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Kaum ein Künstler der Gegenwart ist so häufig mit Begriffen wie „Schamane“ oder „Schamanismus“ zusammengebracht worden wie der deutsche Bildhauer, Zeichner und Performance-Künstler Joseph Beuys. Oft waren diese Bezeichnungen auch diskreditierend gemeint, im Sinne von „Scharlatanerie“ oder einem dubiosen Mystizismus, den Beuys angeblich zur effektiven Selbstdarstellung eingesetzt habe. Doch es gibt viele Belege dafür, dass Beuys ein großes Interesse am Schamanismus hatte und Symbol- und Ausdrucksformen aus diesem Bereich in seine Kunst übernahm. So gab er Zeichnungen Namen wie „Schamane“, „Schamanin“, „Haus des Schamanen“ „Werkzeuge des Schamanen“ oder „Schamanentrommel“ und auch Titel wie „Initiation“, „Hirschmann“, „Tierfrau“, „Vogelmensch“ und „Urschlitten mit Totengeistern“ deuten auf seine Beschäftigung mit entsprechenden Traditionen hin. Beuys besaß Fachbücher des Religionswissenschaftlers Mircea Eliade und des Völkerkundlers Hans Findeisen über das Thema[1] und kannte den mehrstündigen Film „Schamanen im blinden Land“ des Ethnologen Michael Oppitz, der ihm viel über seine Forschung erzählte. [2]  Schließlich erwähnte Beuys selbst in Interviews die „schamanische“ Komponente seiner künstlerischen Arbeit, die er etwa im Aufzeigen der „Traumata der Zeit“ und der „Initiation eines Heilungsprozesses“ erblickte.[3] Er habe versucht, so Beuys in einem Filmporträt, „im Bilde des Schamanen“ darauf hinzuweisen, „dass es ganz andere Dimensionen des Lebens gibt, dass es ganz andere Kräfte in der Welt gibt, von denen der Mensch gegenwärtig systematisch durch die politischen Systeme abgeschnitten wird.“ [4] Mit den „politischen Systemen“ meinte Beuys wohl die Kräfte des Materialismus und Kapitalismus, die für ihn die Verursacher der Zerstörung von äußerer und innerer Natur waren. 

Natürlich wird der Begriff „Schamane“ in all diesen Zusammenhängen eher metaphorisch gebraucht. Kein Fachethnologe würde Beuys wirklich so bezeichnen, denn Schamanen sind eigentlich Heiler, Priester, Richter und Zeremonienmeister von indigenen Stammesgesellschaften, die Rituale für ihre Gruppe ausüben und für diesen Beruf extra auserwählt werden. Dies ist eine sehr anstrengende soziale Aufgabe, vor deren Strapazen sich die Auserkorenen fürchten und der sie bei der Berufung durch einen Lehrmeister eigentlich zu entgehen versuchen. Beuys aber lebte weder inmitten eines indigenen Volkes, noch hatte er einen spirituellen Lehrer, der ihn in schamanische Tätigkeiten einführte. Doch er wählte selbst gelegentlich die Bezeichnung „Schamane“ und zwar weniger, weil er sich mit mystischen Attributen erhöhen wollte, sondern weil er eine tiefe Wesensverwandtschaft zu diesem Beruf verspürte, was ja seine Beschäftigung mit der entsprechenden Literatur auch nahelegt.

Beuys versuchte, über seine Kleidung, seine Rituale und seine Naturphilosophie diese archaische, heute fast ausgestorbene Tätigkeit in die Gegenwart zu transportieren und dabei die Menschen durchaus auch zu provozieren. Zwar verwendete er kein echtes Schamanenkostüm und auch keine entsprechende Trommel, aber der Kunsthistoriker Dieter Koepplin hat darauf hingewiesen, dass Beuys’ Mantel aus Luchsfellen möglicherweise eine Beziehung zu schamanischen Traditionen aufwies. Koepplin fand in Hans Findeisen’s Buch „Das Tier als Gott, Dämon und Ahne“, das Beuys besaß, eine Stelle, wonach die Märchen der Alaska-Eskimos oft mit dem Satz beginnen: „Es geschah zu einer Zeit, als man bald Mensch, bald Tier war.“ Tiere, so Findeisen, konnten im Weltbild solcher Kulturen durchaus zu Menschen werden, wenn sie ihr tierisches Gewand abwarfen und umgekehrt konnte sich der Mensch in ein Tier verwandeln, indem er sich in das Fell eines solchen Geschöpfes hüllte. [5] Beuys’ Pelzmantel erfüllte wohl eine ähnliche Funktion und der Künstler trug auch immer ein Stückchen Hasenfell an seiner Kleidung, weil er sich als ein Naturwesen verstand, das mit nichtmenschlichen Lebensformen kommunizieren konnte. Dasselbe tun Schamanen, deren Kleid oft mit Federn und Knochen bedeckt ist und deren Trommel aus einer Tierhaut besteht, mit deren Klängen man Tiergeister herbeirufen kann. Auch die bereits genannten Titel von Zeichnungen wie „Tierfrau“, „Vogelmensch“ und „Hirschmann“ bezeugen Beuys’ Faszination für Verwandlungsprozesse zwischen Tier und Mensch, wie sie zu jeder schamanischen Kultur dazugehören. In legendären öffentlichen Aktionen führte der Künstler dem Publikum solche Metamorphosen vor, etwa in „Der Chef“ (1964), „Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt“ (1965) und „I like America and America likes me“ (1974).

In der Berliner Performance „Der Chef“ lag Beuys - eingehüllt in eine Filzdecke - acht Stunden lang auf dem Boden einer Galerie und stieß während dieser Zeit immer wieder über ein Mikrophon Tierlaute (z.B. „ö, ö“) aus. An seinem Fuß- und Kopfende lag jeweils ein toter Hase, mit denen Beuys zu kommunizieren versuchte. Die Absicht des Künstlers wird klarer, wenn man folgende Äußerungen von ihm zu dieser Aktion liest: „Die Laute, die ich von mir gebe, sind bewusst von Tieren bezogen. Ich sehe darin die Möglichkeit, mit anderen Formen von Existenz in Verbindung zu kommen, jenseits der menschlichen … Mir kam es darauf an, stellvertretend für den toten Hasen Information abzugeben … auszudrücken, dass die menschliche Sprache aus diesen (tönenden) Elementen auch schon besteht.“ Beuys sagte, er habe in dieser Aktion versucht „das, was ein Tier sozusagen an Geistigkeit hat, mithineinzunehmen, hineinzunehmen in das, was wir verloren haben an - wie soll ich sagen - Kultur.“ [6]

Bis heute wirken solche Kunstaktionen auf viele Menschen irritierend, aber es hängt wohl vom kulturellen Hintergrund ab, wie man sie bewertet. Für einen Schamanen aus Sibirien, Nepal oder dem Amazonasgebiet wäre das, was Beuys sagt, nichts Außergewöhnliches. Die Mythen und kulturellen Überlieferungen indigener Völker gehen nicht von einer schroffen Trennung zwischen Geist und Natur, Mensch und Tier aus, sondern von Gradabstufungen und möglichen Metamorphosen. Die Zwischenwände zwischen dem Menschlichen und Animalischen sind dort durchlässiger als in unserer westlichen Kultur, die sich - durch Christentum und Aufklärung geprägt - viel darauf einbildet, das „Tierhafte“ durch eine hochentwickelte Zivilisation hinter sich gelassen zu haben. Beuys durchschaut diesen Schein und versucht, animalische Relikte in sich zu erkunden. Was mag er empfunden haben, als er acht Stunden regungslos in der Filzdecke zwischen den toten Hasen lag? Wurde er selbst bewegungslos wie die Tierkadaver und konnte sich so besser in sie hineinversetzen? Beim Ausstoßen von Tierlauten ohne semantischen Inhalt merkt er, dass auf einer tieferen Ebene der menschlichen Sprache noch dieses animalische Erbe vorhanden ist. In der Dunkelheit des Filzes ist der Künstler auf einmal kein rationales Wesen mehr, das dem „Licht der Vernunft“ huldigt, sondern ein fühlendes Geschöpf, das auf einfachste körperliche Prozesse zurückgeworfen wird: Liegen, Atmen, Ausharren, Warten, Spüren, Riechen, Hören, Nach-innen-Hören. Beuys übt dabei Reaktionsformen ein, die eher aus dem Instinkt als aus bewusster Überlegung kommen und die dicht mit der Erde verbunden bleiben statt in „aufrechtem Gang“ über sie hinwegzuschreiten.

