Die Überarbeitung des Buches „Psychologie der Befreiung“ im Licht von Wilber V
Ken Wilber
Dieses Transkript entstammt einem Mitschnitt einer Telefonkonferenz zwischen Ken Wilber und Autoren des Journals of Integral Theory and Practice (JITP, früher AQAL Journal).
Einleitung (von Michael Habecker)
Eines der Themen an denen Ken Wilber arbeitet ist die Überarbeitung des Buches Psychologie der Befreiung im Hinblick auf die neu gewonnen Einsichten seiner Arbeit der letzten Jahre (Wilbers Phase V). Psychologie der Befreiung (Transformation of Consciousness) erschien erstmals 1988 in deutscher Sprache. Wilber setzt dort Entwicklungsstufen und mögliche Entwicklungsstörungen, verbunden mit entsprechenden Pathologien, miteinander in Beziehung. Dadurch wird erkennbar, auf welcher Entwicklungsebene eine bestimmt Störung entstanden ist, was die Auswahl geeigneter Therapiemaßnahmen erleichtert. Dieses Modell erweitert Wilber nun – in Stichworten – wie folgt:
- Strukturstufen und Zustandsstufen, eine der bedeutenden Differenzierungen, die Wilber im Zuge von Wilber V vornimmt, werden nicht mehr „übereinander gestapelt“. Alle bisherigen Entwicklungsmodelle, einschließlich die des frühen Wilber[1], haben diese Differenzierung nicht vorgenommen, sondern lediglich eine Entwicklungsskala vorgegeben, bei der die unteren Stufen diejenigen der westlichen Entwicklungsforschung waren (z. B. archaisch, magisch, mythisch, rational, pluralistisch, integral), und die sich daran anschließenden höheren Entwicklungsstufen den östlichen Traditionen entnommen wurden (z. B. psychisch, subtil, kausal, nichtdual). Beides differenziert Wilber nun voneinander, da die westliche Forschung eine Strukturstufenentwicklung beschreibt, wohingegen die östlichen Traditionen die Entwicklung durch die Hauptzustände des Seins verfolgen. Beide Entwicklungswege bilden zwei relativ unabhängig voneinander bestehende Achsen und Entwicklungsverläufe. Durch diese Differenzierung werden die Beziehungen und Wechselwirkungen zwischen beiden Entwicklungsverläufen erstmals erkennbar.
- Damit ergeben sich Pathologien nicht nur bei der Strukturstufenentwicklung sondern auch bei der Zustandsstufenentwicklung. (In Psychologie der Befreiung wird diese Unterscheidung noch nicht vorgenommen).
- Weiterhin ergeben sich zwei voneinander zu differenzierende Bewusstseinsschwerpunkte. Der eine bezieht sich auf die Strukturentwicklung, der andere auf die Zustandsentwicklung eines Menschen.
- Die Differenzierung unterschiedlicher Selbst-Definitionen spielt eine bedeutende Rolle für das Verständnis menschlicher Psychodynamik. So unterscheidet Wilber im nachfolgenden Telefondialog das ursprüngliche, das proximale und das distale Selbst voneinander, und fügt dann noch das richtige und das falsche Selbst hinzu. Der Zusammenhang ist wie folgt[2]: Das was wir „ich“ nennen, das Ich-Empfinden und beobachtende Selbst nennt Wilber das proximale Selbst[3]. Das beobachtete Selbst („mir“, „mein“) mit all dem was ein Mensch als zu sich gehörig betrachtet nennt er distales Selbst. Das proximale Selbst ist näher an einem dran, das distale Selbst ist weiter weg. Weiterhin gibt es noch das transzendente, ursprüngliche, wahre oder höchste Selbst, das Ich-Ich oder Zeugenbewusstsein, welches nicht zu einem Objekt der Betrachtung gemacht werden kann. Die Psychopathologie führt nun noch die Begriffe echtes und falsches Selbst ein. Ist das proximale Selbst ein angemessenes Ich-Empfinden einer Bewusstseinsebene, spricht Wilber vom echtem oder richtigen Selbst. Ist das proximale Selbst jedoch mit Schattenanteilen (Verdrängung und Abspaltung)belastet, spricht Wilber von einem falschen proximalen Selbst. Die Schattenanteile wirken sich (z. B. durch Projektionen) auch auf das distale Selbst aus, daher spricht Wilber auch von einem echten bzw. falschen distalen Selbst. Ersteres ist eine verzerrungsfreie Wahrnehmung auf „mir“ und „mein“, Letzteres nicht.
- Die volle Einbeziehung von Psychodynamik und Schattenarbeit auf dem Entwicklungsweg.
- Das Konzept von Leiter (Entwicklungsgrundstruktur), Kletterer (das Selbst) und Sichtweise (Weltanschauung, als eine Übergangsstruktur), welches schon in Psychologie der Befreiung zugrunde gelegt wurde, erfährt eine Erweiterung.
Ken Wilber beginnt das Gespräch mit einer Zusammenfassung eines seiner aktuellen Projekte, der Neubearbeitung des Buches Psychologie der Befreiung.
(Die Überschriften wurden zur besseren Lesbarkeit hinzugefügt, sie sind im Originaltranskript nicht enthalten.)
