Ken Wilber
Unser Thema heute sind die Zustände des Bewusstseins, und Zustände sind eines der fünf Hauptelemente im AQAL Rahmenwerk.
Die kontemplativen Traditionen haben Bewusstseinszustände beschrieben, und viele der kontemplativen Traditionen, einschließlich des Vedanta, des Hinduismus und des tibetischen Buddhismus, sagen, dass mindestens drei Dimensionen oder Aspekte benötigt werden, um Bewusstsein zu verstehen. Sowohl Vedanta als auch der tibetischen Buddhismus sprechen von drei, vier oder fünf natürlichen Bewusstseinszuständen, zusammen mit fünf Hüllen und drei Körpern. Weniger als diese drei Aspekte zu nennen, lässt etwas Wichtiges aus, wenn es darum geht Bewusstsein, Meditation, Entwicklung, Wirklichkeit usw. zu verstehen. Viele der Lehrer, die sich an die östlichen Traditionen anlehnen, verwenden oft nur eine oder zwei dieser Dimensionen, was zu einer stark verkürzten Sichtweise der großen östlichen esoterischen Traditionen führt.
Die Hauptzustände und die „Hüllen“ (Strukturen) der Traditionen
Es wird in diesen Traditionen gesagt, dass alle Menschen über vier oder fünf Hauptzustände des Bewusstseins verfügen. Diese sind der Wachzustand, der Traumzustand, der tiefe traumlose Tiefschlaf, und dann ein vierter Zustand, als ein reines, nicht-qualifizierbares leeres Gewahrsein, das auch als Zeugenbewusstheit beschrieben wird, oder als der Zeuge. Im Sanskrit ist der Ausdruck für „Viertes“ turiya, und dann gibt es noch einen fünften Zustand, turiyatita, und das ist der reine, endgültige nicht-duale Zustand, ein Zustand der Einheit von turiya, oder Leerheit, mit der Welt der Formen, dem Grobstofflichen, Subtilen und Kausalen (Wachen, Träumen, traumloser Tiefschlaf) – turiyatita ist die Einheit von Leere und Form.
Diese Zustände stehen in einem Zusammenhang mit den Hüllen, und Hüllen sind dasjenige der esoterischen Traditionen, das unserem heutigen Verständnis von Bewusstseinsstrukturen entspricht. Sowohl im Vedanta als auch im Vajrayana gibt es fünf dieser Hüllen, und man kann sie sich als Bedeckungen oder Umhüllung des reinen SELBST vorstellen – turiya –, ähnlich wie bei einer Zwiebel. Diese Hüllen werden bezeichnet als anamayakosha, pranamayakosha, manomayakosha, vignanamayakosha und anandamayakosha. Dies sind zunehmend subtilere Umhüllungen oder Schichten von Wirklichkeit, als Manifestationen des SELBST – turiya. Es sind sowohl die manifesten Formen und Ebenen der Wirklichkeit oder Gottheit, als auch Manifestationen des Letztendlichen, als maya, als etwas Illusionäres, als Verhüllungen der Verwirklichung der höchsten Identität, der Einheit mit dem Letztendlichen, das eine wahre SELBST. Alle Hüllen tragen die Bezeichnung „…mayakosha“. „kosha“ ist das Wort für Hülle, und „maya“ bedeutet „gemacht aus“, und das gleiche Wort wird auch für die manifeste Welt gebraucht, die „maya“ des Brahman oder des Buddha-Geist, als etwas Erschaffenes. Dieses kreativ Erschaffene oder Manifeste ist es jedoch nur dann für uns, wenn wir es als eine Aktivität des GEISTES betrachten. Wenn wir das nicht sehen, dann ist es etwas, was unsere Einsicht verhindert und unsere Verwirklichung verhüllt, eine Verwirklichung des Einsseins mit dem Göttlichen und der letztendlichen Wirklichkeit.
Die erste Hülle, anamayakosha, ist die Hülle die aus ana – das ist Nahrung – gemacht ist. Dies ist die materielle Hülle oder Ebene. Es ist die unterste, dichteste Ebene, die sensomotorische Welt, und entspricht dem Wachzustand. Der Wachzustand ist durch die Wahrnehmung der sensomotorischen Welt definiert. Im Traumzustand hingegen, oder in meditativen Zuständen, wie auch im kausalen Zustand bzw. traumlosen Zustand, sieht man die sensomotorische Welt – das anamayakosha – nicht. Die Anwesenheit der sensomotorischen Welt ist ein definierendes Charakteristikum des Wachzustandes, unabhängig davon, was dabei zusätzlich auch noch gegenwärtig ist. Felsen, Bäume, Berge Städte, Gaia, Flüsse, Seen – sie alle besitzen eine materielle Komponente und Form, das anamayakosha. Die nächste Hülle ist das pranamayakosha. Prana ist das Wort für Bioenergie oder Libido oder élan vital. Es ist diejenige Hülle, die zusammen mit den ersten Lebensformen entsteht, sie ist in allem Lebendigen gegenwärtig. In westlichen Begriffen spricht man in diesem Zusammenhang von einer fünften Grundkraft der Natur. Die sensomotorische Welt (der Wachzustand) hat vier Grundkräfte, und zwar die starken und die schwachen Nuklearkräfte, den Elektromagnetismus und die Gravitation. Die fünfte Kraft, als Bioenergie, ist die Kraft, die alles Lebendige antreibt. Der Wachzustand, anamayakosha, wird getragen vom ersten der drei Hauptkörper, dem grobstofflichen Körper. Der grobstoffliche Körper ist der physische, sensomotorische Körper, den man sieht, wenn man im Wachzustand ist. Träumt man jedoch, dann hat man keinen grobstofflichen Körper. Der Körper, den man im Traum hat, besteht aus Licht oder Bildern, aus Leuchten, Emotionen, Gefühlen und so weiter. Dies ist phänomenologisch der subtile Körper. Vom subtilen Körper wird gesagt, dass er der Träger des gesamten Zwischenbereiches der Zustände und Hüllen ist. Er trägt und unterstützt den Traumzustand, und im Traumzustand gibt es mindestens drei unterschiedliche Hüllen, die auftauchen können. Zum einen ist dies die Hülle aus Prana, die emotional-sexuelle Energie. Die nächste Hülle ist das manomayakosha, und mano bedeutet Geist [mind]. Dies ist die Hülle, die aus Gedanken, Vorstellungen und Bildern besteht. Und dann gibt es noch die Hülle von vignanamayakosha, und das bedeutet „höherer Geist“. Alle diese drei Strukturen können im Traumzustand auftauchen, und alle diese drei Strukturen werden durch den subtilen Körper unterstützt. Der Traumzustand, als einer der vier oder fünf Hauptzustände, bezieht sich also nicht nur auf den Traum, er bezieht sich auf Zustände der Meditation, der Visualisierung, der Kreativität – auf praktisch alles, was über eine bloße Reflektion der sensomotorischen Welt hinausreicht, dem Wachzustand.