All das nennt Beuys die „Geistigkeit des Tieres“, die er in unsere verkümmerte „Kultur“ mit hineinnehmen will. Damit provoziert er einen Kulturbegriff, der über zu viel Domestizierung und Rationalisierung tiefere emotionale und intuitive Schichten verdrängt hat und macht uns auf die Notwendigkeit aufmerksam, diese Seiten in uns wieder zu integrieren.

Ähnliches praktizierte der Künstler 1965 in der Aktion „Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt“, die noch höhere Wellen der Empörung schlug. Beuys ließ sich den Kopf mit Honig einschmieren, mit feinem Blattgold belegen und ging mit einem toten Hasen im Arm durch eine Galerie, um ihm Bilder moderner Malerei zu erklären. Was für viele Zuschauer wie geschmackloser Unsinn wirkte, machte für Beuys durchaus Sinn: Er sah in Gold und Honig „Wärmesubstanzen“, die auf sein erkaltetes, intellektuelles Denken im Kopf einwirken sollten, um es wieder in Bewegung zu bringen und ihm seinen „Todescharakter“ zu nehmen. Diesen spürte Beuys u.a. in der damals oft verbreiteten aggressiven Abwehrhaltung vieler Menschen gegenüber avantgardistischer Kunst, auch gegenüber seiner eigenen. Indem er mit einem toten Tier durch eine solche Ausstellung ging, wollte er den verunsicherten Zuschauern klarmachen, „dass sogar ein toter Hase … die Bilder der modernen Kunst besser versteht als der Mensch mit seinem verkorksten, sogenannt rationalistischen Intellekt.“ [7] Wieder wird hier die Grenze zwischen Tier und Mensch dünn, bzw. kommuniziert der Künstler – wie der Schamane – mit nichtmenschlichen Wesen, um sich deren Fähigkeiten anzueignen. Die Bienen, denen Beuys seine Honig- und Goldhaube verdankt, schenken ihm Wärmeimpulse, um beweglicher denken zu können und der Hase intuitive Kräfte, die für Beuys in Bezug auf das Verstehen moderner Kunst wichtiger sind als der rein logische Verstand. Der Künstler bekommt also in einem Ritual Beistand von Hilfsgeistern aus der Natur, die sein begrenztes Denk- und Fühlvermögen erweitern. In einer Talkshow hat Beuys den Hasen einmal sogar als ein „Außenorgan“ des Menschen bezeichnet, ohne das dieser nicht leben könne. Wie der Mensch den Wald als eine Art Lunge brauche und das Korn als Nahrung, so benötige er „die vielfältige Tierwelt zum Fruchtbarwerden der Erde. Also da er das alles braucht, braucht er diese Natur und auch das Tier, wie er sein Herz braucht, wie er seine Leber und seine Lunge braucht. Also kann man einen Hasen als ein Außenorgan des Menschen nehmen.“ [8]

War auch der Coyote, mit dem Beuys 1974 mehrere Tage in einem Käfig in New York verbrachte, eines von seinen „Außenorganen“, mit denen er das beschränkte Gesichtsfeld seiner westlichen Rationalität erweitern konnte? Einiges spricht dafür und auch diese denkwürdige Performance knüpfte an schamanische Kulturen an. Sie war - wie alle Aktionen von Beuys - ein Heilritual in vielfältigem Sinne. Einmal für ihn als Europäer, der in einem Krankenwagen auf einer Bahre anreiste, als „Verwundeter“, der im Kontakt mit dem wilden Tier Regenerationskräfte zu erlangen versuchte. Ferner ein Heilritual für das gestörte Verhältnis der Amerikaner zu ihrer wilden Natur und ihren Ureinwohnern, den Indianern, für die der Coyote ein heiliges Tier war. Beuys besaß das Buch „The Voice of the Coyote“ von J. Frank Dobie, in dem zahlreiche Geschichten erzählt werden, die das enge Verhältnis der Indianer zu diesem Tier bekunden. Der Coyote galt den Ureinwohnern Amerikas als ein Wesen mit vielen Qualitäten. In seinen vielfältigen Lautäußerungen hörten sie einen listigen Stimmenimitator, einen traurigen Sänger und zahlreiche Nuancen von Gelächter, die sie in Ritualen nachzuahmen versuchten. Der Coyote galt als ein sehr intelligentes Tier, das verirrten Indianern helfen konnte, Wasserstellen zu finden und das sehr flexibel auf Notstände reagierte. Je nach seinem Aufenthaltsort konnte er seine Ernährungsgewohnheiten umstellen und sowohl mit Ratten, Kaninchen, Fröschen als auch mit Wurzeln im trockenen Wüstensand Vorlieb nehmen. Manche Indianerstämme vermuteten, dass Coyoten bevorstehende Todesfälle vorausahnen konnten, was zu nächtelangem Geheul führte, für das kein anderer Grund zu erkennen war. [9] Vor allem die Schamanen der Navajo verehrten dieses Tier und stellten Masken von ihm her, mit denen sie sich bei kultischen Tänzen in seine Seele zu verwandeln suchten. Die weißen Amerikaner jedoch fürchteten und verachteten den Coyoten, in vielen Western gibt es Szenen, wo Cowboys beim Geheul dieses Tieres sofort ihr Gewehr laden, um es totzuschießen.

Er habe die Aktion „I like America and America likes me“, so Beuys, nicht nur gemacht, um dieses Tier in der Aktion zu erfassen, sondern auch um das Schicksal zu thematisieren, das atmosphärisch mit ihm verbunden ist. Der Coyote sei „der Volksfeind Nummer eins für Amerika“, allerdings im Unterbewusstsein dieser Nation. Beuys spricht das Trauma an, das die Amerikaner wegen ihrer Ausrottung der „roten Rasse“ immer noch umtreibe und das sie in den Coyoten als heiliges Tier der Indianer hineinprojizierten. Wie ein Schamane auch bestimmte psychische Erkrankungen heilt, so versuchte auch Beuys, in einer symbolischen Aktion traumatische Prozesse der amerikanischen Geschichte zu „therapieren“.