Zwei neue Bücher
„Es sind nun zwei Bücher daraus geworden, die ich gerade geschrieben habe. Was als eine achtseitige Einführung zu einer Jubiläumsausgabe des Buches Psychologie der Befreiung [Transformation of Consciousness] begann, erweiterte sich schnell auf 300 Seiten, doch auch das war noch nicht genug, und als ich bei 500 Seiten angelangt war, wurde mir klar, dass dies nun zwei Bände werden würden.
Ich denke, ich werde beide mit der Überschrift „Transformationen“ versehen, und der erste Band wird „Überblick“ [Overview], heißen, und der zweite Band Ausblick [Superview].
Der Überblick ist ein Überblick, der sich speziell mit Bewusstseinsstrukturen und Bewussteinszuständen beschäftigt. Dies sind zwei wirklich wichtige Dinge im oberen linken Quadranten, und sie stellen sich als noch bedeutender heraus, als ich zuerst dachte. Vieles davon begann mit dem Wilber-Combs-Raster, welches zeigt, dass die Bewusstseinstrukturen die Interpretationsgrundlagen liefern für das, was in den Bewusstseinszuständen erfahren wird. Es wurde ebenso offensichtlich, dass diese 4 oder 5 Hauptzustände des Bewusstseins die 4 (der 5) Hauptstufen einer kontemplativen Entwicklung darstellen.“
Ken erläutert dies am Beispiel der Arbeit von Daniel P. Brown und Evelyn Underhill, und differenziert zwei Entwicklungsrichtungen voneinander, vertikale (Struktur)Entwicklung und horizontale (Zustands)Entwicklung.
„In den beiden Bänden Überblick und Ausblick beziehe ich mich auf 12 Stufen (vertikaler) Hauptentwicklungsstufen, und das bedeutet, dass das Selbst sich auf seinem Entwicklungsweg durch diese Stufen hindurchentwickelt, mit 12 Drehpunkten [fulcrums] der Identifikation (und der sich daran anschließenden) Dis-Identifikation. Bei jeder dieser vertikalen Strukturen kann das Selbst sich gewissermaßen horizontal auf den Zustandsweg machen und sich von der Welt der Formen lösen, wiederum durch einen Vorgang der Identifizierung und Dis-Identifizierung, von grobstofflichen Zuständen, subtilen Zuständen, kausalen Zuständen und dem Nichtdualen. Das bedeutet das Hindurchgehen durch allgemeine grobstoffliche Objekte, subtile Objekte und kausale Objekte, um festzustellen, dass sie alle nicht das wahre Selbst sind. Dies entspricht etwa dem Schema kontemplativer Entwicklung, wie es Evelyn Underhill aufzeigt, und das kann sich auf praktisch jeder der vertikalen Bewusstseinsstrukturstufen ereignen. Wir erhalten so einen völlig neuen Blick auf die Dinge.“
Drehpunkte und Wechselpunkte
„Zum einen haben wir also die zwölf Hauptdrehpunkte [der Strukturentwicklung], die das proximale Selbst durchläuft. Jedes Mal, wenn es das tut, wird das Subjekt der einen Stufe zum Objekt des Subjektes der nächsthöheren Entwicklungsstufe – oder anders gesagt, ein „Ich“ wird zu einem „Mir“ und „Mein“ des „Ich“ der nächsthöheren Stufe, solange, bis es nur noch das Ich-Ich gibt, das Selbst, welches nicht zu einem Objekt gemacht werden kann. Fürdie vertikale Entwicklung bedeutet das, dass die Strukturstufen mit aufgenommen werden, und das Ende des Horizontes vertikaler Entwicklung ist das, was ich als „Supermind“ bezeichne. Dieser Begriff wurde zuerst von Aurobindo eingeführt, und ich verwende ihn nicht in genau der gleichen Weise wie er, doch sein Denken darüber hat mich beeinflusst. Wir haben es dabei jedoch mit etwas anderem zu tun als dem, sich auf den horizontalen Entwicklungsweg durch die Bewusstseinszustände zu begeben, was nicht eine vertikale Entwicklung ist, sondern ein Hindurchgehen durch die unterschiedlichen Tiefengrade des gegenwärtigen Augenblicks, und diese Entwicklung verläuft durch die genannten 4 oder 5 Hauptzustände hindurch. Anstelle von Entwicklungsdrehpunkten sprechen wir [bei der Entwicklung durch die Zustände] von Wechselpunkten [switchpoints], wo es wieder darum geht, dass das proximale Selbst, ein „Ich“, zu einem „Mir oder „Mein“ wird, ein Subjekt, das zu einem Objekt des nächsten subtilen Subjektes wird, so lange, bis es nur noch das wahre Selbst oder Big Mind gibt. Anders als die Strukturen sind Zustände immer