Regina Hunschock
Eine Fülle von Forschungsdaten und Frauenliteratur, die uns die kritische Patriarchatsanalyse der Frauenforschung, die Sozialforschung, die feministische Philosophie und die Psychologie seit den 70er Jahren beschert hat, stehen uns zur Verfügung, beispielsweise von Kate Millet, Elisabeth Beck Gernsheim, Helga Bilden, Ernest Bornemann, Ulrich Beck, Klaus Hurrelmann, Mary Daly, Adrienne Rich, Carol Gilligan, Carol Hagemann-White, Luce Irigaray, Ilse Kokula, Judith Butler, Sigrid Metz-Göckel, Claudia von Werlhoff, um nur einige zu nennen und zu würdigen. Ich möchte mich im Rahmen meiner Ausführungen deshalb kurz auf einige Hauptströme dieser Zeit im Hinblick auf das Thema Heterosexualität beziehen, um diese im Kontext unserer heutigen, individuellen wie kollektiven radikalen Transformation sehr bewusst ins integrale Bewusstseinsfeld zu legen.
Ich will damit die Frage stellen, von Herzen, auch mir persönlich, wie neu wir Frauen und Männer wirklich schon sind, vor allem wir Frauen in Bezug zu Männern, zu Frauen und zu unserer Sexualität, wie zu unseren Schöpfungen, die daraus resultieren.
Meine Annäherungen an dieses Thema sind deshalb weniger wissenschaftlich und bewegen sich in mir eher wie ein Mandala, suchen Ein- und Ausgänge, Sichtbares und Unsichtbares, das Anhaftende und das Befreite, Innen und Außen, Dich und Mich, Uns und das Ende und den Anfang, wenn ich das bisher Gewordene in mir dem Feuer übergebe und ersuche, dem, was mich zusammengesetzt hat, dem Vergänglichen, nicht nachzutrauern sondern zuzuwinken, zärtlich, mit einer unendlichen Geste für die Kraft und Liebe der Formlosigkeit, die mich erneut erneuern wird und bewusster macht.
Die neue Frau, der neue Mann und ihr neues Miteinander und Wirken sind meine Perspektive, sodass ich hoffe, der Gesundung der Gesamtspirale, im Bezug zum Geschlecht, mehr Integralität, Tiefe, Eros, Poesie, Freiheit und höhere Stufen zu geben vermag. Ich gehe davon aus, dass in allen verschiedenen Stadien und Stufen unserer Schöpfung, wie in unserer ganz persönlichen Weiterentwicklung, die männlichen und weiblichen Prinzipien allgegenwärtig wirken und dass es darum geht, dies noch stärker ins Bewusstsein zu heben. Ich möchte einen Beitrag dazu leisten, dass unsere Diskurse über das Wesen von Geschlecht, Gender, Sexualität und männlichen wie weiblichen Prinzipien, in ihren Relationen zur zukünftigen menschlichen Entwicklung, sich öffnen für die Synthese eben jener weiblichen und männlichen Prinzipien in unserer persönlichen wie kollektiven Psyche. Dies sehe ich als innere Grundvoraussetzung an, als Basiserkenntnis und Basisintegration für einen fortgeschrittenen integralen Diskurs in dieser Thematik. Ich möchte ermutigen anzuerkennen, dass unser Bewusstsein wie weitere Entwicklungsprozesse unausgewogen bleiben, wenn wir das Potenzial dieser ”Hypothese” oder aber auch der immanenten Wahrhaftigkeit nicht erfassen, dass unsere menschliche Natur Androgynität ist. Unser männlicher oder weiblicher Körper mag uns da bisher so manche unverrückbare psychologische Einseitigkeit und Gegensätzlichkeit wie Eindeutigkeit vorgeben haben. Anerkennen dessen was ist, Einfaltung und Weitergehen sind ebenfalls eine wichtige Voraussetzung für integrale Entwicklung. So sehe ich diese, aus dem Blickwinkel der Evolution, wohl wichtige” Eindeutigkeit” auch nur als eine vorübergehende Phase unserer Bewusstwerdung an. Wir stehen vor neuen Stadien des Bewusstseins, in denen auch die Evolution der maskulinen und femininen Prinzipien eingeschlossen ist, von uns eingeschlossen werden müssen. Wir können gespannt sein auf diese Entwicklung, die wir als Mensch im Kosmos nun viel bewusster mitgestalten können.
