Die dunkle Seite des Geldes

Wirtschaft

Die dunkle Seite des Geldes

Oder: Wie macht man sich ein Problem mit „Geld & Reichtum“? 😉

Rolf Lutterbeck

Durch meine Arbeit als Coach und Gastgeber[1] von Aufstellungstagen (einige auch mit dem Schwerpunkt „ErfolgReich sein“) habe ich ständig mit Problem-Trancen (wie Gunther Schmidt es nennt) und Schattenaspekten zu tun. Oft geht es dabei um das Thema Geld, Reichtum und/oder Erfolg von dem im Folgenden die Rede sein soll.

Probleme sind konstruiert

Die konstruktivistische Erkenntnis der postmodernen, grünen[2] Welt ist „Die Welt ist das, was wir von ihr denken!“[3]. Auch der hypno-systemische Ansatz von Gunther Schmidt und die Grundannahmen des NLP[4] weisen darauf hin, dass man Probleme nicht „hat“, sondern sie sich „macht“ (konstruiert). Z.B. ist es sehr problemförderlich, wenn man sich seiner Stärken & Fähigkeiten nicht genug bewusst ist (oder diese zuwenig nutzt), wenn man übersieht, dass das Problem auch eine gute Seite hat (und ich den „Gewinn“ aus dem Problem nicht aufgeben möchte) oder wenn man nicht weiß, was nach der Problemlösung zu tun ist (evtl. auch Unangenehmes).

Quadrantensichten auf Geld und Geld-Probleme

So wie (das Artefakt) Geld vier Quadrantenanteile hat (OR[5]: das sichtbare, messbare Geld, evtl. nur als Zahl auf einem Konto; OL: die Idee von Geld als Zahlungs-/Tauschmittel; UR: die verschiedenen funktionalen Abläufe wie Zahlungen, Geldtransfer, Geldstrukturen, etc.; UL: die gesellschaftliche Bedeutung von Geld), so kann ich auch auf vier unterschiedliche Arten (bzw. einer Kombination daraus) ein Problem mit Geld & Reichtum erreichen:

1.     (OR) Mein konkretes Verhalten und mein Auftreten sind nicht „nützlich“.
2.     (UR) Meine funktionalen Abläufe (Organisation, Verhandlungen, Akquise, Geldanlagen, etc.) sind nicht optimal.
3.     (OL) Meine Einstellung (Ich-Verständnis, Werte, Überzeugungen) ist behindernd.
4.     (UL) Meine sozialen Prägungen (Herkunft, Umgebung) schränken mich ein

Die Außen-Komponenten des Problems

Auf die „äußeren“ Problemanteile (z. B. OR: geiziges oder verschwenderisches Verhalten, emotionale Impulshandlungen statt rationale Aktionen; oder UR: falsche Geldstrategien, -anlagen) möchte ich hier weniger eingehen. Diese kann ich über das Lernen neuer Verhaltens- und Vorgehensweisen (Selbststudium, Training, Beratung, etc.) und/oder professionelle Unterstützung lösen.

Zum richtigen Umgang mit Geld gibt es – meist aus der modernen (orangen) Welt – eine Vielzahl von Informationen in Büchern, Zeitschriften, Zeitungen und sonstigen Medien. Nützliche Fragen sind etwa: „Was machen erfolgreiche Menschen anders? Wie würde ein Millionär vorgehen? Was sind bewährte Finanz-Strategien? Wie kann ich mich besser verkaufen?Wo finde ich einen guten Berater?“. Siehe hierzu auch die Buchbesprechung zu „Generation Pleite – was tun, wenn das Geld nicht reicht?“. 

Innen kann man „wirkungsvoller“ Probleme erzeugen

Das Unbewusste (im OL und UL) und die (bewusste) innere Einstellung haben meiner Ansicht nach in den meisten Fällen den „ursprünglicheren“ Anteil an länger andauernden Problemen als falsches Verhalten und falsche Aktionen. Alle Quadranten beeinflussen sich zwar prinzipiell gegenseitig; eine Veränderung im Innen ist aber nach meiner Erfahrung oftmals  wirkungsvoller, als nur eine Veränderung im Außen.

Exkurs: Die Ein-Stellung zu Geld

An (Geld-)Aufstellungstagen führe ich manchmal ein Spiel  zur Bewusstmachung der Ein-Stellung durch: Ich stelle mitten in den Raum einen Repräsentanten für Geld & Reichtum auf und lasse dann sich alle im Raum dazu positionieren (gleichzeitig). Das dabei entstehende Bild gibt schon spannende Einblicke in die „Geld-Realität“ der Anwesenden. Z.B. rangeln sich einige um eine „gute“ Position, andere lassen sich verdrängen; die meisten haben das Geld in ihrem Blick – einige sind zu 100% auf das Geld ausgerichtet (passt zur Geldbedeutung der westlichen Welt); nur wenige schauen gar nicht zum Geld (aus Ignoranz/Ablehnung oder, weil Geld einfach dazu gehört und man ihm gar nicht Aufmerksamkeit schenken muss).