gegenwärtig, und daher kann jeder dieser Zustände in gewisser Weise „außer der Reihe“ erfahren werden. Man kann eine Erfahrung des immer gegenwärtigen Big Mind jetzt in diesem Augenblick haben, doch man kann nicht die Erfahrung einer höheren Struktur machen, solange man sich nicht bis zu dieser Struktur entwickelt hat. Die Verbindung dieser vertikalen Drehpunkte mit den horizontalen Wechselpunkten – und auch jeder der Wechselpunkte kann eine sehr spezifische Art von Fehlfunktion haben – gibt uns 12 typische allgemeine Typen von Psychopathologie für den vertikalen Bereich, Dinge die schief gehen können, und im horizontalen Bereich gibt es vier Hauptwechselpunkte und Stellen, an denen etwas schief gehen kann.“
Vier Selbste der Hauptzustände
„Für das Selbstempfinden [self-sense] in jedem der vier unterschiedlichen Hauptzustände habe ich verschiedene Begriffe gewählt, so wie ich auch verschiedene Begriffe für das unterschiedliche Selbstempfinden in den verschiedenen Strukturen gewählt habe – das Selbst der Schaulogik habe ich als Zentaur bezeichnet, das Magenta-Selbst ist ein Typhon usw. – die vier Selbste des grobstofflichen, subtilen, kausalen und nichtdualen Bereichs bezeichne ich mit Ego, Seele, Selbst und Soheit (Selbst dabei großgeschrieben, und Soheit bezieht sich auf das Nichtduale). Dies gibt uns enorm viele Erklärungsmöglichkeiten im Hinblick darauf, wie östliche und westliche Ansätze zusammenpassen, und auch wo kontemplative Ansätze sich mit den konventionellen Ansätzen treffen. Eine Schwierigkeit dabei ist, dass konventionelle Ansätze wie die von Loevinger und Graves dazu tendieren etwa beim Zentauren aufzuhören, nicht wegen eines antispirituellen Vorurteils, sondern weil man nur sehr wenige Menschen auf diesen höheren Strukturstufen findet …“
Ken erwähnt, wie frühere Ansätze die höheren Zustandsstufen oben auf die bestehenden Strukturstufen „aufstapelten“, und spricht dann über echte höhere Strukturstufen.
Die höheren Strukturstufen
„Es sieht so aus, als wenn wir heute schon 3 oder 4 Strukturstufen oberhalb des Zentauren identifizieren können, einige von euch wissen, dass Aurobindo diese den erleuchteten Geist, den intuitiven Geist, den Übergeist und den Supergeist nannte, und ich denke, dass wir über ausreichendes Datenmaterial verfügen, um diese vier verwenden zu können. Sehr interessant dabei ist die Beziehung zwischen dem Supergeist und Big Mind. Supergeist ist dabei im Wesentlichen Big Mind plus aller Strukturen, die sich bis dahin entwickelt haben, und das macht einen gewaltigen Unterschied.“
Das Raster der Pathologien
„Dieses allgemeine Konzept wird im ersten Band diskutiert, den ich Überblick genannt habe: die Strukturen und Zustände und wie sie zusammenhängen und was zu Pathologien und Fehlfunktionen in den einzelnen Drehpunkten und Wechselpunkten führt. Der zweite Band Ausblick geht dann ins Detail der Drehpunkte und greift das auf, was jetzt schon in Psychologie der Befreiung steht, die Strukturstufen, doch für die transpersonalen Strukturstufen hatte ich früher die psychischen, subtilen und kausalen Zustände verwendet, und das habe ich jetzt korrigiert und habe richtige Strukturstufen und richtige Drehpunkte dafür eingesetzt, so dass wir hier zu 36 Typen [12 x 3] von Fehlfunktionen gelangen, die auftreten können. Als ich damit begann mir die Daten anzuschauen und auch auf meineeigenen Erfahrungen und die von anderen zurückzugreifen, wurde schnell klar, dass es eine Menge Daten gibt für alle diese Fehlfunktionen. Wir wissen bereits viel über diese Dinge, nur wurde das bisher noch nicht auf diese Weise in einem Gesamtüberblick zusammengestellt. Analog verhält es sich mit den Wechselpunkten und der Frage, was man hierbei machen kann.“
Zwei Arten dreier Selbste und deren Unterscheidung