Es ist ein schon immer währender integraler Prozess, welcher uns besonders in dieser Geschlechterthematik, die Entwicklung zu weitaus größeren Differenzierungen, zu holografischer Ganzheit, nun sehr bewusst vorführen wird, wenn wir es für möglich halten und es uns erlauben, hier Pionierinnen und Pioniere zu sein. Was für mich bedeutet, dass wir die zeitgeschichtliche Chance haben, die Synthese beider Prinzipien weiter zu verstehen, zu vollziehen und zu beleben und damit vorbereiten, in unsere Androgynität hineinzuwachsen. Was für mich ein großer Beitrag für mehr Humanität in der Welt ist. Evolution ist kein Zufall, welche derart integrale, systemische Kompetenzen von uns benötigt, zwischen Übertragung (Gedanken, Emotionen, Ängste) und Resonanz (Aneignung, Einfaltung und Verbundenheit zurückliegender Erfahrungen, Inhalte) unterscheiden zu können, damit eine andere Perspektive konkretisiert werden kann und darüber Veränderungen.
Dies ist mir ein großes Anliegen, sodass ich mich dafür in konfliktträchtige Prozesse und erweiterte Perspektiven und Verhaltensweisen jenseits von Geschlechtergewohnheiten, altbekannten heterosexuellen Geschlechterdynamiken, biochemischen Gedächtnisprotokollen, Verfügbarkeiten, Identifizierungen und des ständigen Greifens nach Schönheit begebe. Die Art und Weise wie wir unsere Sexualität lernen, wahrnehmen und leben, sie für selbstverständlich halten, beeinflusst die Formgebungen in allen Bereichen unserer Gesellschaft. Dies zu beleuchten, wäre für mich eine ordnungsleitende Forschungsfrage!
Freiheit, Emergenz und Evolution, radikale Transformation, wenn wir sie in heutigen, stürmischen Zeiten beharrlich und spannungsgeladen aus dem Blickwinkel des Geschlechtes betrachten, der Kategorie Geschlecht, dann steht meiner Meinung ein erneuter, ebenso radikaler Blick auf die Heterosexualität an, als primäre Konstituante der Mann-Frau-Beziehung, die uns das elementare Zusammenspiel von gesellschaftlichen Strukturen, sexuellen Definitionen, sexuellem Verhalten und Herrschaftsformen spiegelt, in ihrer Verwurzelung als soziale, ökonomische und politische ”Voraussetzung” wie Routine unserer Zeit.
Hier mit der erhellenden Frage, welche – sich selbst transformierende Kraft – die Heterosexualität beispielsweise in ihrer bewussten Wahrnehmung, Befragung, Reflektion und Transzendierung durch uns, bei Ausrichtung auf intersubjektive Intimität beinhaltet, jenseits von Bedürfnisbefriedigung, Symbiose und Erlösungssehnsüchten? Wie ist meine Definition von Heterosexualität? Warum bin ich eigentlich heterosexuell, wie bin ich dazu geworden, woran merke ich es, bin ich so geboren oder welche Rolle spielen die Hormone, mein Gehirn, meine Gewohnheiten, Erziehung, die Repressalien der Gesellschaft? Wir frei sind wir wirklich? Und was ist das Äußerste persönlicher, spiritueller wie gesellschaftlicher Freiheit, das ich mir für meine individuelle Entwicklung vorstellen kann. Wer kann ich werden, damit das da Draußen auch anders, intelligenter, neu wird? Von welchen Voraussetzungen aus wollen wir Zukunft gestalten? Wo sollten, können wir einmal innehalten, um unser sexuelles Vermögen an die Ursächlichkeit unserer inneren zweigeschlechtlichen, unsterblichen Selbst-Existenz zu erinnern, zurückzuführen, mit all ihrem Leuchten, in all ihrer Schönheit ins Hier und Heute!? Immer auch strukturierend gemeint (UR).