Wenn sich alle ihr „Beziehungsbild“ zu Geld & Reichtum bewusst gemacht haben, lasse ich anschließend jede Person einzeln drei Positionen im Raum ausprobieren. Was fühlt sich besonders stärkend/gut an, der Platz direkt neben dem Geld-Repräsentanten (das „Geld“ steht einem links oder rechts zur Seite) oder der Platz unmittelbar vor dem Geld (das „Geld“ stärkt einem den Rücken)? Durch diese Übung entsteht ein erstes Bewusstsein, das Geld auch als stärkende Ressource gesehen werden kann, statt – wie häufig – als Ziel, dasman erreichen möchte.

Wenn wir den oberen linken Quadranten betrachten, dann haben wir hier das große Feld von Selbst-Bewusstsein (der Kontakt zu mir selbst), Glaubenssätzen/Überzeugungen (wovon bin ich überzeugt, dass es in der Welt so und nicht anders ist) und Werten (was ist mir wichtig, was unwichtig). Geld an sich ist ja ein „neutrales“ Artefakt (s.o.), die Bedeutung gebe ich ihm (wie alle anderen auch).

Limitierende Überzeugungen (OL)

Die Auswirkung von Überzeugungen (Bedeutungsgebung) wie „Geld stinkt!“, „Reiche Menschen sind keine guten Menschen[6]!“, „Materie ist schlecht, Spiritualität ist gut!“ oder auch „Man muss sich anstrengen, um erfolgreich zu sein!“ auf mein Verhalten (und damit auch auf meinen Erfolg) ist anders, als wenn ich denke „Geld ist gut – damit kann ich viel Gutes tun!“, „Es ist genug für alle da!“ usw. 

Testen Sie sich selbst 

Sagen Sie einmal laut (oder auch nur „innerlich“) den Satz „Ich habe es verdient, in Reichtum und Überfluss zu leben!“. Spüren Sie dabei, ob sich der Satz gut sagen lässt, sozusagen stimmig ist oder ob er ein ungutes Gefühl auslöst. Hier bekommen Sie eine erste Information, ob Sie sich genügend „wert“schätzen, sofern Reichtum und Überfluss in Ihrer Wertewelt etwas Positives ist[7].

Mit dem etwas modifizierten Satz „Ich darf in Reichtum leben!“ können Sie prüfen, ob eine innere Erlaubnis da ist. Fehlt diese, ist das oft ein Hinweis, dass es – meist aus der Herkunftsfamilie – eine Person gibt, die es einem – zumindest in der Vorstellung – nicht erlaubt oder gönnt. Sollte sich also dieser Satz nicht gut anfühlen, dann gibt es wahrscheinlich eine „Loyalität“ (sog. systemische Verstrickung) zu einem Vorfahren. Möglicherweise wiederholen Sie in Ihrem Leben ein Geldproblem-Muster aus der Vergangenheit (und „ehren“ damit diese Person). Mehr dazu siehe unten (Abschnitt „Probleme aus unbewussterLiebe“).

Blaue, orange und grüne Prägungen

Entstanden sind diese inneren Sätze durch jahrzehntelange Lernerfahrungen aus dem kulturellen Umfeld (UL), selten durch eigene Überlegungen. Aus der blauen Kultur kommen häufig sehr limitierende Regeln, etwa die Vorstellung, dass Gelderwerb mühsam ist (z.B. der Bibelspruch „Im Schweiße deines Angesichts sollst Du Dein Brot verdienen!“ oder „Schuster bleib bei deinem Leisten“ oder „Reich muss man schon geboren werden“).

Die orange Welt ist bzgl. Geld oft viel positiver: „Jeder kann Millionär werden!“. In der grünen Welt wird Geld meist wieder häufig negativ gesehen, als „böse Materie“ und unvereinbar mit Spiritualität. Vereinfacht gesagt: die orange Welt kann zurzeit am besten mit Geld umgehen[8]. Die „Integralen“ werden das in Zukunft übertreffen, weil sie in der Lage sind rotes Durchsetzungsermögen, blaue Sicherheit und gute Traditionen, orangenes Erfolgs- und Optimierungs-Denken, und grünes Sozialempfinden in ihrem Geldbezug miteinander zu integrieren und zu versöhnen.    