„Dabei müssen wir drei Selbste unterscheiden, doch sprechen wir dabei nicht über das ursprüngliche Selbst, das proximale Selbst und das distale Selbst, auch wenn diese dabei eine Rolle spielen. Die drei Selbste, von denen ich hier spreche, sind das wahre Selbst, das echte [actual] Selbst und das falsche [false] Selbst. Das wahre Selbst ist natürlich das Ich-Ich oder Big Mind oder der immer gegenwärtige Zeuge, und das echte Selbst ist das relativ richtige und genaue Selbstbild auf einer jeden Entwicklungsebene. Das falsche Selbst demgegenüber ist das relativ unrichtige proximale Selbst, das falsche endliche Selbst. Was im Dialog zwischen dem Osten und dem Westen geschah, ist, dass beide jeweils nur zwei dieser drei Selbste verwendeten, jedoch nicht die jeweils gleichen, und das ist das Problem. Der Osten erkannte im Allgemeinen das wahre Selbst, doch er vermischte das richtige mit dem falschen Selbst, und machte beides zu einem. So gab es das wahre Selbst und das schlechte Ego, und es ging darum, das schlechte Ego los zu werden und zum wahren Selbst zu gelangen. Das ist auch so weit in Ordnung, doch es sagt einem nicht, was mit dem endlichen Selbst geschieht, wobei man ein relativ gesundes oder auch ein relativ ungesundes endliches Selbst haben kann. Was man daher braucht, ist nicht nur Nirvana und Samsara, sondern Nirvana, Samsara und krankes Samsara, also drei Selbste: wahres Selbst, richtiges Selbst und falsches Selbst. Der Westen bzw. die konventionellen Ansätze hatten auch zwei Selbste, und zwar das richtige und das falsche Selbst. Was sie nicht kennen, ist das wahre Selbst. Was damit gut verstanden wurde, war der Mechanismus vom Samsara zum kranken Samsara, was damit jedoch nicht verstanden wurde, ist der Weg von beiden Samsaras zu Nirvana. Die östlichen Ansätze beschreiben Nirvana und Samsara sehr gut, doch sie sind nicht sehr gut darin, krankes Samsara in gesundes Samsara zu überführen. Wir schauen uns hier beides an, und das öffnet das Untersuchungsfeld auf eine ganz erstaunliche Weise. Das wurde bisher auf diese Weise noch nirgendwo getan …
Es gibt es jetzt ein wirkliches Verständnis darüber, worin Entwicklung besteht, was Selbstidentität, Bewusstsein und Bewusstheit betrifft, und das bedeutet, dass das Subjekt der einen Entwicklungsstufe zum Objekt des Subjektes der nächsthöheren Entwicklungsstufe wird. Das Bezeugen von beidem jedoch ist absolute Subjektivität, die niemals zu einem Subjekt oder Objekt gemacht werden kann. Das ist immer gegenwärtig, und die Menschen können [auf jeder der Entwicklungsstufen] aus der Welt der Formen „aussteigen“ und in das Formlose eintauchen, wann immer sie wollen. Doch wenn sie aus dem Formlosen heraustreten, treffen sie auf die bestehende Welt der Formen, und wenn sie sich auf der orangen Entwicklungsstufe befinden, dann bedeutet Nichtdualität für sie die Einheit von Leere und orangen Formen und allem darunter. Doch türkise und indigo Formen sind diesen Menschen buchstäblich „zu hoch“. Man kann auf diese Weise erleuchtet sein, und dabei doch zugleich sehr begrenzt. Das hilft uns, eine Menge Dinge zu erklärten und Menschen dabei zu unterstützen, sich durch die Strukturstufen hindurch zu entwickeln, wo das Objekt der einen Stufe zum Objekt des Subjektes der nächsthöheren Stufe wird, wobei der Zeuge oder das Zeugenbewusstsein durch das proximale Selbst gewissermaßen hindurchschaut und sich davon dis-identifizert. In diesenZwischenbereichen gibt es nicht nur nichtduale Soheit und die Selbstkontraktion, oder Gottheit und das falsche Selbst, oder wahres Selbst und Ego – man kann in die nichtduale Soheit eingetaucht sein, doch in dem Augenblick, wo man dort herausfällt, existiert das Selbst, das Gott vergisst, in Ebenen des Bewusstseins. Und es ist sehr wichtig dies zusammenzubringen. Es geht im Wesentlichen dabei um ein Entwicklungsverständnis, und die Art, wie Samsara sich entwickelt. Es reicht einfach nicht aus, nur von Samsara zu Nirvana zu gelangen, es geht [zuerst] darum vom kranken Samsara zum gesunden Samsara zu gelangen. Die „Einheit von Leere und Form“ ist nicht wirklich hilfreich, wenn es sich dabei um eine Einheit von Leere und einer kranken Form handelt …“
Frage: Ich habe den Eindruck, dass das, was Du gesagt hast, eine großen Einfluss auf das Entwicklungspsychogramm eines Menschen hat.