Wenn er den Boden des Käfigs, in dem er auf den Coyoten trifft, mit Seiten des Wallstreet-Journals auslegt, spielt er damit auf die kapitalistische Gier an, die den Indianern über Jahrzehnte lang Land und Bodenschätze weggenommen hat. Der Coyote darf auf ihnen herumtrampeln, sie zerreißen und auf sie urinieren. Als Hirte verkleidet, schaut Beuys all diesen Aktivitäten ruhig zu. Er lässt das „Wilde“ agieren und fürchtet seine Nähe und intensive Präsenz nicht. Auch als der Coyote mit seinen scharfen Zähnen an Beuys’ Filzmantel zerrt, bleibt der Künstler gelassen und lässt nur manchmal auf einer Triangel zarte Töne erklingen, die das Tier erstaunen und beruhigen. Auf den berührenden Schwarz-Weiß-Fotos von Caroline Tisdall [10] gibt es Momente von großer Nähe zwischen Mensch und Tier. Manchmal meint man zu spüren, wie Beuys selbst Teil der Coyoten-Seele wird und ganz in der Aura dieses Tieres aufzugehen scheint. In einem Interview zu der New Yorker Aktion spricht Beuys auch von der „Gruppenseele des Coyoten“, was seine Kenntnis der Philosophie Rudolf Steiners verrät. Für Steiner waren Tiere weniger ausgeprägte Individuen, als Teile einer größeren „Gruppenseele“, die ein feinfühliger Mensch intuitiv erspüren kann. Beuys meint, er habe in dem Käfig wahrgenommen, was diese „Gruppenseele des Coyoten“ erlitten habe, die das Bedürfnis habe, „mit dem Menschen zu sprechen.“ Der Künstler, der weiß, dass solche Gedanken von vielen als Esoterik belächelt werden, fügt hinzu: „Das ist natürlich eine Vorstellung, die im materialistischen Zeitalter exakter, sogenannter exakter naturwissenschaftlicher Begriffe nicht mehr im menschlichen Bewusstsein und in der Vorstellung liegt. Deswegen ist die Kunst sehr wichtig.“ [11]

Diese Bemerkung ist bedeutsam, weil sie viel über Beuys’ Kunstbegriff und seine Nähe zu schamanischen und spirituellen Dimensionen verrät. Er glaubte wirklich, während konzentrierter Kunstaktionen innere Sinnesorgane aktivieren zu können, um damit in Wirklichkeitsbereiche jenseits unserer alltäglichen Wahrnehmung einzudringen. Das erhebt seine Aktionen von einer rein symbolisch-ästhetischen in eine metaphysische Ebene und unterscheidet ihn von vielen anderen zeitgenössischen Künstlern. Beuys war, ähnlich wie ein Schamane, überzeugt, während der Performance in New York zur realen „Gruppenseele“ der von den weißen Amerikanern malträtierten Coyoten vorgedrungen zu sein. Nicht nur in Form einer Metapher, sondern in der vollen Wirklichkeit dieser energetisch hochaufgeladenen Performance. Für Beuys waren menschliche Seelenkräfte wie Imagination, Inspiration und Intuition keine bloßen Phantasietätigkeiten, sondern Wahrnehmungsorgane für höhere „übersinnliche“ Welten. In der Fähigkeit, diese erleben zu können, sah sich Beuys mit Rudolf Steiner verbunden, den er „den größten in unserer eigenen Zeit“ nannte. [12]  In einem Brief an den Anthroposophen Manfred Schradi meinte Beuys sogar, dass Steiner ihm den Auftrag gegeben habe, „den Menschen die Entfremdung und das Misstrauen gegenüber dem Übersinnlichen nach und nach wegzuräumen.“ [13] Mit dem „Übersinnlichen“ agiert auch der Schamane: die Geister und Dämonen, die er während seiner Trancereisen befragt, bewohnen einen unsichtbaren Raum, den unsere normalen Sinnesorgane nicht sehen können. Doch während der Schamane Trommelklänge und Drogen benutzt, um in diese Sphären zu gelangen, genügten Beuys symbolisch aufgeladene Materialien und Orte, um seine Intuition so zu schärfen, dass er zum übersinnlich Schauenden werden konnte. Viele Kritiker des Künstlers halten dies für Unsinn bzw. sehen in solchen Behauptungen wieder nur effektvolle Mittel der Selbstinszenierung. Und auch Kunsthistoriker, die Beuys wohlgesonnen sind, halten sich mit diesbezüglichen Überlegungen zurück, weil sie fürchten, sonst in die Esoterikecke gestellt zu werden. Es gibt aber von Beuys selbst derartig viele Äußerungen, die ihn in der Nachfolge von Rudolf Steiner als einen mit „Hellsichtigkeit“ begabten Künstler ausweisen, dass man dieses Thema nicht mit bloßer Ironie, Relativierung oder Totschweigen abtun kann. [14]

„Ich weiß, dass ich mit Kräften umgehe“, sagte Beuys zu seiner Mitarbeiterin Rhea Thönges-Stringaris und sie erlebte einmal selbst mit, wie dies auf fast unheimliche Art in einem Gewächshaus geschah. Die Kunsthistorikerin erinnerte sich während eines Interviews zu meinem Film „Zeige deine Wunde“, dass ihr Beuys beim Besuch eines Botanischen Gartens plötzlich wie verwandelt erschienen sei: „Das war ein ganz anderes Wesen neben mir. Es war ein so intensives Erlebnis, dass es mich sofort attackiert hat. Durch die Düfte und Ausdünstungen dieser Pflanzen war er ganz in dieser Pflanzenwelt drin. Er war ganz weg, aber gar nicht in Trance. Da habe ich gemerkt, er hat wirklich diese Kräfte des Schamanen, gleichzeitig da und dort zu sein.“ [15] Bei dem Wort „Schamanen“ muss Rhea Thönges mitten im Gespräch kurz lachen. Es wirkt so, als ob es ihr peinlich wäre, diesen Begriff hier wirklich zu benutzen, als ob sie fürchtet, dafür später ein mitleidiges Lächeln einstecken zu müssen. Aber die Intensität ihrer Erinnerung lässt keinen Zweifel daran, dass es sich hier um eine echte Erfahrung handelt, in der ihr Beuys als ein mit besonderen Fähigkeiten begabtes Wesen erschienen war. Vielleicht ist dies genau der Punkt, der bei vielen Menschen bis heute eine bestimmte Gereiztheit gegenüber diesem Künstler auslöst, nach dem Motto: Da will sich einer überhöhen, mehr sein als die anderen, „auserwählt“, „hellsichtig“, ein „Priester“, „Erleuchteter“, „Schamane“. Sicher spielt auch Angst in diese allergischen Reaktionsformen hinein, eine Unsicherheit, ob nicht vielleicht doch etwas Wahres an der Sache sein könnte. Interessant ist die Beobachtung, dass vor allem in Deutschland gegenüber Begriffen wie „Spiritualität“, „Magie“ und „Schamanismus“ weniger Skepsis herrscht, wenn sie aus außereuropäischen Kulturen kommen. Spricht ein Indianer aus dem Amazonas-Regenwald über solche Erfahrungen oder der vielbewunderte Dalai Lama, hören alle respektvoll zu und öffnen sich staunend den unterschiedlichen Erfahrungsformen anderer Kulturen. Thematisieren aber Vertreter eigener spiritueller Traditionen (z.B. Anthroposophen) solche Dinge, erwachen sofort Instinkte von Misstrauen, Abwehr und Kritik. Schützt die Exotik der mystischen Erfahrungen von indigenen oder fernöstlichen Kulturen diese vor unserer Skepsis oder haben wir Angst, mit einer eventuellen Kritik rassistische oder kolonialistische Stereotypen zu bedienen? Jedenfalls reizt gerade Beuys’ Umgang mit spirituellen, schamanischen und anthroposophischen Themen immer wieder die Gemüter und führt zu heftigen, z.T. auch unfairen Anschuldigungen. [16]