Ist Geld wichtig? (OL)

Wie passen Geld und Reichtum in die Wertewelt? Ist Geld positiv oder negativ besetzt? Wachsende Liebe (im universellen Sinne) kann immer mehr Menschen und andere Holons (wie z.B. Geld, Autos, Computer) wertschätzen und „umarmen“. Provokativ gesagt: Ablehnung von Geld ist also eigentlich ein Zeichen von mangelnder Liebe (bzw. Spiritualität). Man kann mit Geld soviel Gutes für die Welt tun.

Probleme aus unbewusster Liebe (UL-Anteil)

Die häufig massivste Auswirkung bei Problemen (bis hin auch zu Krankheiten) hat eine sog. systemische „Verstrickung“. Oder – wie man es auch nennen kann – die Loyalität zur Familien-Religion, d.h. die „Rückbindung[9]“ an die Herkunft.

Eine der großen Bedeutungen des unteren linken Quadranten ist: Niemand ist eine Insel, wir sind alle eingebettet in zeitlich sich entwickelnde Gemeinschaften von Beziehung, Familie und Nation. Wie in Aufstellungen sich immer wieder zeigt, folgen menschliche Systeme (soziale Holons) offenbar unbewusst gewissen systemischen Prinzipien. Ein Prinzip ist, dass jeder seiner Herkunftsfamilie in gewisser Form ähnlich (der Familienreligion treu) bleiben muss[10]. Wenn mein Großvater z.B. Konkurs gemacht hat und mein Vater auch, so ist die Wahrschein­lichkeit höher als bei anderen, dass mir das auch passieren kann.

Die gute Nachricht ist: Ich kann mir die Ähnlichkeiten aussuchen, d.h. mich – mit professioneller Hilfe – von negativen Mustern auch lösen (z.B. mit lösenden Ritualen in der Aufstellungsarbeit) und die anderen positiven bzw. nicht-störenden „Familien-Muster“ beibehalten.

Geben Sie Geld einen guten Platz in Ihrem Leben!

Sollten Sie, liebe Leserin, lieber Leser, also ein Problem mit Geld & Reichtum haben und daran etwas ändern wollen, so forschen Sie doch mal, wem Sie da ähnlich sind (UL), wie sehr Sie limitierende Glaubenssätze haben (OL), Geld nicht „lieben“ können (OL) oder einfach nur falsch handeln (OR, UR).

Sollte Ihre Wertewelt ihren Schwerpunkt bei grün haben, so müssen Sie für materiellen Erfolg nicht regredieren (nach Orange) sondern Sie können sich nach Gelb entwickeln.

[1] Prof. Varga von Kibéd – Entwickler der wissenschaftlich fundierten Strukturaufstellungsarbeit – nennt Leiter von Aufstellungen häufig Gastgeber, da man eigentlich keine Aufstellung aufgrund ihrer Komplexität leiten kann. Man kann nur versuchen, ein möglichst guter Gastgeber für entstehende Lösungen in Aufstellungen zu sein. Bei dieser Arbeit geht es allgemein darum, innere Wirklichkeiten und Gegebenheiten, wie beispielsweise die eigene Einstellung zum Geld, konkret im Außen mit Personen oder Symbolen aufzustellen, um sie sich so bewusst(er) zu machen. 

[2] „Grün“ bezeichnet den Entwicklungs-Level 6 aus dem Spiral Dynamics-Modell, das postmoderne Weltbild (mehr dazu siehe www.rolfl.de/wilber). Auch die weiteren in diesem Aufsatz verwendeten Farbbezeichnungen sind die von Spiral Dynamics.

[3] aus der integralen Sicht ist das richtig, aber nur teilweise: nicht alles ist nur konstruiert

[4] NLP (Neuro-Linguistisches Programmieren) bezeichnet seit den 70er Jahren eine ständig wachsende und sich verändernde Sammlung von (konstruktivistischen) Grundannahmen und höchst-effizienten Mental- & Kommunikationstechniken, die inzwischen weltweit von wahrscheinlich Millionen Menschen in der Kommunikation und insbesondere in Coaching & Therapie genutzt wird

[5] Die Abkürzungen OR, OL, UR, UL stehen für oben-rechts, oben-links, unten-rechts und unten-links (die vier Quadranten)

[6] Bill Gates ist der größte Spender der Welt

[7] Wer Geld nicht wertschätzen kann, muss sich auch nicht wundern, wenn das Geld auch nicht „zu einem kommt“.

[8] Weitere Pauschal-Statements: Die rote Welt rutscht schnell in die Kriminalität, die blauen Konservativen sind oft zu sicherheitsbedürftig und unflexibel und die „Grünen“ neigen dazu, Materielles abzulehnen.

[9] Rückbindung ist die wörtliche Bedeutung des lateinischen Begriffs religio

[10] Ich werde z.B. immer ein „Lutterbecker“ bleiben 🙂

(aus: Online Journal 15)

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