Zwei Bewusstseinsschwerpunkte
KW: „Ja, das proximale Selbst, das endliche Selbst, hat in gewisser Weise zwei Bewusstseinsschwerpunkte. Natürlich kann man das proximale Selbst, das Selbsterleben eines getrennten Selbst, auch unter dem Gesichtspunkt betrachten, dass es vier Quadranten hat und unterschiedliche Entwicklungslinien, das kann man sich alles anschauen. Doch speziell im Hinblick auf diese zwei sehr bedeutenden Dinge – Bewusstseinsstrukturen und Bewusstseinsstufen –, hat das Selbsterleben oder Selbstempfinden zwei Bewusstseinsschwerpunkte. Dies lässt sich z. B. bezeichnen mit orange/grobstofflich, oder türkis/kausal, oder etwas in der Art. Man kann in Zuständen allerhand erleben, doch im Allgemeinen wird man einen Bewusstseinsschwerpunkt haben, der beispielsweise nur grobstofflichen Objekte wahrnimmt, oder der in der Welt subtiler Objekte zu Hause ist, oder im Zeugenbewusstseins, oder auch in der Soheit. Doch das, was dabei bezeugt wird, oder dasjenige, mit dem man [in der Soheit] eins ist, dies ist eine Angelegenheit der vertikalen Entwicklung in der Welt der Formen. Diese zwei Bewusstseinsschwerpunkte sind daher sehr wichtig, speziell beim Zusammenbringen des Ostens und des Westens. Wie konnte es passieren, dass der Dialog zwischen dem Osten und dem Westen zum Stillstand gekommen ist? Das war früher immer ein bedeutendes Thema. Wie ist es möglich, dass die ältesten und tiefgründigsten psychologischen Systeme von der modernen Psychologie vollständig ignoriert wurden? Das ist ein Skandal, und wir hoffen dazu beizutragen, dies jetzt wieder neu betrachten zu können. Einer der Gründe, warum man auf kontemplative Entwicklung nicht besonders geschaut hat, ist der, dass die meisten Menschen so etwas nicht machen. Es ist sehr selten, dass Menschen sich auf den Weg machen, um ihren Bewusstseinsschwerpunkt zu transformieren, beginnend beim grobstofflichen Wachzustand, weiter zu subtilen und kausalen Zuständen, bis zum Nichtdualen, als permanente Eigenschaften und Errungenschaften. Das wurde einfach weggeworfen, und sogar Entwicklungspsychologen schauen sich das nicht an, sondern kratzen sich am Kopf und fragen, warum man das erwähnt. Man kann das auch in einem Psychogramm darstellen, und eine einfache Möglichkeit dabei ist, das Wilber-Combs-Raster zu nehmen, und in der unteren linken Ecke zu beginnen, dort wo jeder beginnt. Man kann sich dann drei oder vier oder fünf Strukturen vertikal aufwärts bewegen, ohne sich dabei horizontalzu bewegen, und das ist sehr verbreitet. Viele Menschen sind grün/grobstofflich, oder orange/grobstofflich, oder türkis/grobstofflich. Dann kann es geschehen, dass einen das Leben mit Umständen konfrontiert, in denen man sich von der grundlegenden Identität mit dem grobstofflichen Zustand dis-identifizieren lernt, und den Bewusstseinsschwerpunkt [seines Zustandes] in den subtilen Zustand verschiebt. Oder man beginnt zu meditieren und entwickelt sich durch drei oder vier dieser Hauptzustände. Das kann man am Wilber-Combs-Raster gut erkennen. Jemand hat sich dabei vielleicht zu Orange entwickelt, ist jedoch im grobstofflichen Bereich orientiert – orange/grobstofflich –, und dann kann es geschehen, dass dieser Mensch sich auf den horizontalen Weg macht, und sich drei Zustände nach rechts im Raster bewegt. Das ist faszinierend und lässt sich so verfolgen. Wir reden hier von Dingen, die wirklich geschehen, das Territorium ist real, und wir beschreiben es lediglich mit unseren Landkarten.“
Leiter, Kletterer, Sichtweise und Verdrängung
„Das Konzept von Entwicklungsstufen [Leiter], einem Selbst, das sich entwickelt [Kletterer] und einer jeweils anderen Sichtweise [auf jeder der Entwicklungsstufen] ist eine gute Metapher und ein gutes Modell, weil es uns beim Vorgang der Entwicklung – Entwicklung als ein „Negiere und Bewahre“ –, zeigt, was dabei negiert und was bewahrt wird. Da gibt es sehr viel Verwirrung. Was dabei passiert ist vergleichbar mit dem Ersteigen einer Leiter, von Sprosse 1 zu 2 zu 3 zu 4. Nehmen wir an, man steht auf der vierten Sprosse einer Leiter, die 7 Sprossen hat, dann hat man auf der vierten Sprosse unter sich nach wie vor die Sprossen 1, 2 und 3, auf denen man gewissermaßen auch steht. Doch man hat nicht die Sichtweise der Sprossen 1, 2 und 3. Man hat die Sichtweise der Sprosse 4. Das sind diese zwei Arten von Entwicklung. Eine Art kann man durch die kognitive Entwicklung repräsentieren, und die andere Art kann z. B. durch die Selbstentwicklung oder die moralische Entwicklung dargestellt werden. Bei der kognitiven Entwicklung, die von Bildern zu Symbolen zu Konzepten zu Regeln zu konkret operational zu formal operational verläuft, bleibt all das Genannte im Verlauf der Entwicklung bestehen und bleibt voll funktionsfähig. Bilder beginnen etwa im Alter von 7 Monaten beim Menschen zu emergieren, doch ich kann auch jetzt meine Augen schließen und mir das Bild eines Baumes vorstellen, das ist immer noch vorhanden. Doch ich kann nicht meine Augen schließen und ein Bild davon bekommen, wie es ist, sich auf der moralischen Stufe 1 zu befinden. Das ist vorbei und vorüber. Deshalb ist es bei Modellen wie denen von Jane Loevinger, Susanne Cook-Greuther, Lawrence Kohlberg, Carol Gilligan so, dass, wenn man sich auf – sagen wir – Stufe 6 befindet, dass man ein wenig Zugang zu Stufe 5 und zu Stufe 7 hat, aber keinen Zugang zur Stufe 1, 2, 3 und 4. Diese sind „vom Winde verweht“.