Entkrampfend wirkt hier die Lektüre neuerer ethnologischer Literatur, in der Phänomene wie „Animismus“ und „Schamanismus“ wieder ganz neu bewertet werden. So fragen die Autoren des Sammelbandes „Animismus-Revisionen der Moderne“, ob der Begriff „Animismus“ nicht die Grundvoraussetzungen des modernen Denkens produktiv hinterfragen könnte und ob nicht derartige Kosmologien auch einen Anspruch auf Wirklichkeit hätten. Würde es nicht, ganz im Sinne des Schamanismus, Sinn machen, auch Tieren, Steinen und Pflanzen den Status von „Personen“ zu geben? [17] Anders als in der Vergangenheit, werden hier animistische Konzepte nicht mehr als vormoderner „Kinderglauben“ abgewertet, sondern in der Nachfolge von Claude Levi-Strauss  als ein alternatives „wildes Denken“ ernstgenommen. [18] Dieses besteht für die Autoren des Buches aus einer „relationalen Epistemologie“, für die die tiefen Beziehungen zwischen der menschlichen und nichtmenschlichen Welt wichtiger sind, als die im abendländischen Denken jahrhundertelang eingeübte Subjekt-Objekt-Trennung. [19] Fühlen nicht auch wir uns ständig von beseelten Dingen umgeben, fragt der Ethnologe Alf Hornburg, von unseren IPhones, Laptops, Lieblingsautos, Haustieren und Teddybären? Ist nicht unsere Definition einer „toten Objektwelt“ selbst nur das Produkt einer metaphysischen Konstruktion und haben wir damit nicht uralte animistische Fähigkeiten zur Verbundenheit sträflich unterdrückt? [20] „Ließen wir wirklich die Verbindung unseres Denkens mit der alternativen indianischen Logik zu“, so fasst es der Philosoph Bruno Latour zusammen, „müssten wir auch auf die gesamten in den Sozialwissenschaften so weit verbreiteten kantischen Ideale verzichten“ und unser eigenes westliches Denken „dekolonisieren“ [21]

Solche, auch von dem Levi-Strauss-Schüler Philippe Descola[22] vorgebrachten, Thesen werfen ein neues Licht auf mythologische, animistische und schamanische Denkformen und geben der spirituellen Kunst eines Joseph Beuys eine neue Legitimität. In der Tradition von keltischer Mythologie, Alchemie, romantischer Naturphilosophie und Anthroposophie stehend, weigerte sich Beuys, die nichtmenschliche Welt als toten Objektbereich abzuspalten und korrigierte das Cartesianische „Ich denke, also bin ich“ durch ein „Ich bin verbunden, also bin ich“. Damit steht er auch in der Tradition indigener Gesellschaften und ihrer schamanischen Techniken, die heute in der Wissenschaft wieder neu gewürdigt werden. Wie die Heiler schriftloser Völker, so hatte Beuys nicht nur ein besonderes Verhältnis zu Tieren, sondern auch zu Pflanzen, Elementen und Materialien der Natur. Kaum ein Künstler hat sich so intensiv mit Stoffen und Substanzen auseinandergesetzt wie er, der neben Filz und Fett auch Gold, Kupfer, Knochen, Rost, Bronze, Basalt, Pflanzensäfte, Honig und Blut in seinen Arbeiten verwendete. Wie für einen Schamanen hatten auch „Dinge“ für Beuys etwas Seelenhaftes, das er mittels seiner außergewöhnlichen Intuition zu erfassen versuchte. In einem Gespräch mit Volker Harlan hat er ausführlich darüber berichtet und man staunt darüber, welche Detailkenntnis Beuys auch im Bereich der Mineralogie oder Metallkunde besaß. Er referiert dort etwa über die „radiale Kraft“, die im Wachstum von Bergkristallen tätig sei oder über die Wärmeleitfähigkeit und die pflanzenartige Struktur von Kupfer. [23] Dabei weist er immer darauf hin, dass auch harte, dinghafte Materialien aus einst flüssigen und lebendigen Wärmeprozessen hervorgegangen seien. Ein Knochen etwa, so Beuys, sei ja aus Dreh- und Flüssigkeitbewegungen entstanden, also letztlich aus Schwingungsformen, die früher einen ganz anderen Charakter als das geronnene Endstadium gehabt hätten. [24] Hatte der Künstler deshalb die Skulptur eines mit Drähten und Bindfäden umwickelten Knochen, der im Hessischen Landesmuseum Darmstadt zu sehen ist, „Radio“ genannt?  Weil er sichtbar machen wollte, dass hinter der starren Fassade eines Knochens doch beweglichere Prozesse verborgen sind, so wie in einem Radio, dessen „harte“ Bestandteile nur dem Empfang von unsichtbaren und flüchtigen Wellen dienen?

Einen ähnlichen „animistischen“ Verfremdungseffekt erzielte Beuys mit seinem sogenannten „Erdtelefon“, das aus einem Lehmklumpen besteht, aus dem Strohfäden zu dem Kabel eines schwarzen Telefongerätes hinüberwachsen. Was löst der eigenartige Titel in uns aus? Sollen wir mit dieser Skulptur geschult werden, in das Element der Erde hineinzuhören, um darin mehr zu spüren als einen unbelebten Haufen aus Sand und Ton? Beuys, der die  biodynamische Landwirtschaft der Anthroposophen kannte, nennt eine gute Agrikultur eine „Kunst“, die den „Geist der Stoffe“ verstehen müsse. [25] Heute aber, in einer von überflüssigen Waren vollgestopften Welt, sei uns die „Wahrnehmung für die innere Substanz der Dinge“ verloren gegangen, die aber durch Übung wieder geschult werden könne. [26] Sind solche Kunstwerke auch Lektionen des „Schamanen“ Beuys? Versuche, uns durch die verblüffenden Kombinationen von Elementen in seinen Plastiken wieder zum animistischen Einfühlen in die „Dinge“ zu bewegen?

Ein wichtiges Thema im Beruf des Schamanen ist der Umgang mit dem Tod. Schon zu Lebzeiten „stirbt“ der Schamane während verschiedener Initiationsriten und trifft dabei im Jenseits auf Geister und Ahnen, die ihm Ratschläge erteilen können. Der Tod ist ihm also etwas Geläufiges, vor dem er keine Angst zu haben braucht: eher ein Übergang als ein abruptes Ende. Stirbt einer der Angehörigen seines Stammes, wird der Schamane zum Begleiter, der die Seele des Toten in ein Unterweltreich führt, wo sie weiterlebt. Der alte, von den Griechen stammende Ausdruck für Seelenbegleiter, „Psychopompos“, war Beuys geläufig. [27] Glaubte der anthroposophisch geprägte Künstler - wie der von ihm verehrte Rudolf Steiner - an die Idee von Reinkarnation und Wiedergeburt?

Auf eine diesbezügliche Frage des Magazins DER SPIEGEL von 1984 antwortete Beuys ganz klar: „Das ist für mich keine Glaubensfrage. Es war mir eigentlich immer klar, dass da nicht irgendetwas plötzlich lebt, ein biologisches Etwas, und dann stirbt, und es geht nicht weiter. Wenn der Geist eine Funktion in der Welt hat, dann gibt es ein Vor und Nachher. Wenn dieses Grundverhältnis zum Leben bei mir nicht dagewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich nicht zur Anthroposophie gefunden.“ [28] Beuys bekundete immer wieder, dass er die Auffassung Rudolf Steiners von den wiederholten Erdenleben teilte, etwa in einem Gespräch mit Robert Filliou über Erziehung, wo er betonte, dass ein Kind schon mit Erfahrungen aus einem vorherigen Leben auf die Erde kommt: „Dass also der Mensch schon als Fertiger geboren wird, als eine Persönlichkeit, die schon sehr viel mitgemacht hat auf ganz anderen Gebieten, nicht allein auf dieser Erde, aber der schon ganz andere Räume durchmessen hat, also eine ungeheure Erfahrung bereits mitbringt, (…) die jetzt (…) durch die Geburt selbstverständlich sich auseinandersetzt mit der Materie, also dem Stoff.“ [29]