Heterosexualität war und ist ein mächtig eingesetztes und gewolltes Bindeglied zwischen Männern und Frauen. Geschlechtsspezifische Sozialisation hat die meisten von uns darin gnadenlos erzogen und ausgerichtet. Das hat die Forschung um geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, hegemoniale Machtinteressen, industriezeitalterliche gesellschaftliche Sicherungssysteme sehr detailliert aufgezeigt. Um die Dominanzkultur der Männer, vielmehr des Patriarchats zu sichern, war die moderne Konzeption von Ehe, romantischer Liebe und Mutterschaft, mit Zielrichtung Befriedigung männlicher Bedürfnisse und Sicherung kapitalistischer Interessen, ein gelungener Streich der Geschichte. Die schlechtere finanzielle Absicherung, die Sorge von Frauen um die eigene Existenz, band und bindet auch heute noch Frauen an Männer, da diese im Patriarchat, im Kontext der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung, immer besser gestellt waren und in vielen Bereichen noch sind, vor allem bei der Werteinstufung und Entlohnung von produktiver Arbeit durch Geld und Positionen.
In 40 Jahren neuer Frauenbewegung und Frauenforschung wurde in der kritischen Patriarchatsanalyse ausführlich über die Entfremdungsstrategien des Patriarchats der Frau von sich selbst und von anderen Frauen geschrieben. Die ”Heterosexualisierung” ist eine davon, damals provokativ benannt als ”Zwangsheterosexualität”. Dass Frauen diesem ”Vertrag” zugestimmt haben ist die andere Seite, was aber damals, im Miteinander der Opfer- und Täter-Muster, noch nicht regulierend und auflösend beachtet werden konnte/wollte. Im Rahmen unserer individuellen wie kollektiven Schattenarbeit und Läuterung muss dies aber nun unbedingt aufgedeckt und exploriert werden. Je stärker schließlich der Individualisierungsprozess in Moderne und Postmoderne, aus der Frauenbewegung heraus, diese umfassende Selbstreflektion, Selbstautorisierung, Freiheit und ein Aussteigen aus Rollen und Stereotypien hervorgebracht hat, umso eigenständiger, neu und pluralistischer konnte die Frau sich z.B. emotional, psychisch, kognitiv, sexuell und spirituell selbst entwickeln, mittlerweile auf voranschreitenden Ebenen, welche die Vielfalt des heutigen Frau-Seins spiegeln. Diese umfassende Selbstentwicklung, über Status und Machtsausübung hinaus, ist noch unerledigt bei vielen Männern, eine Befreiung, welche auch auf sie wartet. Ebenso für beide Geschlechter die Integration und Überwindung alter Archetypen, einhergehend mit der Reflexion der eigenen Sexualität. In diesem Kontext prüfe ich sehr genau polarisierende und uns Frauen über den Reichtum der Schönheit des Weiblichen belehrende Autoren wie David Deida, in welcher Form auch in seinen Ausführungen und stereotypen Sex-Anleitungen wieder alter, gegenseitiger Erlösungsdruck reanimiert wird; temporär, abhängig, jeweils durch das andere Geschlecht ”, zur eigentlichen Energiequelle des Verlangens vorzudringen”. Meinem Verständnis nach, manifestiert Deida eher die psychischen und körperlichen Gegensatzpaare.