Reinkarnation, Traum- und Bardo Zustand
Der Traumzustand schließt auch den Zustand des Bardo Bereiches ein, falls man die Vorstellung der Reinkarnation akzeptiert. Es ist der Bereich oder Raum, in dem das individuelle Selbst von einem Leben zum anderen wandert. Dies ist einer der Gründe für die lebenslange Praxis des Traumyoga – in dem die Fähigkeit trainiert wird, Träume bewusst (luzide) zu erleben und sie bewusst zu gestalten – denn wenn man in der Lage ist, den Traumzustand zu Lebzeiten zu gestalten, dann kann man auch den Bardo-Zustand gestalten, wenn man stirbt. Man kann sich dann im Bardo-Zustand oder Bereich gezielt fortbewegen. Er zeigt sich in drei Stufen, und wenn man in der Lage ist, diese zu erkennen und zu steuern, dann kann man auch die eigene Wiedergeburt auswählen. Dies ist, wenn man sich mit dem Gedanken der Reinkarnation anfreunden kann, einer der Hauptgründe, um Traumyoga zu praktizieren.
Worum es mir dabei geht, ist, dass der Traumzustand nicht nur auftritt, wenn man konkret träumt. Auch wenn man wach ist, gibt es traumähnliche Visionen, Kreativität, Bardo-Bereiche, meditative Zustände, in denen Formen visualisiert werden, und so weiter. Sie alle sind ein Teil des „Traumzustandes“, und werden getragen vom subtilen Körper.
Die Erklärung dieser Dimensionen durch uns westliche Menschen ist begrifflich schwierig. Es gibt bei uns einen Mangel an Begriffen für transpersonale Strukturen, und eine Menge Begriffe für diese Dimensionen, wie die Zustände des Bewusstseins, werden von der westlichen Psychologie leider nicht anerkannt. Manchmal verwenden wir die Begriffe „grobstofflich“, „subtil“ und „kausal“, die sich eigentlich auf drei Körper beziehen, auch um uns auf das Bewusstsein zu beziehen, dass durch diese Körper getragen wird. Der Wachzustand wird daher auch als ein „grobstofflicher Bewusstseinszustand“ verstanden, der Traumzustand als ein subtiler Bewusstseinszustand, und der tiefe traumlose Zustand alskausaler Bewusstseinszustand. Doch technisch gesehen beziehen sich „grobstofflich“, „subtil“ und „kausal“ auf die konkrete materiell-energetische Trägersubstanz des Bewusstseins.
Die nächsthöhere Hülle nach dem manomayakosha ist das vignanamayakosha. Das manomayakosha ist die Hülle, die aus Geist besteht. Das bezieht sich auf den unteren Geist, man könnte sagen auf die Gedanken, Bilder und Konzepte des ersten Ranges (first tier). Das vignanamayakosha ist die höchste Stufe subtiler Zustände oder Traumzustände. Dies ist der höhere Geist und entspricht etwa dem Denken des zweiten Ranges (second tier). Es handelt sich dabei um integrale und holistische Bilder und Konzepte. Dies ist die höchste der mentalen Strukturen und wird – noch einmal – getragen von einem subtilen Körper.
Der traumlose Tiefschlaf
Wir kommen damit zum höchsten natürlichen Zustand und den entsprechenden Bewusstseinsstrukturen und dazugehörigen Körpern, und dieser dritte Hauptzustand ist der Zustand des traumlosen Tiefschlafes. So wie auch der Traumzustand nicht auf das Träumen beschränkt ist, ereignet sich der traumlose Tiefschlaf nicht nur, wenn man schläft, auch wenn es sich dabei primär um den Zustand des tiefen formlosen Schlafes handelt, in den jeder Menschen mehrmals in der Nacht eintritt. Wir sehen, dass im Verlauf von vierundzwanzig Stunden jedes empfindende Wesen alle diese drei Hauptzustände durchläuft, den Wachzustand, den Traumzustand, und den traumlosen Tiefschlaf. Wir haben also in jedem Alter Zugang zu diesen natürlichen Bewusstseinszuständen. Dies ist einer der Hauptgründe, warum die Zustände des Bewusstseins auf jeder Entwicklungsstufe (oder Strukturstufe) des Bewusstseins erfahren werden können. Der traumlose Tiefschlaf beinhaltet auch jede Art von formlosem Zustand, der im Wachsein auftritt. Das können Aspekte des Bewusstseins sein, die keine spezifische Struktur oder Form haben, wenn sie auftauchen, speziell auch bestimmte formlose Bewusstseinszustände, die man auch als nirvikalpa Zustände oder nirvanische Zustände bezeichnet – es handelt sich dabei um Zustände, die im Wesentlichen keine entwickelte Form haben. An dieser Stelle wird manchmal etwas durcheinander gebracht, weil man noch zwei weitere Zustände dabei anführen kann. Die Definition des Kausalen kann sich in Abhängigkeit davon verändern, wie viele Zustände insgesamt in dem System enthalten sind, das vorgestellt wird. (Ich komme darauf gleich zurück, wenn ich über die weiteren zwei Zustände gesprochen habe.)
Die höchste Struktur, die zusammen mit dem traumlosen Tiefschlaf auftritt, ist das anandamayakosha. Dies ist die Hülle, die aus Seligkeit besteht. Seligkeit ist dabei nur einer von mehreren Begriffen, die sich auf die subtilste Form der Manifestation beziehen. Seligkeit ist die subtilste Form emotionaler Erfahrung, die man haben kann. Doch es gibt auch andere Begriffe dafür. Der kausale Zustand in seiner technischen korrekten Form ist, als der dritte von fünf Zuständen, der subtilste Zustand der Manifestation. Der vierte Zustand, turiya, ist auf eine radikale Weise nicht-manifest. Er ist wirklich und konkret ohne jegliche Form, reine Leerheit, reines Zeugenbewusstsein, ohne jegliche Eigenschaften und ohne jegliche Form. Mit dem Auftauchen der manifesten Welt gibt es Dinge, die zuerst auftauchen: sehr subtile Formen und Klänge, ein sehr subtiles Leuchten, insgesamt sehr subtile Eigenschaften. Diese werden allgemein als göttliche Formen angesehen. Es sind Formen von saguna brahman – Brahman mit Eigenschaften, und diese Eigenschaften tauchen im kausalen Bereich auf, doch dies geschieht wie gesagt auf eine sehr subtile Weise. Die Tibeter beziehen sich auf das Kausale als „das sehr Subtile“, und unterscheiden grobstofflich, subtil und sehr subtil, und die Hindus benennen dies mit grobstofflich, subtil und kausal. Kausal wird es deshalb genannt, weil an diesen Formen gewissermaßen alle andere Manifestation aufgehängt ist, und dies ist die technischkorrekte Bedeutung des Begriffs „Archetyp“.
Zum Begriff Archetyp
Archetyp bedeutet ein ursprüngliches und grundlegendes Muster. Es ist das Muster, von dem alle anderen Muster abhängen. Dies ist etwas anderes als der Archetyp im Jung’schen Sinne. Der Jung’sche Archetyp tritt auf den unteren Ebenen des Entwicklungsspektrums auf, und stellt eine der frühen Formen der Evolution auf dem Rückweg zur Quelle dar. Die frühen magischen und mythischen Formen, die wir überall auf der Welt finden, dies sind Jung’sche Archetypen. Die Archetypen, von denen ich spreche, sind echte Archetypen im Plotin’schen und vedantischen Sinn. Das bedeutet, wenn man sich in einem Zustand nicht manifester Meditation oder Verlöschung befindet, und wenn man dann beginnt, aus diesem Zustand wieder herauszutreten, dann ist das erste, was man sieht, diese Archetypen: die ersten feinen und subtilen Töne, die man hört, die ersten subtilen Objekte, die man sieht, die ersten subtilen Gefühle, die man hat – und dies alles ereignet sich in einem kausalen Zustand. Wenn die Manifestation weiter fortschreitet, dann ist das wie eine Kristallisation dieser archetypischen Formen in immer dichtere Muster, weiter ins Subtile, und dann ins Grobstoffliche. Durch die ganze Abfolge hindurch ziehen sich also Entsprechungslinien, so dass materielle Eigenschaften im grobstofflichen, sensorimotorischen Bereich ihre Entsprechungen haben bis hinauf ins Kausale. Jede Art von Energie oder Schwingung im grobstofflichen Bereich ist eine verdichtete Form einer Schwingung, die im kausalen Zustand ihren Beginn hatte, und im Verlauf der Involution sich immer mehr verdichtete, zu weiteren Zuständen der Manifestation.