Der Begriff Biographie, so Beuys, müsste ausgedehnt werden auch auf das vorgeburtliche und nachtodliche Dasein, der Mensch sei nur auf der Erde, um etwas ganz Bestimmtes zu erarbeiten, das dann in nächsten Inkarnationen weiterentwickelt würde. Bereits unser zu immer neuen freien Entwürfen fähiges Denken sei ein Beweis für einen unabhängigen Geistkern, der während der Lebenszeit in einem Körper-Sarg „eingesperrt“ sei, den er jedoch beim Tod wieder verlassen könne: „Denn wenn ich sterbe, schmeisse ich diesen Kadaver wieder weg und er bleibt da liegen. Ich selber ziehe dann wieder ab mit meinem Denken.“ [30] In einem Gespräch mit dem Kunstsammler Hans van der Grinten betonte Beuys, dass ein Mensch durch wiederholte Reinkarnationen auch mehrfach am historischen Geschehen teilnehmen könne, etwa in der Verkörperung durch einen „römischen Feldherrn X“ oder eines „Bataverfürsten Y“. [31]

Solche spirituellen Glaubensannahmen von Beuys, über die in der Öffentlichkeit heute wenig gesprochen wird[32], lassen sich auch direkt in seinem Werk finden, etwa in Illustrationen des Künstlers zu Erzählungen des österreichischen Dichters Richard Schaukal. Vor allem die Zeichnung zur Erzählung „Von Tod zu Tod“ spricht eine deutliche Sprache, indem sie die im Text beschriebene Seelenwanderung - die Verwandlung eines Grafen zu einem Bürgerlichen - verdeutlicht. Aus einer knabenhaften Gestalt entschwebt ein Frauenkörper mit nach unten wehenden Haaren und nach oben gerichteten Beinen: in der Anthroposophie würde man von einem Astralkörper sprechen, der sich im Moment des Todes von der leiblichen Hülle löst. Die Zartheit der Bleistiftzeichnung deutet das Ätherisch-Immaterielle des Vorgangs an und belässt vieles im Offenen, anders als Beuys’ verbale Äußerungen zu Seelenwanderung und Reinkarnation. [33] 

Hatte Beuys auch persönlich solche Erfahrungen gemacht? Zwei Schilderungen eines „Absturzes“ in seiner Biographie deuten zumindest an, dass er hier in Todesnähe so etwas wie eine Wiedergeburtserfahrung durchlebt haben mag. Dazu gehört die berühmte Schilderung von Beuys’ Bruchlandung mit einer Stuka über der Krim im Jahre 1944, die von Kritikern bereits ausgiebig diskutiert wurde. [34] Der Künstler behauptete später, dass Tataren ihn schwer verwundet aus der zerstörten Flugmaschine gerettet und mithilfe von Fett und Filz am Leben erhalten hätten: wahrscheinlich eher eine Rettungs- und Heilungsphantasie als eine tatsächliche Begebenheit. Aber uns interessiert der symbolische Gehalt dieser Erzählung im Hinblick auf Beuys’ Verhältnis zum Schamanismus. Dieser Künstler verspürte lebenslang eine große Nähe zu Nomadenvölkern aus Sibirien, der Mongolei und Russland, bei denen er noch letzte Spuren einer archaischen Naturreligion zu finden glaubte. Aus diesen Gründen interpretierte er wohl auch den Rettungsakt als ein Initiationsgeschehen, in dem er mithilfe geheimnisvoller Kräfte „wiedergeboren“ wurde. Tagelang, so Beuys habe er in halb bewusstem Zustand in den Zelten der Krimtataren gelegen, was sein bildhaftes Denken angeregt habe. Eingeschmiert mit Fett und eingehüllt in Filz, seien dabei nicht nur seine Lebenskräfte zurückgekehrt, sondern auch wichtige Impulse für sein künftiges künstlerisches Schaffen: die Anregung, wärmespeichernde Materialien wie Fett und Filz zu verwenden, die durch diese Bergungsaktion symbolisch aufgeladen worden waren. Die Retter, angeblich Krimtataren, wurden von Beuys als ein ursprüngliches Volk gedeutet, das noch in tiefem Einklang mit der Natur lebte und über besondere Fähigkeiten verfügte. Beuys erlebte den ganzen Vorgang auf eine durchaus spirituelle Art und Weise. Mitten in der winterlichen Tundra sei er als fast schon Gestorbener wieder ins Leben befördert worden - und zwar in einem mysteriösen Akt zwischen physischer Regeneration und seelisch-künstlerischer Wiedergeburt. Ob all dies wirklich geschehen ist, mag aufgrund etlicher Unstimmigkeiten bezweifelt werden[35]. Doch Beuys umkreiste die spirituelle Kultur östlicher Nomadenvölker auch nach dem Krieg immer wieder in Aktionen und Zeichnungen, worauf schon einige Titel hinweisen: „Sibirische Symphonie“, „Eurasia“, „Urschlitten mit Totengeistern“, „Schamane“, „Elch und Rentier mit Frauen“, „Eine innere Mongolei“ usw. Begleitet von spirituellen Führern tragen hier oft Schlitten und Tiere die Toten in eine Jenseitswelt, wo andere geistige Gesetze herrschen als in der sichtbaren Diesseitswelt.

Eine weitere „Initiationserfahrung“ machte Beuys wohl 1955 während einer tiefen Lebenskrise. Aufgrund von Traumatisierungen durch den Weltkrieg, aber auch aus Verzweiflung über die fehlende Anerkennung als Künstler ließ er sich eine Holzkiste anfertigen, die er innen vollständig mit Teer beschmierte. Er wollte in diesem schwarzen leeren Raum „Untersuchungen“ anstellen und „neue Erfahrungen“ machen. Beuys habe, so sein Biograph Heiner Stachelhaus, „den Zwang gespürt, sich in diese Kiste zu setzen, nicht mehr dazusein, einfach mit dem Leben aufzuhören. Dazu passt auch, dass Beuys sich damals … in Tibet einmauern lassen wollte.“ [36] Die verstörende Zeichnung „Aufschrecken in der Nacht“ (Mann im Grab) von 1962 lässt erahnen, um welche „Erfahrungen“ es Beuys in der Kiste möglicherweise gegangen wäre. Zu sehen ist dort der Torso eines Mannes mit einem aufgerissenen Mund inmitten eines schwarzen Feldes, das sowohl das Innere der geteerten Kiste als aber auch ein sternenübersäter Nachthimmel sein könnte. Ist es ein Scheintoter, der entsetzt feststellt, dass er lebendig begraben wurde? Oder eine Wiederauferstehungsszene, wo sich der astralische Körper eines Verstorbenen vom Leib zu lösen beginnt, um in geistige Jenseitswelten zu fliegen? [37] Dass Beuys von einem Fortleben der Seele nach dem Tode überzeugt war, bezeugt auch eine nach dieser Krise entstandene Skulptur, die er im Alten Kirchturm von Büderich als Mahnmal für die Toten der beiden Weltkriege aufhängen durfte. Es ist eine monumentale tanzende Christusfigur mit dem Titel „Auferstehungssymbol“, bei der das Sich-Emporschwingen stärker betont wird als das blutige Martyrium des Gekreuzigten. Auch in Beuys’ Werk finden sich also viele Hinweise seiner Überzeugung, dass irgendetwas nach unserem physischen Tod weiterlebt, egal ob man nun mit einem heidnisch-schamanischen oder christlichen Blick darauf schaut.