Das unendlich schöne, strahlende Weibliche ist anziehend, berührend, ewig verführerisch in dieser beglückenden Selbstessenz und psychischen Unabhängigkeit. Ja! Ich kann verstehen wenn Männer dafür ihr Bestes geben wollen und hieraus, als mutige Helden – Raumpfleger – der Herzen, diese Schönheit in unsere Systeme tragen wollen, wirklich würden, ohne immerzu gleichzeitig das Ruder in die Hand nehmen zu müssen. In ihr, der Schönheit, ruhen nicht kontrollierbare Schätze, die niemandem gehören oder zustehen. Der geneigte Leser möge sich hier in seiner femininen Essenz angesprochen fühlen, da sie oft genug auch bei ihm, dem Mann, nicht sein darf, willkommen ist.
Im Kontext der nahenden ”Morgendämmerung für uns Frauen und Männer der neuen Zeit” erahne ich bereits, dass auch unsere Rollenbilder und Archetypen im Gefolge der Evolution sich wandeln, anreichern werden, gerade jene, die vor allem die psychischen Strukturelemente des Patriarchats und seine Sehnsüchte wie Schatten belebt haben. Ich möchte zu Bedenken geben, dass Frauen sich häufig die große Mutter erwählen und Männer den Krieger. Die Gesamtidee Mensch auf der integralen, transpersonalen Stufe hältsicher neue Kreationen bereit. Zu dem gehe ich davon aus, dass der Resonanz-Modus der Versorgungssymbiose sich allmählich wandeln wird in den Resonanzmodus einer intimen Kooperation zum Wohle des Ganzen. Gleichbedeutend damit, dass für mich neue Archetypen wie Schwester- und Bruder Erde möglich sind. Mir wären deshalb Männer lieb, die uns Frauen nicht belehren über Schönheit und weibliche Essenz, um sie damit um ein weiteres Mal, subtil und stellvertretend von der Frau nehmend zu vereinnahmen. Es sei denn, sie strahlen sie selbst aus, verehrend und können sie schenken, in der Form, dass auch sie sie in ihrer Vollkommenheit aus dem Dunklen, aus der gesellschaftlichen Verleugnung ans Licht heben wollen, für sich selbst, um Zeichen für ihre Brüder zu setzen. Nicht dadurch, dass sie sich ”durch die Frauen hindurch lieben” (vgl. Deida), als gäbe es ein Recht darauf, sondern dadurch, dass sie ihr Verlangen nach Schönheit, Seele und Frieden, in diesen umwälzenden Veränderungen, der ganzen Welt schenken, allem was ist, das die starke, impulsierende, heiligende Kraft maskuliner Präsenz dringend braucht. Ganz praktisch. Da bin ich sicher. Der Archetyp der großen Mutter wäre darin gewandelt. Der neue, befreite Mann, Liebhaber kommt zur Geliebten, nicht zur Mutter. Wir können ein neues Miteinander aufbauen und deshalb liebe Männer und Frauen, lasst uns neue Archetypen finden. Es wird eine große Herausforderung sein (ähnlich wie bei einer Meditation), in der wir all unseren Mut, die Freude am Spiel und unser Bewusstsein brauchen, in der wir vor allem unser Ego hinter uns lassen können und kollektiven Geist, völlige Präsenz, Einsatz, Selbstentwicklung, Entschlossenheit und Verantwortung gewinnen werden. Und ein Mehr an Mensch!
Bewusstsein, Intelligenz, Menschen, unser Geist und Gott streben unendlich danach in Wechselwirkung und Interaktion zu treten. In der Sprache ”Integraler Evolution” gesprochen, können und dürfen wir keinen Bereich vernachlässigen. Sexualität ist nicht gleich Sexualität und zeigt sich mindestens in fünf bekannten Varianten und vielen blinden Flecken und Projektionen: Hetero-, Homo-, Bi- und transsexuell und in der Askese. In ihr, mir, der Evolution, existiert ein impliziter Drang zur Kommunikation und Wahrnehmung aller nur denkbaren, unbekannten, fühlbaren, mitfühlenden Potenziale und damit zur Weiterentwicklung in neue Zustände, Materie, Körper und komplexere Systeme. Im Rahmen der Weiterentwicklung von Sexualität haben wir es mit einer Evolution der Psyche und des eigenen Körpers zu tun und des spirituellen- und soziokulturellen- und zwischenmenschlichen Bereichs, in der, frei nach dem ”hermetischen Prinzip des Geschlechts”, die Zweigeschlechtlichkeit ausgewogen wirkt oder besser, bewusst wirken könnte, in allen Dingen, allem Lebendigen und allen Situationen und allen Wirkungen des GEISTES, also auch in mir, in Dir. Es geht weit über die sexuellen, physischen, gegensätzlichen Manifestationen hinaus.