Bewusstheit – Körper – Energie
Speziell diese drei Bereiche, grobstofflich, subtil und kausal, sind der Stoff der Manifestation. Dies sind alles Objekte, die auftauchen, die man fühlen oder innerlich sehen oder bemerken kann – entweder grobstoffliche Objekte, subtile Objekte oder kausale Objekte. Und jedes dieser Objekte wird begleitet und getragen von einer bestimmten Energie – einer grobstofflichen Körper-Energie, einer subtilen Körper-Energie und einer kausalen Körper-Energie, was eine sehr clevere Art ist, mit dem Geist-Körper Problem umzugehen. Jeder Geist [mind] hat einen Körper, und jeder Wachzustand des grobstofflichen Geistes hat einen grobstofflichen Körper, und jeder subtile, emotional-geistige Zustand hat einen subtilen Körper, eine subtile Energie, die ihn trägt. Und zu jedem kausalen Bewusstseinsbild gehört ein kausaler Körper. Es gibt also einen grobstofflichen Körper-Geist, einen subtilen Körper-Geist und einen kausalen Körper-Geist. Auf diese Weise vermeidet man die Körper/Geist Dualität, in der man im Westen steckengeblieben ist.
Der fünfte Zustand
Der fünfte Zustand ist turiyatita. Es ist der letztendliche, nicht-duale Zustand der Soheit. Der Wenn der Zustand von turiya, reine Leerheit, reines Gewahrsein ohne Eigenschaften, eins wird mit allem, was erscheint und bezeugt wird, – wenn das spiegelnde Bewusstsein zusammenfällt mit allen Objekten, die es reflektiert, dann wird erkannt, dass Leere und Form nicht-zwei sind, und dass Nirvana und Samsara eins sind. Dies ist ein immer-gegenwärtiger Zustand, der aus unterschiedlichen Gründen nicht bemerkt und erkannt wird, und die Wege der großen Befreiung sind Angebote, diesen Einen Geschmack zu erkennen. Es ist die Erkenntnis und Verwirklichung, dass der innerliche Sehende, Denkende und Fühlende in Wahrheit der Autor und die Autorin der gesamten manifesten Welt ist. Du bist eins mit der gesamten Welt, und das gilt für alle Zustände und in allen Zuständen.
Zustände und Körper
Betrachten wir nun alle fünf Zustände und die dazugehörigen Körper, dann haben wir den grobstofflichen Wachzustand, die sensomotorische Welt, dann den subtilen Zustand mit einem subtilen Körper und dann den Zustand tiefer Formlosigkeit, den kausalen Zustand mit einem kausalen Körper. Der vierte Zustand ist turiya, der frei ist von all diesen Objekten, als reines, nicht-manifestiertes Bewusstsein, ein radikal leerer, offener Geist [mind], und das Fünfte ist turiyatita, als die Einheit dieses radikal offenen Geistes mit allen Objekten – grobstofflich, subtil und kausal. Viele der Traditionen verwenden lediglich die drei Zustände grobstofflich, subtil und kausal. Dies ist die Lehre des trikaya, der drei Körper des Buddha, und das sind der nirmanakaya, der grobstoffliche Körper, der samboghakaya, der subtile Körper, und der dharmakaya, der kausale Körper. Wenn lediglich diese drei Körper und Zustände verwendet werden, dann bekommt der kausale Körper, der dharmakaya, die Bedeutung auch der zwei anderen Zustände. Dies können die subtilsten Formen der Manifestation sein, doch am meisten bedeutet es reine Leerheit. Und manchmal steht es auch für die nicht-duale Soheit. Diese Dreiteilung ist sehr verbreitet, auch in der Dreiheit Körper, Geist [mind] und GEIST [spirit], ohne dass dabei die feineren Unterscheidungen, die man mit mehr als drei Zuständen erhält, betrachtet werden. Wenn man noch einen vierten Zustand einführt, dann ist dies turiya, und dieser Zustand erhält dann einen eigenen Körper, und der wird svabhavikakaya genannt. Wir haben dann vier Zustände und vier Körper. Die Körper sind nirmanakaya, samboghakaya, dharmakaya und svabhavikakaya. Es gibt dann noch – technisch gesprochen – den fünften Zustand, und turiya, oder der svabhavikakaya, bezieht sich dann entweder auf turiya oder auf den fünften Zustand. Also entweder die reine, absolute Subjektivität, das reine Zeugenbewusstsein, oder die Soheit, das nicht-duale Gewahrsein radikaler Einheit. Manchmal wird der fünfte Zustand aber auch extra aufgeführt, und sowohl Vedanta als auch Vajrayana führen alle fünf Zustände auf, auch wenn sie sich nicht immer auf alle fünf beziehen, sondern meistens nur auf drei. Doch der fünfte Zustand, den sie beide haben, ist turiyatita, und auch dem wird ein eigener Körper zugeordnet, der als jnanakaya, mit der Bedeutung von jnana als Weisheit bezeichnet wird. Das jna in Sanskrit ist das gleiche wie das gno in westlichen Sprachen, und „gno“ oder „kno“ bedeutet Dinge wie Wissen [knowledge] oder Gnosis. Das ist die Bedeutung von jnana – nicht-duales Wissen, Weisheit und Bewusstheit. Daher der Begriff jnanakaya, oder auch der vajrakaya, der Diamantkörper.
Subtile Energien
Wir haben also drei, vier oder fünf Bewusstseinszustände, und jeder von ihnen wird unterstützt und getragen durch einen spezifischen Körper, als konkrete Materie-Energie. In der integralen Theorie sind dies der obere linke und der obere rechte Quadrant. Die innerlich-individuellen Bewusstseinszustände sind oben links, und ihre entsprechenden Energien, als konkrete manifeste Formen, sind oben rechts. So wie es ein Spektrum des Bewusstseins oben links gibt, so gibt es ein Spektrum von Energie oben rechts, von grobstofflichen Energieformen zu subtilen Energieformen zu kausalen Energieformen. Es ist möglich, dieses Spektrum subtiler Energie mit der westlichen Evolutionswissenschaft zu verbinden. Dies geschieht in der Erkenntnis, dass im Baum des Lebens, in der evolutionären Entfaltung des Lebens, mit immer größerer Komplexität der auftauchenden Lebensformen, deren dazugehörige Energie immer subtiler wird. Man kann also die Emergenz dieser subtilen Energien verfolgen, auch wenn die westliche Wissenschaft diese nicht anerkennt. Sie passen gut zu der evolutionären Entfaltung der Lebensformen, wie sie von den westlichen Wissenschaften erklärt wird. Betrachtet man vom Urknall ausgehend den materiellen Bereich, dann gibt es dort vier Grundkräfte, die starken und die schwachen Kernkräfte und Wechselwirkungen, den Elektromagnetismus und die Gravitation. Die Kräfte findet man in allen unbelebten Holons. Mit dem Entstehen lebendiger Lebensformen, wie die ersten Viren und Bakterien, entsteht auch ein subtiler Körper, subtile Energie, und dafür werden Begriffe verwendet wie ätherisch, astral usw. Sobald Lebensformen entstehen, entstehen mit ihnen auch die entsprechenden Energien, und sobald so etwas wie Geist [mind] entsteht, entstehen damit auch die entsprechenden Energien. Mit dem Entstehen des Dreifachgehirns geht die Entstehung subtilerer Energien einher. Dies sind sehr reale materiell-energetische Erscheinungen, und diese unterstützen und tragen verschieden Arten von Bewusstsein. Dazu gehören auch die Hüllen des Bewusstseins, als Strukturen des Bewusstseins, und beide, Bewusstseinszustände und Bewusstseinsstrukturen gehören zum oberen linken Quadranten. Der AQAL Rahmen umfasst sowohl die Zustände des Bewusstseins, wie auch die Strukturen des Bewusstseins, wie auch die Körper des Bewusstseins.