Das Konzept von Leiter, Kletterer und Sichtweise ist ein gutes Modell, um sich das klar zu machen. Das proximale Selbst ist identifiziert mit einer bestimmten Leitersprosse, das ist das Ich-Empfinden. Das proximale Selbst ist das, was Erfahrungen interpretiert. Bei dem gewählten Beispiel ist die Sichtweise der Leiterstufe 4 der Interpretationshintergrund einer jeden Erfahrung, die auftaucht. Man sieht die Welt [in diesem Beispiel] durch die Farbe der bernsteinfarbenen Brille. Das ist wichtig, weil das, was unterdrückt wird, die Sichtweisen sind. Man befindet sich – sagen wir – auf Stufe 2, und wir nehmen jetzt die Chakren als ein Beispiel: Stufe 1 ist Nahrung, Stufe 2 ist Sex, Stufe 3 ist Macht, Stufe 4 ist Liebe – und man befindet sich auf Stufe 2, der emotional sexuellen Stufe, dem pranamayakosha, dann hat man die Sichtweise dieser Stufe. Man hat dann keine Libido, man ist Libido. Das Selbst ist eingebettet in diese emotionale/pranische Dimension. Wenn man hier etwas unterdrückt, dann wird diese Sichtweise abgespalten, und man behält diese Sichtweise in Form einer Subpersönlichkeit, einem Sub-Ich. So wird es sehr einfach zu verstehen, was Entwicklungssymptome sind. Sie sind Subjekte, die nicht zu Objekten geworden sind. Sie sind immer noch als Subjekte vorhanden, verstecken sich, und halten an ihrer Weltsicht fest. Solange man sie sich nicht zu eigen und dann zu einem Objekt des Bewusstseins macht, bleiben sie unterdrückt und abgespalten, als ein Teil des Schatten-Es, anstatt einem „Mein“. Daher sprechen wir bei optimaler Entwicklung nicht nur davon, dass das Subjekt der einen Entwicklungsstufe zum Objekt des Subjektes der nächsthöheren Entwicklungsstufe wird, sondern auch davon, dass das „Ich“ der einen Stufe zum „Mir“ oder „Mein“ des „Ich“ der nächsthöheren Stufe wird. Wenn ich dieses „Ich“ abspalte und dissoziiere, dann werden daraus nicht meine sexuellen Impulse, sondern die der anderen. Die sexuellen Impulse werden zu einer dritten Person [Es]. Es erfolgt dann nicht „ich“ zu „mein“, sondern „ich“ zu „es“. Das stellt sich als ein sehr einfacher, aber sehr zutreffender Weg dar, um zu beschreiben was geschieht. Diese abgespaltenen Schattenanteile sind verborgene Anhaftungen und Wege, wie man mit den Impulsen eines niederen Chakras identifiziert bleibt, und diese nicht zu einem Objekt („meins“) macht und loslässt. Sie bleiben ein verborgenes „Ich“, was dem nächsthöheren „Ich“ als ein „Es“ erscheint, für welches die Urheberschaft verleugnet wird. Die Sprossen sind davon unberührt, es ist die Sichtweise, die dabei unterdrückt oder abgespalten oder verleugnet wird, oder an der man hängen bleibt. Das hilft sehr.“
Zu Spiral Dynamics
„Was viele Modelle, wie beispielsweise Spiral Dynamics nicht haben, ist ein Selbstsystem, so dass man nicht erklären kann, wer die Verdrängung macht. Die blaue Entwicklungsstufe unterdrückt sich nicht selbst, ebenso wenig wie die rote Entwicklungsstufe dies macht. Es ist der Kletterer auf einer bestimmten Entwicklungsstufe, der all das macht. Der Grund warum die Leute Spiral Dynamics mögen, und der Grund, warum es als ein einfaches Modell oft besser funktioniert als beispielsweise das Modell von Jane Loevinger ist, dass man beim Loevinger Modell einfach nur eine Stufe hinzufügt, weil dieses Modell Sichtweisen verfolgt. Bei Spiral Dynamics hingegen werden Sichtweisen und Leitersprossen durcheinandergebracht, doch zumindest hat man dort beides. Man kann also bei orange oder grün sein, und sagen „ich hatte eine rote Erfahrung“. Die unteren Stufen, die unteren Sprossen sind vorhanden, doch der Unterschied zwischen Sprossen und Sichtweisen wird dort nicht verstanden. Spiral Dynamics funktioniert besser, weil es in gewisser Weise alle Chakren hat. Doch diese Unterscheidung ist sehr wichtig. Man kann sagen „ich bin auf dem fünften Chakra“, und man kann Kontakt mit den unteren Sprossen aufnehmen, man kann das energetisieren, man kann sagen, dass man mehr sexuelle Energie benötigt, man kann feststellen, dass man zu einer bestimmten Energie keinen Kontakt hat usw. Was man dabei jeweils kontaktiert ist die Sprosse. Was man nicht kontaktiert ist die Sichtweise. Die Sichtweise dieser Sprosse ist verschwunden. Wenn man sich auf der moralischen Stufe 5 befindet, dann agiert man dabei von der Stufe 1 nur in psychotischen Fällen und bei Gehirnschäden. Man wechselt nicht hin und her zwischen Sichtweisen, sondern zwischen Sprossen.