Ich habe so etwas auch persönlich im Münchner Lenbachhaus bei ausführlichen Filmaufnahmen von Beuys zentralem Werk „zeige deine Wunde“ gespürt. Lange hatte es gedauert, bis mir die Museumsleitung die Drehgenehmigung gestattete. [38] Man hatte erst Angst vor Beschädigungen, aber meine Versicherung, nur alleine in dem Raum zu drehen sowie die Hilfe von Eva Beuys führten schließlich zur Erlaubnis, auch wirklich Nahaufnahmen in der Installation machen zu dürfen. Diese besteht aus zwei alten Leichenbahren aus der Pathologie, die mit diversen anderen Requisiten in einem kahlen Raum mit abgedämpftem Licht versammelt sind. Je länger ich sie betrachtete, desto mehr spürte ich, wie wesentlich Geduld, Konzentration und Stille für das Erschließen von Beuys’ Kunst sind. Zunächst wirkte das Ambiente düster und morbide. Auf den grauen Metallbahren fielen mir kleine Abflusslöcher für die Säfte der Toten auf, unter diesen befanden sich merkwürdige Kästen und Reagenzgläser mit Fieberthermometern und kleinen Vogelschädeln. Sollten diese Tierreste an biologische Präparate erinnern oder an schamanische Ritualobjekte?

Zunächst kam die ernüchternde Stimmung einer Pathologie über mich, mit all dem Kalten, Endgültigen und Trostlosen, welches der erstarrte Leichnam ausstrahlt, der für die meisten von uns ja ein Symbol für das definitive Ende des Lebens ist. Doch neben den Bahren erblickte ich auch altertümliche Feld- und Bauerngeräte, um deren Holzgriffe rote Tücher geschlungen waren. Sie wirkten wie vitale Tupfer frischen Lebens inmitten der grauen Todeswüste, ebenso wie die mit blassen kleinen Buchstaben auf eine schwarze Schiefertafel gekritzelten Worte: „zeige deine Wunde“. Sie wirkten wie Kinderschrift, anrührend in ihrer Fragilität, Zartheit, aber auch zuversichtlichen Kraft. Verwundung und Tod, so spürte ich mit geradezu physischer Intensität, waren für den Schöpfer dieser Installation keine Endpunkte. Dahinter ging es für Beuys weiter, er sah uns von einem endlosen Lebensstrom getragen, der auch von starken Verletzungen und dem Ende unserer Körperfunktionen nicht ausgeschaltet werden kann. All das  verkörperte diese Installation, ohne es direkt zu formulieren, einfach nur durch die poetische Ausstrahlung ihrer keinesfalls nur düsteren Atmosphäre. Hier war der „Schamane“ Beuys plötzlich wieder voll präsent, ohne dass dieser Begriff irgendwo im Umkreis des Kunstwerkes auftauchte. Es berührte mich ungemein, dass dieser Künstler so viel Energie darauf verwendet hatte, uns die Angst vor Tod und Sterblichkeit zu nehmen und damit - wie er es selbst formuliert hatte - tatsächlich half, auch „die Entfremdung und das Mißtrauen gegenüber dem Übersinnlichen nach und nach wegzuräumen.“ [39]

Zahlreiche Elemente des realen Schamanismus finden sich also bei dem Jahrhundertkünstler Beuys wieder: die intensive Nähe zur Natur, Versuche, mit der Seele von Tieren zu kommunizieren, der Glaube an eine übersinnliche Welt, eine Symbolsprache, die unsere Intuitionskräfte anregt und nicht durch reine Logik zu erfassen ist, Grenzerfahrungen an der Schwelle des Todes, die ein Weiterleben der Seele plausibel erscheinen lassen. Schließlich der Aspekt des Heilers, der Beuys immer auch sein wollte. Wir erinnern uns an seine Bemerkung, dass er deshalb wie ein Schamane wirke, weil er die „Traumata der Zeit“ aufzeigen und „Heilprozesse“ initiieren wolle. [40] Beuys war davon überzeugt, dass der westliche Mensch neue Inspirationen für seinen Umgang mit Natur, Tieren, Pflanzen und der Erde bekommen müsse sowie ein vertieftes Verhältnis zu seinen intuitiven Kräften. Er war kein Heiler im medizinischen Sinne, obwohl viele Gegenstände aus diesem Bereich, etwa Reagenzgläser, Pflaster, Mullbinden, Spritzen etc., in seinen Installationen vorkommen.

Die genaueste Bezeichnung gab Beuys selbst, wenn er sagte, dass er in einem von Naturwissenschaft bestimmten Zeitalter wieder an das erinnern wolle, „was der Schamane vorführt: Dass es ganz andere Dimensionen des Lebens gibt, dass es ganz andere Kräfte in der Welt gibt, von denen der Mensch gegenwärtig systematisch durch die politischen Systeme abgeschnitten wird.“ [41] Der „Schamane“ Beuys führt uns mit seiner eindringlichen und häufig mysteriösen Symbolsprache in Grenzbereiche unseres Denkens, Wahrnehmens und Fühlens, um uns Wirklichkeitsschichten nahezubringen, die wir verdrängt oder übersehen haben. Das ist für mich auch die tiefste Bedeutung seines  berühmten Satzes „Jeder Mensch ist ein Künstler.“ Er meint nicht, dass jeder wie Mozart komponieren oder die sozialen Verhältnisse politisch umgestalten kann. Künstler sein heißt nach Beuys in erster Linie, wieder mit den Augen des Schamanen sehen zu lernen, d.h. Intuition, Imagination, Träume, Visionen, die Welt des Unsichtbaren, der energetischen Kraftfelder in uns und um uns herum wahr- und ernstzunehmen. Daraus kann dann auch ein künstlerisches Vermögen im engeren Sinne entstehen oder eine schöpferische Idee zur Umgestaltung gesellschaftlicher Missstände. Insofern ist der „Schamanismus“ ein Fundament seiner Kunst und nicht nur ein exotisches Beiwerk, wodurch Beuys zu einem der letzten spirituellen Künstler des 20. Jahrhunderts wurde.  

Interessant war für mich die Beobachtung, dass sich Beuys auch auf die Suche nach europäischen Formen des Schamanismus gemacht hat. Normalerweise schauen wir heute bei diesem Begriff in außereuropäische Kulturen, etwa nach Asien, Afrika, Sibirien oder Südamerika. Dabei vergessen - oder verdrängen - wir, dass es auch in den letzten Jahrtausenden europäischer Geschichte Beispiele schamanischer Praktiken gegeben hat. Beuys hat sich einmal einen „wiedergeborenen Höhlenzeichner“ [42] genannt und spielte auch mit seinen Schieferritzungen auf die Felsbildkunst der Altsteinzeit an, wie sie etwa in den Höhlen von Lascaux und Chauvet bestaunt werden kann. Heutige Archäologen sehen darin durchaus auch Kultstätten, in denen prähistorische Schamanen Einweihungsrituale praktiziert haben. [43] Während seiner Irlandreise besuchte der Künstler das neolithische Ganggrab von Newgrange, in dem möglicherweise auch Initiationsrituale stattgefunden haben und er zeigte großes Interesse an der keltischen Kultur, in der ja Druiden als Wahrsager und Heiler eine ganz ähnliche Rolle übernahmen wie die außereuropäischen Schamanen. Beuys’ Darstellungen von „Sibyllen“ und „Pythien“ spielen auf die Orakelpriesterinnen des antiken Griechenland an, die in heiligen Felsgrotten in Kontakt mit der Erdgöttin traten und ebenfalls in übersinnliche Welten zu schauen vermochten. Die Formen und Bilder seiner frühen Zeichnungen, so sagte der Künstler einmal, seien ihm wie „aus dem Rauch der Pythia“ entgegengekommen. [44] Eine Anspielung auf das Orakel von Delphi, das - eingehüllt in aufsteigende Erddämpfe - in Trance gefallen sein soll, während der es Visionen und Prophezeiungen aus einer höheren Welt empfing. Wie diese medial begabten Priesterinnen sah Beuys in unserem Gehirn eher ein Spiegel- und Empfangsorgan, als den alleinigen Produzenten unserer Gedanken und Gefühle. [45] Die Druiden, Pythien und Sibyllen verkörperten für ihn solche transpersonalen Fähigkeiten, die er wohl auch selbst zu besitzen glaubte und die er später in der pantheistischen Spiritualität der Romantik wiederfand. Ein kleines poetisches, im Ton eines Novalis gehaltenes Fragment von Beuys bezeugt dies auf eindringliche Weise: „Worin wir ruhen? Das suche in den sternbedeckten Räumen … in den Quellen, in den Träumen.“ [46] Wie die Schamanen, so suchten für Beuys auch die romantischen Dichter nach einer tieferen Verbundenheit mit den unsichtbaren Kräften in der Natur, was in seinen Augen dann von Rudolf Steiner zu Beginn des 20. Jahrhunderts fortgeführt wurde.