Zustände und Entwicklung
Zustände sind sehr wichtig, weil sie die Orientierung bilden, das allgemeine Bewusstsein, das ein Mensch in einem gegebenen Augenblick erlebt, während der eigentliche Inhalt dieser Zustände durch die Bewusstseinsstrukturen zur Verfügung gestellt wird. Ein sechs Monate alter Säugling hat alle fünf Bewusstseinszustände zur Verfügung, weil der Säugling wach ist, träumt und schläft. Doch der Bewusstseinsinhalt dieses Säuglings ist nicht viel höher als das, was anamayakosha und pranamayakosha zur Verfügung stellen, das entspricht mit anderen Worten den Bewusstseinsstrukturen von Infrarot und etwas Magenta. Dies ist der einzige Inhalt, den dieser Säugling in seinem Bewusstsein zur Verfügung hat, auch wenn er alle diese Zustände erfährt. Doch diese Zustände werden weitgehend ohne spezifische Inhalte erfahren. Wenn das Kind wächst und mehr Hüllen oder Strukturen emergieren, stehen auch mehr Inhalte zur Verfügung, wenn sich das Kind also zu roten Strukturen, zu magischen und zu mythischen Bewusstseinsstrukturen entwickelt. Nehmen wir ein Kind im Alter von sechs Jahren, dessen Bewusstseinsschwerpunkt mythisch ist, dann finden sich in den Traumzuständen und Träumen dieses Kindes ausschließlich mythische Strukturen. Der Inhalt ist mythisch. Es gibt keine rationalen Gedanken in diesen Träumen, kein Denken des ersten Rangs (first tier) und auch kein Denken des zweiten Rangs (second tier), alles, was wir dort finden, sind magische und mythische Strukturen. Wenn man hingegen einen träumenden Erwachsenen weckt, dessen Bewusstseinsschwerpunkt bei Grün ist, dann finden sich dort im gleichen Traumzustand ganz andere Trauminhalte. Diese Inhalte können auch zu mythischen Strukturen zurückreichen, weil diese Ebenen transzendiert aber auch bewahrt wurden – die mythischen Strukturen sind also noch vorhanden, doch was wir überwiegend finden, sind Trauminhalte einer grünen Bewusstseinsstruktur. Weckt man diesen Menschen auf und befragt ihn oder sie, dann wird er oder sie, auch wenn er einen Traum mit einem intensiven Leuchten hatte, Trauminhalte beschreiben, die sich mit dem Einkaufen gehen beschäftigen oder die Kinder zur Schule bringen – als Inhalte des Traumzustandes. Und natürlich gibt es auch große Träume, die einen aus dem üblichen Denken herausführen, mit Bildern unterhalb des eigenen Bewusstseinsschwerpunktes, magische und mythische Bilder, und manchmal kommen auch Wahrnehmungen höher Zustände oder Strukturen, die beginnen sich zu zeigen. Die Zustände sind wichtig, weil sie die allgemeine Orientierung setzen. Ist man überwiegend im grobstofflichen Bereich orientiert, dann bedeutet das, dass man Innerlichem wenig Aufmerksamkeit schenkt, man hält dies eher für vorübergehende Fantasien als für etwas Reales, ohne wissenschaftliche Evidenz, eine Art von innerlicher black box, und die Orientierung, die man hat, ist die der harten Wirklichkeiten der sensomotorischen Welt. Dieser Bewusstseinsschwerpunkt einer grobstofflichen Zustandsorientierung kann sich auf jeder der Strukturstufen ereignen.
Der Entwicklungsweg durch die Zustände
Eines der Dinge, die wir gelernt haben, ist, dass diese Strukturen und Zustände relativ unabhängig voneinander sind. Die eigene Entwicklung verläuft also entlang zweier unabhängiger Entwicklungsabfolgen. Die eine ist eine Zustandsabfolge, und die andere ist die Abfolge der Strukturen. Dies ist sehr wichtig, weil es uns erlaubt, den Entwicklungsfortschritt von Menschen in Beidem zu verfolgen, wo Menschen sich z. B. in einer der Linien weiter entwickeln, in der anderen jedoch nicht. Der Unterschied dabei ist: Bei der Entwicklung in den Strukturen fügt man Perspektiven und Dimensionen zur manifesten Welt hinzu – wie viel man von der manifesten Welt sehen, erfassen und sich damit identifizieren kann. Wohingegen die Entwicklung durch die Zustandsstufen – und was das genau ist, erläutere ich gleich – bedeutet, mit wie viel von der manifesten Welt man sich ent-identifizieren kann. Von wie viel der manifesten Welt kann man frei sein? Dies beginnt mit der WACHHEIT – Wachheit großgeschrieben, als das reine letztendliche SELBST, das reine Gewahrsein – die zuerst begrenzt ist auf den Wachzustand. Die einzige Welt, derer man gewahr ist, ist die sensomotorische Welt. Durch natürliche Ereignisse, oder auch beschleunigt durch Meditation, kann sich Wachheit vom Wachzustand in den Traumzustand hinein ausdehnen, und das bedeutet, dass plötzlich die gesamte Dimensionalität der Traumwelt auftaucht, als etwas, das man sieht und dessen man sich bewusst wird. Damit verbunden ist eine Ent-identifizierung mit dem ausschließlich grobstofflichen Bereich. Dieser wird nun zu einer Reihe von Objekten, die in gewisser Weise äußerlich wahrgenommen werden – nicht dass man sie abgespalten hätte, aber man ist nicht länger damit identifiziert. Wenn sich also der [Zustands]Bewusstseinsschwerpunkt in den Traumzustand verlagert, beginnt man vielleicht mit dem luziden Träumen. Ob nun das geschieht oder ob einfach die gesamte innere Welt sich einem eröffnet und man sie bemerkt und sich ihrer bewusst wird – was sich dabei ereignet hat, ist, dass Wachheit sich ausgedehnt und verlagert hat vom Wachzustand in den Traumzustand. Damit hat sich eine ganz neue Welt eröffnet. Wenn diese Entwicklung weitergeht in das Kausale, dann ist eines der Dinge die passieren können, dass man nachts, während des Schlafzyklus, wie auch bei luziden Träumen, die Wachheit auch dann noch aufrechterhalten kann, wenn man in den traumlosen Tiefschlaf eintritt, als ein sehr feiner Faden von Bewusstheit, der bleibt, wenn man in diesen Zustand gelangt. Bewusstheit ersteht dadurch als Leerheit wieder auf, als ein Kontakt mit dem Formlosen, das, was frei ist von jeglicher Identifikation mit irgendwelchen Objekten. Dies ist technisch gesprochen der nirvanische Zustand, wenn man von drei Hauptzuständen ausgeht. Nimmt man vier Hauptzustände, dann ist das turiya, als die Bewegung in die reine Leerheit, als die nächste Stufe in der Entwicklung der Zustandsstufen. Diese vier Zustände einer Entwicklungsentfaltung entsprechen im Wesentlichen den vier Hauptstufen der Meditation, das finden wir kulturübergreifend. Evelyn Underhill beispielsweise fasst in ihrem Buch Mystik die vier Stufen in der Entwicklung westlicher Mystik zusammen mit „Reinigung“, was einer Reinigung des grobstofflichen Körpers entspricht, dann „Erleuchtung“, als die Bewegung in den Traumzustand von Lichterfahrungen, Seligkeitsbewusstsein und intensiven Visionen. Die darauf folgende Stufe bezeichnet sie als „dunkle Nacht“, und das ist die Bewegung in die kausale Leere und Dunkelheit, wo sich überhaupt nichts manifestiert, und die vierte und letzte Stufe ist dann die „Vereinigung“, und das ist turiya und turiyatita. Man tritt aus der dunklen Nacht und Leerheit heraus und identifiziert sich wieder mit grobstofflichen, subtilen und kausalen Objekten.
