancieren wesentlicher Grundrechte im Anbetracht neuer technischer Entwicklungen, als eine „neue Erzählung“ unserer kulturellen Errungenschaften gegenüber den Mythen derjenigen, für die ihr eigener wirtschaftlicher Erfolg an erster Stelle steht und die implizit davon ausgehen, dass es für Künstler reicht, von „Luft und Liebe“ zu leben.
Das heißt, man muss Grundrechte zusammendenken. Artikel 5 Absatz 3, also die Wissenschaftsfreiheit und die Eigentumsfreiheit. Sie bilden für die einzelnen Kreativen EINE Plattform der Entfaltung. Das ist ein Gesichtspunkt. Das bedeutet, wer Künstlern ihre Verwertungsmöglichkeit nimmt, der nimmt ihnen zugleich mit der Eigentumsposition, mit dem Recht des Urhebers zugleich auch ein Stück der Kunstfreiheit.
Nüchternheit statt falscher Erzählungen
Denn alles andere wäre dieses romantische Bild des Künstlers, der von Luft und Liebe lebt. Und diese Vorstellung, diese uralte romantische Vorstellung und die Vorstellung der digitalen Allmende und der Open-Source-Bewegung, die uns eine glückliche Welt schafft, indem wir Zugänge gegen alle Rechtspositionen und unter Überspielung aller Rechtspositionen gewinnen, diese unheilige Allianz, der müssen wir in einer anderen Erzählung entgegentreten. Und zwar mit einer Erzählung, die nüchtern ist.
Es geht dabei nicht um einen Glaubenskrieg:
Wir wollen nicht das Pendel einfach zurückschlagen lassen und zum heiligen Kampf gegen Google und Co antreten. Darum geht es nicht. Es geht darum, jene faire Wettbewerbsordnung herzustellen. Und der Gesetzgeber muss, mit anderen Worten, regulative und selbstregulative Rahmenbedingungen vorschreiben und neu entwickeln. In diesen Rahmenbedingungen geht es nicht darum, ob man Urheberrechte geltend macht, sondern wie man sie wirksam geltend macht.
Ein „Grundeinkommen“ für Künstler kann nicht der Maßstab sein, sondern der tatsächliche Wert eines Werkes.
Dass die Plattformen ihr Geschäftsmodell nicht transparent machen, das hängt damit zusammen, dass eine Vergütung ja vom wirtschaftlichen Nutzen derjenigen, die etwas nutzen, abhängig gemacht wird. Es gibt auch dort Vorstellungen, dass man sagt: Wie hoch ist denn der Aufwand, um so etwas zu komponieren? Und dann vergüten wir das. Ja, so eine Art Grundeinkommen, aber das ist nicht der Maßstab. Der Maßstab ist: Was bringt mein Werk dem anderen, der nutzt? Und deshalb sind die so intransparent, weil wir nicht sehen sollen, wie eigentlich das Plattformmodell, diese technischen Hilfestellungen, damit andere in Kommunikation zueinander treten, wie wertvoll das eigentlich ist. Und die Börsenkapitalwerte wären nicht so, wie sie sind, wenn das nicht enorm wertvoll wäre. Und damit wird auch das Werk des Urhebers viel wertvoller. Das heißt, deshalb begrüßen wir unter anderem das Internet. Weil damit der Zugang zu den Menschen und die Möglichkeit, Kunst zu nutzen, viel größer geworden ist. Aber wenn das so ist, dann bleibt es trotzdem bei der trivialen, ökonomischen Einsicht, dass von diesem objektiven Wert aus, von dem Wert, den die Plattformen erzielen und für sich kapitalisieren, diese Überwinder des Kapitalismus, dass von diesem Wert ein angemessener Anteil an die Urheber zurückfließen muss. Darüber muss geredet werden und auch, wie das praktisch durchgesetzt wird.
[1] Siehe hierzu auch die Ausgabe 70 des Online Journals mit dem Themenschwerpunkt Blockchain und Kryptowährungen.
[2] Quelle: www.docurex.com/die-30-groessten-konzerne-der-welt-nach-marktwert