Vielleicht wollte der Künstler diese alten Traditionslinien Europas in seiner letzten großen Aktion „7000 Eichen – Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ noch einmal bündeln, in dem er ein letztes Mal als „Heiler“ und Mittler zwischen den Welten auftrat. In Interviews zu diesem Medienspektakel während der documenta 7 (1982) sprach Beuys viel von dem Eichenkult der Kelten und Germanen, deren Priester in diesem Baum ein Heiligtum gesehen hatten, in dem sie ihre kultischen Praktiken ausübten. Man kann die Aktion „7000 Eichen“ durchaus als ein großes schamanisches Ritual sehen, in dem Beuys ein weiteres Mal an die mächtigen Wirkkräfte der Natur erinnerte, mit denen wir tief verbunden sind und vor deren Zerstörung der Künstler uns lebenslang warnte. Unter anfänglichem Protest der Bevölkerung wurden 7000 Basaltstelen vor dem Fridericianum in Kassel abgeladen, die dann einzeln abgetragen wurden, wenn jemand für 500 Mark eine Baumpatenschaft übernahm. Die Stele wurde an einen bestimmten Platz der Stadt gebracht, wo neben sie ein neues Eichenbäumchen gepflanzt wurde, das dann mit der Zeit über den starren Stein hinauswuchs: Sinnbild für einen Metamorphosevorgang von der mineralischen in die pflanzliche Welt, präsentiert von einem Künstler, der sich mit den Reichen der Natur bestens auskannte. Zum schamanischen Heiler wurde Beuys während dieser Aktion auch, weil er sich neben der ökologischen Dimension noch um andere „Wunden“ der deutschen Geschichte kümmerte. Der Künstler wählte bewusst Eichen, um an ein heiliges Symbol unserer keltisch-germanischen Vorfahren zu erinnern und an den Missbrauch dieses Baumes durch die Nationalsozialisten, die für besondere Verdienste Militärorden mit Eichenlaub verliehen hatten. Beuys wusste das alles und nahm auch Missverständnisse über die vieldeutige symbolische Aufladung seiner Aktion in Kauf. Er wollte geradezu ein großes Feld von Emotionen, Assoziationen und Erinnerungen heraufbeschwören, um negative Energien in humane und zukunftshaltige umzudeuten. Das Umleiten und Verwandeln von Energien gehört zum Beruf des Schamanen dazu, wir erinnern uns an Beuys’ zentralen Satz: „Ich weiß, dass ich mit Kräften umgehe.“ [47] Der Künstler wollte - wie er selbst sagte - keine „vergangene Mystizismen eines missverstandenen Deutschtums“ wiederaufleben lassen, sondern mit den „7000 Eichen“ eine „Wärmezeitmaschine“ schaffen, die Lebenszeichen, Schattenspender, Luftfilter und Energiequelle war, aber auch an frühere Kulturen Europas erinnerte, die mit der Natur noch in einer „geheiligten Weise“ umgegangen waren. [48]  Der Baum, das wusste Beuys, repräsentiert in archaischen Kulturen auch die Weltachse, auf der der Schamane hinauf zu den Geistern und Ahnen reist, von denen er nützliche Informationen zur Lösung von Problemen seiner Gemeinschaft bekommen kann. Durch die geniale Verknüpfung all dieser Symbolschichten, die vielfach unbewusst auf das Publikum wirkten, konnte Beuys noch einmal eine große „soziale Plastik“ mit weltweiter Wirkung schaffen, die bis heute in Kassel erinnert und diskutiert wird.

Trotz allen Ähnlichkeiten unterscheidet sich Beuys natürlich erheblich vom traditionellen Schamanen wie auch vom Neo-Schamanismus heutiger neuheidnischer und esoterischer Kreise. Man könnte sagen, dass er vielschichtiger und reflektierter ist - und dass er auch mit dem Begriff „Schamanismus“ spielt, also nie in eine zu ernste oder gar fundamentalistische Anbetungshaltung gegenüber diesem Phänomen verfällt. Insofern ist er am Ende doch das, was Karin Riedl zu Recht mit dem Begriff des „Künstlerschamanen“ [49] bezeichnet hat: eine moderne, ästhetisch und spirituell verwandelte Variante, die zwar Elemente aus vergangener Zeit einbezieht, aber diese in eine völlig neue Form transformiert. Man kann nie sagen: Schaut her, da hat sich ein verrückter und rückwärtsgewandter Großstädter als Schamane verkleidet und tut so, als lebe er in den Amazonaswäldern oder in der einsamen Steppe Sibiriens. In das Schamanenkonzept von Beuys spielen - anders als bei traditionellen oder Neo-Schamanen -  z.B. Einflüsse des Christentums und der modernen Naturwissenschaften hinein, mit denen sich Beuys ausgiebig befasst hat. [50] Insofern weitet er die Aufgabe, Mittler zwischen den Welten zu sein, sogar noch aus: er vermittelt auch zwischen heidnischen und christlichen Traditionen sowie zwischen Logik und Intuition, wissenschaftlicher Rationalität und Gefühl. Nie gerät er in die Haltung einer platten Antithese oder versucht, die wichtigen Kulturkräfte der Wissenschaft oder des Christentums zu verdammen. Beuys konnte sich auf hohem Niveau mit Biologen, Physikern, Priestern und Theologen unterhalten, ihm ging es um Erweiterung, Ergänzung, um eine Synthese der großen geistigen Kraftlinien der Vergangenheit und Gegenwart. Das macht seinen „Schamanismus“ so alterslos, zeitgemäß und inspirierend, so fernab von aller Regression oder Verklärung alter mythischer Zeiten. Beuys ging es darum, dass „eine Geistigkeit auf höherer Ebene entstehen“ kann, er wollte nicht zurück in „die alte Geistigkeit“, bei der er auch hierarchische Macht- und Clanstrukturen wahrnahm, die für ihn nicht mehr zeitgemäß waren. [51]

„Ich habe ja die Figur des Schamanen wirklich angenommen … Nun allerdings nicht, um zurückzuweisen, in dem Sinn, dass wir wieder zurückmüssen, wo der Schamane seine Berechtigung hatte, weil das ein ganz anderer spiritueller Zusammenhang war. Sondern ich benutze diese alte spirituelle Figur, um etwas Zukünftiges auszudrücken, indem ich sage, dass der Schamane für etwas gestanden hat, was in der Lage war, sowohl materielle wie spirituelle Zusammenhänge in eine Einheit zu bekommen.“ [52]