Was das bedeutet und was dabei geschieht, ist, dass man frei ist von jeglicher Identifikation mit all diesen Dimensionen. Man ist nicht mehr nur identifiziertmit grobstofflichen Objekten, und auch nicht mit subtilen Objekten, und auch nicht mit kausalen Objekten. Man ist frei von Identifikation mit jeglicher Art von Manifestation. Dies ist der reine Zustand von neti neti – nicht dies, nicht das, reine radikale Freiheit, unberührt und befreit von jeglichem Objekt. Die Freiheit ist die andere Seite der Fülle oder Erfülltheit, die erreicht wird, wenn man nicht mehr ausschließlich mit irgendeinem Objekt identifiziert ist – und man stattdessen eine Identität mit ihnen allen hat. Man ist mit allen grobstofflichen, subtilen und kausalen Objekten identifiziert, und das ist der Zustand von turiyatita, als ein Endpunkt einer kontemplativen und meditativen Zustandsentwicklung. Es gibt nicht viele Menschen, die normalerweise derartige Erfahrungen machen, es sei denn sie praktizierenMeditation, weil man gewöhnlicherweise in diese Bewusstseinszustände nicht vordringt. Nur sehr wenige Menschen dringen in den Traumzustand vor und beginnen luzide zu träumen, und auch nur sehr wenige Menschen dringen in den traumlosen Tiefschlaf vor, in dem Versuch, Erfahrungen von nirvikalpa samhadi zu haben, oder Erfahrungen eines „Ich Bin“ der Kabbala, wohingegen jeder Mensch eine Strukturentwicklung (die „Hüllen“) durchläuft.
Zustandsentwicklung und Strukturentwicklung
Jeder entwickelt sich durch die Strukturebenen des Bewusstseins, sie sind das Mittel des Aufwachsens [growing up], und auf diese Weise verkörpern wir die Geschichte der Entwicklung des GEISTES im menschlichen Bereich. Um einigen der Hüllen und den Weltsichten die daraus entstehen Namen zu geben: es geht von der archaischen Weltsicht zu der magischen Weltsicht zu der mythischen Weltsicht zu der rationalen Weltsicht zur pluralistischen Weltsicht zur integralen Weltsicht, und weiter darüber hinaus. Dies sind die Stufen, in denen jeder Mensch aufwächst, und dies ist der Vorgang des Erwachsenwerdens. Die Entwicklung durch die Zustandsstufen hingegen ist ein Vorgang des Freiwerdens, eine Befreiung und eine Freiheit von der Identifikation mit was immer auch erscheint. Die meisten der Praktiken, die man im Rahmen eines spirituellen Trainings bekommt, beschäftigen sich auf die eine oder andere Weise mit einem oder mehreren dieser Bewusstseinszustände.
Die Arbeit mit dem JETZT (Bezeugen)
Auch die Arbeit mit dem JETZT [a. d. Ü.: von Eckhart Tolle] ist eine Arbeit mit turiya, als dem gegenwärtigen Sein – der gegenwärtige Zeuge sein in jedem Augenblick und im Jetzt. Das ist reines Bezeugen. Das ist etwas, was sowieso geschieht, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht. Der reine Zeuge oder die reine Zeugin ist immer gegenwärtig. Jetzt in diesem Augenblick erscheinen Objekte in Ihrem Blickfeld, Sie hören Geräusche, Sie haben eine akustische Wahrnehmung und hören mich sprechen – die geschieht spontan und ohne Anstrengung. Sie bezeugen die erscheinende Welt. Dieses Bezeugen ist turiya, ist das reine wahre SELBST. Es ist etwas, das Sie niemals verlassen hat, es ist etwas, was sich immer schon spontan und frei ereignet. Es geht nicht darum, etwas in die Existenz zu bringen, sondern es geht darum zu erkennen, was bereits geschieht. Die Praxis der meisten Formen sitzender Meditation, Meditation ohne Form, die Praxis der „Kraft des JETZT“ [A. d. Ü.: The Power of Now ist der Originaltitel von Eckhart Tolles Buch] – dies sind Übungen eines Sitzens als der Zeuge, als reines Gewahrsein, ein Bezeugen dessen, was erscheint, von Augenblick zu Augenblick zu Augenblick. Mit dem Bezeugen eines Objektes wird man frei davon. Das, was man bezeugt, ist etwas, mit dem man nicht länger identifiziert ist. Das, was man bezeugen kann, hat man losgelassen, als etwas, an dem man nicht mehr festhängt, oder worin man eingebettet ist. Der Pfad des Bezeugens – auch wenn man die Zeugenbewusstheit jetzt erkennen kann, Sie sind sich jetzt in diesem Augenblick des Zeugen voll bewusst – damit der eigene Bewusstseinsschwerpunkt sich dauerhaft zu diesem Bezeugen verschieben kann, müssen die anderen drei Zustände durchlaufen werden. Das Erste, was man üblicherweise sieht, sind sensomotorische Objekte. Man sieht materielle Objekte in der Welt dort draußen, Berge, Wolken, Bäume, den eigenen physischen Körper. Wenn man mit Introspektion beginnt, sieht man Gedanken, Ideen und Bilder, welche die sensomotorische Welt reflektieren. Vertieft man das Bezeugen, das Ruhen in der Gegenwärtigkeit, im gegenwärtigen Augenblick, mit dem Bezeugen dessen, was erscheint, beginnt man immer mehr subtile Objekte zu erkennen. Diese Objekte haben eine größere Intensität, es können emotionale Zustände großer Freude und Seligkeit sein, von einer intensiven Liebe und Fürsorge, und sie können auch negativ sein, voller Angst, doch diesind nicht automatisch verbunden mit der sensomotorischen Welt in diesem Augenblick. Sie beginnen die sensomotorische Welt zu transzendieren, als Teil der subtilen