Das Verlangen, die Bewegungen dieser Zweigeschlechtlichkeit, das Verlangen der Evolution, mit uns Menschen unser ”authentisches Selbst” zu kreieren, zu sein, wie es Andrew Cohen beschreibt, also auch beyonder gender zu manifestieren, sind diese zweigeschlechtlichen Qualitäten in einer Person, wenn sich Bewusstsein mit einem anderen Bewusstsein trifft und ein intimes Feld der Bewusstheit entsteht. Inmitten an der Nahtstelle, am Saum dieser Berührung, zwischen Geist und Materie, männlich und weiblich, erinnert sich das Selbst einerseits an die Quelle allen Seins, ursächlich, urgründlich und unbedingt. Es ist ohne Verlangen, aber empfänglich, ruhend, dort wo substanzielle Stille ist. Hier liegen Inspirationen und Bewegungen für Innovationen bereit. Rückwärts und Vorwärts. Das Selbst ist ausgewogen und verlangend, Ursache und Wirkung zugleich. Der Zustand dieser zweigeschlechtlichen Ekstase in einem Geschlecht, die dann weder männlich noch weiblich ist, ist ein befreites Sein wie Wirken im intersubjektivenRaum, jenseits persönlicher Befriedigung durch eine andere Person. Es ist ein Segen, höchst intim aber ohne Greifen und will segnen und liebt, unbedingt.
Ich habe erfahren dürfen, dass die absolute Sehnsucht nach Erkenntnis und Hingabe an dieses Selbst und an Demut, so präzise und scharf wie die Klinge eines Samuraischwertes wirkt und jeden Gedanken, jeden Widerstand, jegliches Konzept, Identität und jeden Selbstentwurf abtrennt. Plötzlich, unerwartet, in einem winzigen Augenblick, alles auf einmal. Leuchtende Leere. Wenn du Glück hast, dann schenkt sie, das dir in diesem schmerzvollen, sterbenden Gebären das süßeste Glücklicht deiner ewiglichen Existenz und Einsichten, die dich wissen lassen, dass Intimität und Unverletzbarkeit, Freude, Freiheit und Liebe dein volles und bereit stehendes, menschliches Potenzial sind und ein Vertrauen, mit dem du und ich durch unsere neuen Augen mehr sehen: Die Liebe jenseits von Geschlecht, Heterosexualität und Identität.
Bezüglich obiger Ausführungen zum dominanten Resonanz-Modus der Heterosexualität in unserem derzeitigen kollektiven Bewusstsein wünsche ich mir Übende, Seiende, neue Stufen begehrende, erwachende Herzen zu treffen, die eine Reise in neue, sehr diffenrenzierte Welten wagen, nicht fixierte, einseitige Männer und Frauen. Kein Zwang, Muss und weder sinnliche Gewohnheiten noch jegliche sexuelle Definitionen (auch die homosexuellen eingeschlossen) sollten uns davon abhalten, diesen Saum, das Ausgewogene gemeinsam zu berühren: in mir, Dir und uns und allem. Dies könnten Momente einer ”Askese voller Entfaltung” (Teilhard de Chardin) sein, in denen der intersubjektive Raum wie ein enthaltsamer, androgyner Guru ist.