Im großen Ganzen geht es bei Entwicklung und Transformation darum zu negieren und zu bewahren. Was bewahrt wird, sind die Sprossen, was negiert wird, sind die Weltsichten. Der Kletterer dabei ist das Selbstempfinden, er hat eine Reihe von Charakteristiken, und eine der wichtigsten dabei ist die des Ortes der Identifikation, und der Dis-identifikation, und daher auch der Fehlidentifikation. Der Kletterer ist das endliche Selbst, durch welches das wahre Selbst hindurchschaut, um Samsara zu erschaffen. Wenn der Kletterer als das Selbstempfinden ein falsches Selbstbild hat, dann wird daraus ein krankes Samsara und ein falsches Selbst. Der Kletterer ist sehr wichtig, weil dort alle drei Selbste sich entfalten und zum Ausdruck kommen – das wahre Selbst, das richtige Selbst, und das falsche Selbst …
Gesunde und ungesunde Entwicklung
Wilber erläutert den Entwicklungsprozess und unterscheidet gesunde und ungesunde Entwicklung, als den Unterschied zwischen
„… gesunder Transzendenz und morbider Anhaftung und Unterdrückung. Und das kann man verfolgen, in dem man „ich“, „mir und mein“ und „es“ verfolgt. Man kann es nicht erkennen und verfolgen, indem man nur Subjekt/Objekt verfolgt. Das dissoziierte Subjekt einer Stufe erscheint für die nächsthöhere Stufe [im Bewusstsein] als ein Objekt, und man kann daraus nicht den Unterschied zwischen gesunder und ungesunder Entwicklung ableiten, indem man lediglich sagt, „aus einem Subjekt wird ein Objekt“ (weil es sich bei dem Objekt sowohl um einen abgespaltenen Ich-Anteil handeln kann – ungesunde Entwicklung –, sowie auch um einen bereits integrierten Ich-Anteil, den man – auf eine gesunde Weise – transzendiert.] Wenn man das „Ich“ loslässt, und es zu einem distalen Selbst wird, dann ist das mein Selbst [myself]. Wenn man es abspaltet, wird es ein „Es“. Gesunde Entwicklung ist also ich zu mein, und ungesunde Entwicklung ist ich zu es. Das ist ein wirklich wichtiges Verständnis, was sehr viel erklärt …
Der Zeuge oder das Ich-Ich schaut durch das Ich, und interpretiert dadurch die Welt. Und hoffentlich wird es sich dabei vom proximalen Selbst entidentifizieren, und es zu einem distalen Selbst machen. Doch dabei ist es – unvermeidlich – identifiziert mit dem nächsthöheren Selbst. Das ist der Schlüssel vertikaler Entwicklung, um den man nicht drum herum kommt. Was so viele der derzeitigen Psychologien und Bücher wie JETZT [von Eckhart Tolle] tun ist, sie verfolgen und beschreiben, was geschieht, wenn man das endliche Selbst loslässt, und die immer gegenwärtige Soheit findet. Doch sie erkennen dabei nicht, dass sich das endliche Selbst in Wellen [oder Ebenen] entwickelt. Doch je mehr man in die nichtduale Soheit eingetaucht ist, desto mehr durchläuft man dabei auch mikro-Disidentifikationen, die unter bestimmten Bedingungen die eigene Entwicklung beschleunigen können. Je mehr man in das Ich-Ich eintaucht, desto mehr wird das „Ich“ zu einem „Mein“.“
Selbst-Definitionen
Frage: Können wir, zur Begriffsklärung im Rahmen der integralen Theorie, Begriffe wie proximales Selbst, distales Selbst und ursprüngliches Selbst mit dem wahren, dem richtigen und falschen Selbst in Beziehung setzen? Macht das Sinn?
KW: „Begriffe wie wahres, richtiges und falsches Selbst habe ich bereits schon früher verwendet, z. B. in Eine kurze Geschichte des Kosmos. Was wir dabei vorfinden ist, dass das proximale Selbst entweder ein richtiges [acurate] proximales Selbst oder ein falsches proximales Selbst sein kann. Man hat also das wahre Selbst, und das proximale Selbst kann richtig oder falsch sein [acurate or inacurate, actual or false]. Hat man ein falsches proximales Selbst, dann wird auch das distale Selbst zu einem falschen distalen Selbst. Man kann also auch ein richtiges oder ein falsches distales Selbst haben, (und ein richtiges oder falsches proximales Selbst). Das wahre Selbst schaut durch beziehungsweise auf beides.
Meditation ist nicht sehr gut darin diesen Schaden zu beheben, weil es auf beides (richtiges und falsches Selbst) unterschiedslos schaut. Doch je mehr man in ein nichtduales Ich-Ich eingetaucht ist, desto weniger wahrscheinlich ist es, dass das richtige oder eigentliche Ich zu einem falschen Ich wird. Man vermindert die Spannungen und die Angst, welche die Dissoziation verursachen.