Dimension, die man nicht in der äußerlichen, materiellen, sensomotorischen Welt findet. Diese subtile Dimension erstreckt sich bis hin zum höheren Geist. Setzt man das Bezeugen fort, dann werden mehr und mehr dieser immer subtileren Objekte in das eigene Bewusstsein treten. Je mehr man sich dieser Objekte bewusst ist, desto freier wird man von ihnen. Sie sind vorhanden, als ein Teil der eigenen subjektiven Identität, und bleiben unbekannt, bis man den Scheinwerfer der Bewusstheit darauf richtet. Das führt sie aus einem in der eigenen Identität Eingebettet-Sein heraus, und dadurch können sie als Objekte der Wahrnehmung erscheinen. Vertieft man das Bezeugen noch weiter, dann geschieht das Gleiche, wenn man in den kausalen Bereich vordringt. Dort hören die Objekte auf, zu erscheinen, und alles, was man erfährt, ist ein Erleben einer unermesslichen Öffnung. Versucht man mit dem Kausalen als der reinen Leerheit, als turiya, in Kontakt zu kommen, als reiner Zeuge – und hält man dann Ausschau nach diesem Zeugen, dann ist da nichts, was man sehen kann. Alles, was man sehen kann, wäre ein Objekt, doch der reine Zeuge ist kein Objekt, es ist ein reines Subjekt, reine Bewusstheit, die niemals ein Objekt sein kann. Man kann bemerken „ich habe Gefühle, aber ich bin nicht meine Gefühle“, – ich bin Bewusstheit –, „ich habe Gedanken, aber ich bin nicht meine Gedanken“, „ich habe Körperwahrnehmungen, aber ich bin nicht meine Körperwahrnehmungen“ – „ich sehe Objekte, doch ich bin nicht diese Objekte“ – „ich bin reine Bewusstheit, die sich all dessen bewusst ist.“ Was hier geschieht ist, dass man nichts sieht, doch ein Erleben von Freiheit spürt. Man hat den Körper, doch man ist nicht dieser Körper, man hat einen Geist [mind], doch man ist nicht dieser Geist. Alles, was man ist, ist dieses unermessliche Erleben von Freiheit von alldem. Man steckt nicht mehr darin fest und ist auch nicht identifiziert damit oder darin verankert. Diese reine Bewusstheit, das Kausale, oder, technisch gesprochen, turiya, das Vierte, das reine, wahre SELBST – Zen Meister Shibayama nennt es absolute Subjektivität. Auch wenn man es technisch nicht qualifizieren kann, wird klar, worum es sich dabei handelt. Es ist das absolute Subjekt, das niemals gesehen werden kann. Und wenn man sich nach innen wendet, um es zu sehen, dann ist alles, was man sieht, immer weitere Objekte. Und wenn man weiter schaut, wer diese Objekte sieht, ist alles, was man sieht, immer weitere Objekte. Sie sind keines dieser Objekte. Sie sind kein kausales Objekt, Sie sind kein subtiles Objekt und Sie sind kein grobstoffliches Objekt. Sie sind der wahre Sehende dieser Objekte, und dieser oder diese Sehende ist selbst die unermessliche Freiheit. Unermessliche, offene und leere Bewusstheit. Mit dem Erkennen dieses wahren ICH BIN – Zen nennt dies „den Körper-Geist fallen lassen“ – fällt das Erleben der Identifizierung mit dem Körper und dem Geist einfach ab und was man ist, ist dieses unermessliche Feld einer offenen und leeren Transparenz,in der alles erscheint. Und man ist das alles nicht, man ist radikal frei von allem. Die Entwicklung durch die Zustände des Bewusstseins ist eine Entwicklung hin zu dieser Freiheit, zu einer radikalen Ent-identifizierung mit allem, was erscheint. Die Entwicklung durch die Strukturen bedeutet demgegenüber eine Zunahme der Identifikation im manifesten Bereich, als ein Weg, mehr und mehr Perspektiven zu finden, in denen man zu Hause ist, von egozentrisch zu ethnozentrisch zu weltzentrisch zu kosmozentrisch. Auf eine Weise kommt beides im turiyatita zusammen, der vollen Nichtdualität, wenn man als der reine Zeuge sitzt. Für den Zeugen erscheint alles vor einem. Wenn Sie etwas bezeugen, erscheinen alle Objekte, die Sie bezeugen, vor Ihnen. Wenn Sie einen Berg bezeugen, erscheint er vor Ihnen, das ist die Orientierung,die Sie dabei haben. Wenn Sie mathematische Gleichungen durchführen, erscheinen diese Gleichungen vor Ihnen. Doch mit der Nicht-Dualität verschwindet dieses „vor einem“, und plötzlich betrachten Sie nicht mehr den Berg, sondern Sie sind der Berg. Die Unterscheidung zwischen „vor Ihrem Gesicht“ und „hinter Ihrem Gesicht“ fällt völlig weg. Sie berühren konkret alles, dessen Sie sich gewahr sind. Alles wird zum Einen Geschmack, in den Worten von Trungpa Rinpoche: „der Himmel wird zu einem großen blauen Pfannkuchen, und fällt Ihnen auf den Kopf.“ Was das heißt ist, dass die Trennung zwischen Ihnen und dem Himmel verschwindet. Er sitzt wie auf dem eigenen Kopf, jetzt und hier. Es ist, als wenn man keinen Kopf mehr hat, alles erscheint von Augenblick zu Augenblick, dort wo man glaubt, man hätte einen Kopf. Doch es gibt keinen Kopf, es gibt kein Selbst, alles, was es gibt, ist das, was erscheint, von Augenblick zu Augenblick zu Augenblick. Der Kopf fühlt sich dabei an, wie alles das, was man dort draußen sieht. Die Subjekt/Objekt Trennung ist in sich zusammengefallen. Sie wird ersetzt durch die gesamte manifeste Welt, die als Sie erscheint, dort wo Sie dachten, dass Ihr Kopf wäre. Sie erscheint als Ihr Ich Bin.