Wir können bereit und achtsam dafür sein, dass wir unsere neuen Begegnungen nicht in das eintönige, getrennte und trennende Verlangen wie Verhalten nach Glanz (weiblich) und Glorie (männlich), jeweils durch das klassische Geschlecht besetzen. Eingeengt wird dabei die Chance, seiner innewohnenden Zweigeschlechtlichkeit, ausgewogenen Schöpfungskraft zu begegnen und diesem großartigen Fest offener, pulsierender Anziehung, die, wenn wir nicht greifen und sie ihre Bewegung nach Druckausgleich von selbst suchen lassen (also ohne zu greifen), sich aus ihrer ursächlichen Ausgewogenheit, direkt von der Quelle, in neue Ideen und neues Wissen ausdehnen wird, durch uns. Wenn wir uns, das zusammenführen, jenseits der Geschlechterdualität, dann gibt es nichts, was uns nicht für die kommenden Prozesse der Bewusstwerdung nicht gelingen könnte.
Ich glaube, dass nur in der alt schwingenden Energie, in patriarchalen Schichten der Bezogenheit von Frauen auf Männer und umgekehrt, mit all ihren Vorteilen, Schatten und subtilen Strategien, eine zielstrebige, maskulinere Frau in ihrem Leuchten und in ihrer weichen Liebe sowie liebenden Tatkraft von vielen Männern nicht gesehen, geschweige denn verehrt wird. Nicht durch ihre Zielstrebigkeit, eindringliche Präsenz, verringert sich ihre Ausstrahlung (vgl. Deida), sondern dadurch, dass jener Mann nicht leuchtet und in alten psychischen wie biologischen Mustern verhaftet ist und diese Frau nicht reflektieren kann, um ihr Licht sogar noch zu verstärken, bei dem was sie tut. Beispielsweise bei der Transformation unserer Systeme in gesunde, nachhaltige, ethische Strukturen. Zudem müssen Frauen diese Arbeit da draußen noch oft genug alleine tun, selbst in sozialen Organisationen, da viele Männer, die uns per Status-Hierarchie noch führen, sich in ihrer Selbstarbeit einfach nicht genügend anstrengen.
Wer von uns Frauen und Männern das Zusammenspiel der inneren Geschlechterpolarität erlebt hat, erahnt, zu welchen primären, strahlenden Gesten der Liebe, Klarheit und Aufrichtigkeit wir fähig sind, jenseits von Einseitigkeiten, Dualismen, Unerlöstheiten und Projektionen. Diese Authentizität macht frei und läst uns in Begegnungen gesund und verantwortlich sein und handeln. Die eigene, innere Geschlechterpolarität macht uns füreinander vollständig und ebenbürtig. Wer sich selbst, mit sich selbst in diese Seligkeit gebracht hat, auf welchem Weg des Übens, Verlierens, Sterbens, Verbrennens, Forschens, Liebens auch immer, der/die muss sich bei dem oder der anderen nicht mehr durch etwas hindurchlieben um anzukommen oder um Schönheit zu erfahren, er oder sie ist schon da, schon immer. Unabhängig davon, dass ein verantwortliches Gegenüber das Spiel, diese menschliche Freude natürlich auf zauberhafte Weise bereichern kann. Ich gehe davon aus, dass der neue Mensch, der zur Reife gelangte, ein integriertes, ausgewogenes darin bipolares, tanzendes, spielerisches, voll erblühtes androgynes Wesen sein wird: mental, emotional, psychisch, sexuell, spirituell und besonders körperlich durchdrungen ist, von der Leuchtkraft seiner innewohnenden Geschlechterpolarität, sodass wir zweimal, dreimal hinschauen werden müssen. Verlieben erlaubt!

Regina Hunschock
selbständige Dipl. Pädagogin, arbeitet seit über 15 Jahren als Trainerin, Coach, Autorin und Beraterin für NGO’s und Einzelpersonen. Ihre Methodenvielfalt und umfangreichen Erfahrungen erstrecken sich auf Psychodrama, Theaterarbeit, Systemische Familien- und Strukturaufstellungen, Systemisches Coaching, Marketing, Fundraising und Moderationsverfahren wie Open-Space, World-Café und Zukunftswerkstätten.