Die Leiter [im Kletterer, Leiter, Sichtweise Modell] repräsentiert die Entwicklungsstruktur, die der Kletterer hinaufklettert. Man kann die Leitervorstellung nehmen, um jegliche vertikale Entwicklung damit darzustellen. Doch es handelt sich dabei um Grundstrukturen, die beibehalten werden, – und die Chakren sind dafür ein gutes Beispiel – und die Sichtweise, die vom Standpunkt dieser Strukturen aus eingenommen wird. Entwicklungsmodelle fallen in diese zwei genannten Kategorien, zum einen Modelle wie Bilder-Symbole-Konzepte-Regeln oder Chakra 1, Chakra 2, Chakra 3, Chakra 4. Wenn diese Ebenen oder Strukturen emergieren, dann bleiben sie voll funktionsfähig bestehen. Was jedochnicht dabei bestehen bleibt, ist die Identifikation mit ihnen. Mit dem Hinaufklettern der Leiter dis-identifiziert man sich von den niedrigeren Strukturen und der jeweiligen Sichtweise dieser Struktur. Es gibt noch keine guten Modelle für Grundstrukturen ganz allgemein, und daher greifen wir oft auf die kognitive Entwicklungslinie zurück, um eine Vorstellung von einer allgemeinen Entwicklungshöhe zu bekommen. Einer der Gründe, warum kognitive Entwicklung notwendig aber nicht ausreichend ist für andere Entwicklungslinien, ist der, dass man keine Sichtweise auf der Leiter einnehmen kann, die über die Stufe hinausreicht, auf der man steht. Dennoch kann sich die Leiter bereits weiterentwickelt haben. Die Leiter kann beispielsweise bis zur Sprosse fünf entwickelt sein, und man selber klettert gerade auf die Sprosse 3. So etwas geschieht andauernd. Es gibt also zwei Arten von Entwicklung. Zum einen entwickelt sich die Leiter, und zweitens klettert das Selbst die Leiter hinauf. Wenn wir über die Leiter allgemein sprechen, dann sprechen wir über die bleibenden Grundfähigkeiten, die Menschen sich in ihrer Entwicklung durch die unterschiedlichen Ebenen von Komplexität und Bewusstheit aneignen. Das ist das, was die Traditionen mit „Ebenen der Existenz“ bezeichnen. Clare Graves bezeichnete seine Wertestrukturen auch mit „Ebenen der Existenz“. Das ist die Leiter. Und die Sichtweisen sind Übergangsstadien, die sich entwickeln, aber dann wieder verschwinden. Ich nenne sie auch Ersetzungsstrukturen [replacement structures], weil eine moralische Stufe 5 nicht die moralische Stufe 1 umfasst und beinhaltet, sondern diese ablehnt. Die Sichtweise einer niedrigeren Ebene ist begrenzt im Bezug zur höheren Ebene, und die höhere Ebene negiert diese Begrenzung und kommt natürlich im Hinblick auf die nächsthöhere Ebene an ihre eigene Grenzen.“
Ken erläutert das Vedanta Modell, mit Zuständen, Strukturen und Körpern, weist jedoch darauf hin, dass diese Modelle im Vergleich zu heutigen Modellen nicht die Feineinteilung, [granularity], haben, über die wir jetzt verfügen.
„Eine der grundlegendsten Weisen, wie man eine Grundstruktur beschreiben kann, ist durch die Fähigkeit dieser Struktur, Perspektiven einnehmen zu können. Die ersten drei Chakren können lediglich die Perspektive einer ersten Person einnehmen. Das vierte Chakra beginnt die Perspektive einer zweiten Person einzunehmen, Liebe, das Hals-chakra kann eine Perspektive einer dritten Person einnehmen, und die weiteren Chakren dann 4te Peron und 5te Person.“
Integral und integriert
Ken spricht über eine weitere Facette des Terminologieproblems, am Beispiel des Begriffs „integral“ und „integriert“:
„Integriert“ oder „integral“ bedeutet technisch die höchste Struktur, die Menschen zu einer gegeben Zeit zur Verfügung steht. Die wahre integrale Ebene wäre daher „supermind“. Eine Reihe von westlichen konventionellen Entwicklungspsychologen haben jedoch die höchste Entwicklungsebene, die sie in ihren Datenerhebungen festgestellt haben, mit „integral“ bezeichnet, und das war meistens die Entwicklungsebene des Zentauren, also Petrol oder Türkis. Dies war das integralste, was sie fanden. Jean Gebser hat das gemacht und Jane Loevinger auch. Doch was machen wir dann mit den noch höheren Entwicklungsstufen? Ich beziehe mich manchmal auf 3rd tier insgesamt als „superintegral“.
Transpersonal
Zum Begriff „transpersonal“
„Die meisten Menschen haben transpersonale Erfahrungen oder Einheitserfahrungen als eine Zustandserfahrung. Und diese Erfahrung kann sich auf jeder der Entwicklungsebenen ereignen, Rot, Bernstein, Orange, Grün, und es kann sich dabei um eine grobstoffliche, subtile, kausale oder nichtduale Gipfelerfahrung handeln, Naturmystik, Gottheitsmystik, oder formlose Mystik, oder auch einen nichtdualen Flow-Zustand. Diese nichtdualen Flowzustände sind wahrscheinlich die am meisten verbreitetsten nichtdualen Einheitszustände, die Menschen erleben.“
[1] Auch das Modell auf dem Psychologie der Befreiung basiert
[2] siehe dazu auch: Integrale Psychologie, Kapitel 3 Das Selbst.
[3] Nicht zu verwechseln mit dem Zeugenbewusstsein. Das proximale Selbst ist das Ich-Empfinden auf einer gegebenen Entwicklungsstufe.
(aus: Online Journal 6)