Der meditative Weg
Diese vier oder fünf Zustände sind auch der allgemeine Verlauf, dem praktisch jeder der meditativen Wege folgt. Es beginnt damit, sich grobstofflicher Objekte bewusst zu sein, dann kommen subtile Objekte und Lichterfahrungen – und die meditativen Traditionen arbeiten mit diesem Licht, auch durch eine Identifikation mit Formen göttlichen Lichtes – und das setzt sich fort, bis man in Zustände gelangt, wo eine so große Stille eintritt, dass überhaupt nichts erscheint. Und doch ist dort ein subtiles Gewahrsein dieses unermesslichen Nichts, eine unermessliche und unendliche Freiheit. Doch nichts davon kann gesehen oder berührt werden, außer diesem feinen Gefühl einer radikalen Freiheit, einer radikalen Öffnung ohne irgendeine Erscheinung. Wenn man aus diesem Nichts wieder heraustritt, einem Zustand, in dem die Selbstkontraktion aufgelöst war, (weil, wie alles andere auch in der manifesten Welt, auch die Selbstkontraktion im kausalen Bereich beginnt) dann geschieht eine Kontraktion um das Herz herum. Der kausale Körper wird oft in dem Herzen auf der rechten Brustseite lokalisiert. Man hat drei Herzen. Das Herz auf der linken Brustseite ist das grobstoffliche Herz. Das Herz in der Brustmitte ist das subtile Chakra. Und zwei Fingerbreit rechts davon ist das kausale, leere Herz. Ramana Maharshi, Adi Da und andere sagen, wenn man Untersuchungen vornimmt, wie mit der Frage „wer bin ich?“, dass man dann eine subtile Vibration in der rechten Brusthälfte spüren kann. Ob man das fühlt oder nicht, dies ist ein allgemeiner „Ort“ für das kausale Herz, der oft genannt wird. Das ist der Ort, wo die Selbstkontraktion zuerst auftritt. Dabei geschieht Folgendes: Wenn der kausale Bereich an sich zuerst emergiert, der Beginn der Involution, wenn man nicht im Zustand von turiya, Gottheit oder Ich Bin oder Offenheit, Leerheit verbleiben kann, und beginnt, sich mit dem kausalen Bereich zu identifizieren und so eine subtile Unterscheidung zwischen Subjekt und Objekt entsteht, und man nicht mehr das wahre SELBST oder Big Mind oder die Seele als Gottheit ist, sondern eine Seele ist getrennt von Gott – dann beginnt das Erleben eines getrennten Ich-Empfindens in der Herzgegend. Das ist eine Selbstkontraktion, so wie das Schließen einer Faust. Es ist eine Zusammenziehung, weg von der Formlosigkeit der Unendlichkeit, hin zu einer speziellen Identifikation mit einem endlichen Selbst. Das braucht Energie, es braucht eine kausale, sehr subtile Energie, um die Kontraktion aufrechtzuerhalten, weg von dem, wer und was man wirklich ist, um sich weiter zu kontrahieren, um einen individuellen Körper-Geist herum. Das ist es, was mit dem Auftauchen des Kausalen geschieht, in dem umgekehrten Prozess, in dem die Welt erschaffen wird, auf dem Weg von der reinen Leerheit, mit dem Urknall zum Kausalen, zum Subtilen und zum Grobstofflichen. Die Wachheit ist dann gefangen im untersten, grobstofflichen Bereich, so lange, bis man sich zurückarbeitet, und die Wachheit ausdehnt in das Subtile und Kausale, zurück zum formlosen und radikal leeren Zustand. Was einen auf dieser ganzen Reise davon abhält, das wahre Selbst zu erkennen, ist das eigene falsche Selbst, das kleine Selbst, das endliche Selbst, die Selbstkontraktion. Die Selbstkontraktion ist am größten auf der untersten Strukturstufe und dem untersten Zustand. Sie ist am größten beim anamayakosha, der infraroten Struktur, und im grobstofflichen Zustand. Mit der Entwicklung durch die Strukturstufen nehmen die Perspektiven, die einem zur Verfügung stehen, zu und die Selbstkontraktion lockert und entspannt sich in diese umfassenderen Perspektiven hinein. Die Fähigkeit des Selbst, zu lieben, nimmt immer mehr zu.
Entwicklung als Abnahme der Selbstkontraktion
Vielleicht erinnert Ihr Euch an Carol Gilligans vier Stufen der Fürsorge, die sie für die weibliche moralische Entwicklung beschrieben hat. Die erste Stufe nennt sie „selbstbezogen“. Dies ist die Perspektive, die nur eine erste Person („ich“) sieht, die Selbstkontraktion ist auf ihrem Höhepunkt, die Fürsorge, die man hat, erstreckt sich lediglich auf einen selbst. Die nächste Stufe nennt sie „fürsorgend“, und man beginnt dort, sich auch um Menschen außerhalb seiner selbst zu kümmern. Das kann die eigene Familie sein oder der eigene Stamm, vielleicht auch die ganze Nation. Die Selbstkontraktion hat sich entspannt, und mehr Liebe kann aus dem eigenen Herzen in die manifeste Welt hinein verströmen. Die Fähigkeit zu Fürsorge, Liebe und Mitgefühl dehnt sich aus, von egozentrisch zu ethnozentrisch. Die dritte Stufe bezeichnet sie mit „universeller Fürsorge“. Dies bedeutet, dass sich die Fürsorge auf alle menschlichen Wesen erstreckt, unabhängig von Rasse, Hautfarbe, Geschlecht oder Herkunft. Es ist die Perspektive, die auch dritte Personen mit einschließt, die orange Entwicklungsstufe, mit dem Beginn einer weltzentrischen, post-konventionellen Stufe einer moralischen Haltung. Die Selbstkontraktion hat sich noch weiter entspannt, und noch mehr Liebe und Fürsorge kann durch den eigenen Körper fließen und zum Ausdruck kommen, mit immer subtileren Ebenen von Energie und Fürsorge. Die höchste Stufe von Gilligan nennt sie „integriert“. Das repräsentiert eine Entwicklungsstufe des zweiten Rangs (second tier) und geht noch darüber hinaus. Maskuline und feminine Formen von Fürsorge kommen jetzt zusammen. Die Bewusstheit ist nun groß genug, um sie beide zu umfassen. Dies ist eine weitere Ausdehnung von Fürsorge und Mitgefühl und eine weitere Entspannung der Selbstkontraktion.
Das Gleiche ereignet sich auf dem Weg durch die Bewusstseinszustände, wo sich die Selbstkontraktion immer mehr entspannt, von grobstofflich zu subtil zu kausal zum Nichtdualen. Und erst bei der Nichtdualität ist die Selbstkontraktion vollständig befreit. Das grundlegende Identitätsgefühl kehrt zu diesem immer gegenwärtigen Ich Bin zurück, zu diesem immer gegenwärtigen Selbsterleben, das nicht am Körper-Geist haftet, sondern ein Erleben unendlicher Freiheit, unendlicher Bewusstheit und unendlicher Freude ist.
Strukturentwicklung und Interpretation
Was dabei so interessant ist, ist dass diese Bewusstseinszustände je nach Entwicklungsstufe verschieden interpretiert werden. Erinnern wir uns daran, dass deren Inhalt und die Interpretation von der eigenen Bewusstseinsstruktur zur Verfügung gestellt werden – wir haben darüber gesprochen, wie sich der Traumzustand eines Säugling unterscheidet von dem eines Erwachsenen. Dies ist eine der sehr wichtigen Entdeckungen der letzten Zeit, dass jede dieser Zustandsstufen der Meditation, von grobstofflich zu subtil zu kausal zu nichtdual, seine Interpretation durch die Entwicklungshöhe oder Entwicklungsstruktur erhält, auf der sich ein Mensch befindet, wenn er sich durch diese Zustände entwickelt. Es gibt ganz konkret eine rot-egoistische Version der Erfahrung dieser Zustände, eine bernstein-traditionelle Version der Erfahrung dieser Zustände, eine orange-moderne Version der Erfahrung dieser Zustände, eine grün-postmoderne Version der Erfahrung dieser Zustände, eine türkis-post-postmoderne Version, und so weiter. Das ist etwas sehr Wichtiges, weil die Tatsache der eigenen Zustandsentwicklung bis hin zum Nichtdualen nicht bedeutet, dass auch die eigenen Perspektiven voll entwickelt sind. Es gibt voll entwickelte MystikerInnen, die sich auf der mythisch-traditionellen Entwicklungsstufe befinden, deren Zustandsbewusstsein dennoch praktisch rund um die Uhr nichtdual ist. Ihre moralische Veranlagung ist jedoch traditionell. Sie teilen die Welt in diejenigen, die verstehen und diejenigen, die nicht verstehen, und sie verdammen diejenigen, die nicht dieses wundervolle Verständnis haben, welches sie selbst auf ihrem Weg erfahren. Jemand auf der grünen postmodernen Entwicklungsstufe hingegen wird die Gleichheit von allen betonen, egal ob sie erleuchtet sind oder nicht. Manchmal geht die grüne Interpretation so weit, dass jemand, der zum nichtdualen Zustand erwacht ist, behauptet, dies sei nicht wichtig – weil alle Menschen gleich sind, und die Aussage, dass manche Menschen erwacht sind und andere nicht, eine schlimme Rangordnung und eine strenge Beurteilung darstellt. Diese Menschen leugnen nicht nur die Stufen der Entwicklung, die Menschen überhaupt erst zur grünen Entwicklungsstufe führen, sie leugnen auch die Zustände der Entwicklung, die Menschen zur Erleuchtung führen. Das Gefangensein in diesem doppelten Irrtum wird dann als spirituell bezeichnet. Dies ist ein ganz großes Problem, wir finden es überall. Doch der Punkt, wenn wir auf diese Bewusstseinszustände schauen, ist, dass im Westen mit der Einführung der westlichen Psychologie dasjenige gemessen wurde, was gefunden wurde. Und was gefunden wurde, waren Menschen, die ganz überwiegend in grobstofflich orientierten Bewusstseinszuständen waren, gelegentlich auch mal in subtilen Zuständen. Wenn die menschliche Entwicklung und das menschliche Wachstum gemessen wurden, dann wurde festgestellt, dass sich die Menschen durch diese Strukturen – archaisch zu magisch zu mythisch zu rational zu pluralistisch – ausschließlich in einer grobstofflichen Orientierung entwickeln. Es gibt keinen westlichen Entwicklungspsychologen, der über Entwicklungsstufen im Zusammenhang mit einem Durchgang durch die Entwicklungszustände spricht. Dies wird nicht erkannt, bzw. nur extrem selten, und es ist auch extrem selten im Osten. Doch dieser Weg ist sehr wichtig, weil es der Weg der Befreiung ist, es ist der Weg zu letztendlichen Freiheit, es ist der Weg zum letztendlichen Erwachen.
Die Integration der Modelle des Westens und des Ostens
Was wir also tun, ist Folgendes: Wir nehmen die Entwicklungsmodelle des Westens und vergleichen die jeweiligen Entwicklungsstufen. Wir erkennen, dass sie ähnliche allgemeine Entwicklungsstufen durchlaufen, und wir nehmen all das in einem Psychogramm auf – all das ist sehr, sehr wichtig. Doch dann fügen wir die Zustände hinzu, und wir ermutigen auch die Zustandsentwicklung. Nur durch die Entwicklung durch diese Zustände, grobstoffliche Zustände, subtile Zustände, kausale Zustände, turiya, turiyatita, können Sie erwachen zu ihrem letztendlichen, immer gegenwärtigen und wahren SELBST, zu Ihrer wahren Natur, Ihrer wahren Wirklichkeit. Dies geschieht nicht durch die Zunahme von Perspektiven, die man in der illusionären Welt einnehmen kann, also dasjenige, was die westliche Entwicklungsforschung studiert. Beides ist daher notwendig und wichtig.
Meditation allein reicht nicht
Dann gibt es andererseits diejenigen, die lediglich meditieren. Viele buddhistische Lehrer und Neo-Vedanta Lehrer betrachten ausschließlich die Zustände und weisen beispielsweise darauf hin, dass der nichtduale Zustand, der immer gegenwärtige Zustand, tatsächlich immer gegenwärtig ist. Sie sagen, dass man nichts tun muss, um damit in Kontakt zu kommen, alles was zu tun ist, ist im natürlichen Bewusstseinszustand zu ruhen, jetzt und hier, und dass man dann schon im erleuchteten Zustand ist. Dies sollte man einfach immer wieder tun im Laufe des Tages, bis es immer offensichtlicher wird, dass dieser immer gegenwärtige Zustand nichtdualer Soheit das eigene wahre SELBST ist. Das sei alles, was zu tun ist. Alles andere sei unnötig, alles andere sei Teil der illusionären Welt.
Doch das ist, sogar von einem mystischen Standpunkt aus gesehen, falsch. Der letztendliche mystische Gesichtspunkt ist, dass Leerheit nichts anderes ist als Form, und dass Form nichts anderes ist als Leerheit. Diese Leerheit, die Sie immer schon sind, ist auch eins mit der Welt der Formen – und Sie sind das! Sie sind diese Welt der Formen. Man muss sich also mit beidem identifizieren, um beide Wahrheiten zu erreichen. Wenn man das nicht tut, kann man sich vollkommen der reinen Leere und nichtdualen Soheit bewusst sein und sich dabei auf einer roten oder einer bernstein (ethnozentrischen) Entwicklungsstufe befinden. Als das Buch Zen, Nationalismus und Krieg erschien, schockierte es die amerikanischen Buddhisten. In diesem Buch finden sich einige der größten Zen Meister der modernen Zeit, und sie vertraten zutiefst ethnozentrische Ansichten. Das wurde nicht für möglich gehalten. Doch es ist möglich. Zustandsentwicklung und Strukturentwicklung sind zwei unterschiedliche Dinge, und man kann sie unabhängig voneinander durchlaufen. Dies ist der Grund, warum es so viele Mystiker gibt, die auch ethnozentrisch oder patriarchisch oder autoritär sind oder andere Arten einer konventionellen oder auch präkonventionellen Orientierung haben. Und gleichzeitig sind sie eins mit der gesamten Welt der Formen, die erscheint, sie sind eins mit der gesamten manifesten Welt. Das Problem dabei ist, die manifeste Welt der Formen reicht für sie nur bis zur bernsteinfarbenen Entwicklungsstufe. Sie können Orange nicht sehen, sie können Grün nicht sehen, sie können Petrol nicht sehen, sie können Türkis nicht sehen, sie können Indigo nicht sehen – all dies ist, wie Robert Kegan es ausdrückt „ihnen zu hoch“. Sie sind also nicht eins mit dem gesamten Universum, weil es Ebenen der Entwicklung gibt, mit denen sie sich nicht identifiziert haben. Dies zu wissen, bedeutet einen gewaltigen Erkenntnisfortschritt für uns, hinsichtlich dessen, was die mystischen Zustände wirklich sind, und wie sie zur psychologischen Entwicklung passen. Es zeigt uns, warum es so sehr wichtig ist, Zustände und Zustandsstufen sowie auch Strukturen und Strukturstufen in jegliche integrale Sichtweise mit aufzunehmen. Darum sprechen wir von „alle Quadranten, alle Linien, alle Ebenen, alle Zustände und alle Typen“. Ebenen sind Strukturen und Zustände sind Zustände. Behalten wir also die vier oder fünf Hauptzustände im Auge, und die Tatsache, dass sie körperliche Entsprechungen haben, und die Tatsache, dass man sie relativ unabhängig von den Strukturen und Strukturstufen entwickeln kann. Doch wir möchten mit Beidem arbeiten, sowohl den Strukturen, die beschreiben, wie wir aufwachsen, und mit den Zuständen, die beschreiben, wie wir aufwachen. Alles, was nicht beides beinhaltet, bedeutet eine nur partielle Erleuchtung und auch eine nur partielle Entwicklung. Deshalb streben wir danach, alle fünf dieser Elemente in unserem Bewusstsein zu halten, speziell auch die Bewusstseinszustände.
Übersetzung: Michael Habecker
(Quelle Essential Integral, lesson 5 states Nr. 70 Ken on states. www.coreintegral.com)
(aus: Online Journal Nr. 31/ 2011)