Endnoten

[1] Joseph Beuys. Schamane, hg. von Dieter Buchhart und Hans-Peter Wipplinger, Verlag für moderne Kunst Nürnberg, 2008, 9 und Dieter Koepplin: Joseph Beuys in Basel, Bd.4, Zeichnungen, plastische Bilder und Multiples von 1955-1985, Schirmer/Mosel: München, 2016, 18, Anm.14

[2] vgl. Lorina Speder: Seele gegen Blut – Der Filmemacher Michael Oppitz hat Beuys, Cage und Polke gezeigt, was Schamanismus wirklich bedeutet, in: der Freitag, Ausgabe 29/2018,

https://www.freitag.de/autoren/lorina-speder/blut-und-pupsen

[3] Joseph Beuys in: Louwrien Wijers, Interviews, Gespräche, Schreiben als Plastik 1978-87, Ernst + Sohn, Academy Editions, Berlin/London 1992, 152

[4] In dem Film „Joseph Beuys-Jeder Mensch ist ein Künstler“ von Werner Krüger, min. 51:40,

https://www.youtube.com/watch?v=JjkHYQnxZTE

[5] Dieter Koepplin: Beuys und die Tiere, Vortrag gehalten im Humboldt-Haus Achberg am 3. April 2013 anlässlich der Tagung „Joseph Beuys und die Hasen“, maschinenschriftliches Manuskript, S.13f. Zum Thema „Beuys und der Schamanismus“ siehe auch Dieter Koepplin: Joseph Beuys in Basel. Bd.4, a.a.O. 76ff

[6] Beuys im Gespräch mit Ursula Meyer 1969, in: Ingrid Burgbacher-Krupka: Prophete rechts, Prophete links: Joseph Beuys, hg. vom Institut für moderne Kunst Nürnberg, Stuttgart 1977, 31

[7] Eva Beuys/Wenzel Beuys: Joseph Beuys. Die Eröffnung 1965, … irgendein Strang … Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Steidl: Göttingen 2010, 15f

[8] Joseph Beuys in der ORF III Talkshow Club 2 „Kunst und Schwindel“, 27.01.1983, vgl. unter: https://www.youtube.com/watch?v=J6pS7H_24CE, ab min. 1:15:38

[9] J. Frank Dobie: The Voice oft he Coyote, University of Nebraska Press, 1949, 9, 11, 16, 21, 25, 27, 31ff

[10] vgl. Caroline Tisdall: Joseph Beuys-Coyote, Schirmer/Mosel: München 2008

[11] Eva Beuys/Wenzel Beuys (Hg.): Joseph Beuys. Coyote III. Konzert 1984 mit Nam June Paik. Pianovariation 1984, Seibu Museum of Art, Tokyo, Sogetsu Hall, Steidl: Göttingen 2008, 63 und 71f

[12] vgl. Dieter Koepplin: Joseph Beuys in Basel, Bd.2: Zeichnungen und Holzschnitte bis 1954, Schirmer/Mosel: München 2006, 15

[13] Wolfgang Zumdick: „Der Tod hält mich wach“. Joseph Beuys - Rudolf Steiner. Grundzüge ihres Denkens, Pforte: Dornach 2001, 9

[14] Zahlreiche Beispiele dafür finden sich in meinem Buch „Zeige deine Wunde – Kunst und Spiritualität bei Joseph Beuys“, Europa: Berlin 2015, etwa 48ff, 54ff, 64ff, 72ff

[15] Bonusmaterial zu meinem Film „Zeige deine Wunde“ (DVD bei www.absolutmedien.de) auf youtube: https://www.youtube.com/results?search_query=beuys+thönges

[16] Etwa in der Beuys-Biographie von Hans-Peter Riegel, die immer wieder versucht, Beuys als Lügner, Esoteriker und Genie der Selbstinszenierung zu „entlarven“ und in eine rechte Ecke zu rücken, vgl. Hans-Peter Riegel: Beuys. Die Biographie, Aufbau: Berlin 2013. Eine differenzierte Entgegnung findet sich in meinen Büchern „Zeige dein Wunde“ (siehe Anm.14, 172ff) und „Geheimes Europa-Reisen zu einem verborgenen spirituellen Erbe“, Europa: Berlin 2017, 275ff

[17] Irene Albers/ Anselm Franke (Hg.): Animismus-Revisionen der Moderne, diaphanes: Zürich 2012, 7ff, 18, 29

[18] vgl. Claude Levi-Strauss: Das wilde Denken, Suhrkamp: Frankfurt/Main, 1973

[19] ebd. 24ff, 43ff

[20] ebd. 19ff

[21] ebd. 69f

[22] vgl. Philippe Descola: Jenseits von Natur und Kultur, Suhrkamp: Berlin 2011

[23] Volker Harlan: Was ist Kunst? Werkstattgespräch mit Beuys, Urachhaus: Stuttgart 1987, 71, 76

[24] ebd. 71

[25] ebd. 80

[26] ebd. 67

[27] vgl. Gespräch zwischen Joseph Beuys und Hagen Lieberknecht, in: Joseph Beuys: Zeichnungen 1947-59, Schirmer/Mosel: München 1972, 17 und H.Murken: Beuys und die Medizin, Münster 1979, 45

[28] „Die Mysterien finden im Hauptbahnhof statt“, Gespräch mit Joseph Beuys in DER SPIEGEL 23, 1984, 178-186, vgl. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13508033.html

[29] Gespräch mit Joseph Beuys, in: Robert Filliou: Lehren und Lernen als Aufführungspraxis, Verlag Gebr. König, Köln-New York 1970, 161

[30] Ebd. 163f

[31] Gespräch Joseph Beuys mit Hans van der Grinten am 7.Dezember 1970, in: Katalog Joseph Beuys, Moderna Museet Stockholm 1971 (ohne Seitenzählung)

[32] So wurde der gesamte Komplex Anthroposophie, Schamanismus, Mythologie und Spiritualität in Andres Veiels vielgelobtem und preisgekröntem Dokumentarfilm „Beuys“ (2017) einfach weggelassen. Beuys wurde hier und in den meisten Rezensionen des Filmes ausschließlich als „politischer Künstler“ gesehen, was natürlich wesentliche Elemente seiner künstlerischen Arbeit ausblendet.

[33] Juliane Oesterreich: Joseph Beuys illustriert Richard Schaukal, in: Eros Thanatos, Jahrbuch der Richard-von-Schaukal-Gesellschaft, Bd. 5/6, 2001/2002, 57-64. Diesen Hinweis verdanke ich dem Kunsthistoriker und Beuysexperten Dieter Koepplin.

[34] vgl. Rüdiger Sünner: Zeige deine Wunde – Kunst und Spiritualität bei Joseph Beuys, Europa: Berlin 2015, 16ff

[35] vgl. Rüdiger Sünner: Zeige deine Wunde – Kunst und Spiritualität bei Joseph Beuys, Europa: Berlin 2015, 17

[36] Heiner Stachelhaus: Joseph Beuys, claassen: Düsseldorf, 1987, 64

[37] Joseph Beuys: Dibujos. Drawings, hg. von Heiner Bastian, Ausstellung Okt. Bis Dez. 1985, Sala de Exposiciones. Fundacion Caja de Pensiones, 1985.

[38] Für meinen Film „Zeige deine Wunde – Kunst und Spiritualität bei Joseph Beuys“, 2015, 85 min., DVD bei www.absolutmedien.de

[39] vgl. Wolfgang Zumdick, a.a.O. 9

[40] Joseph Beuys in: Louwrien Wijers, Interviews, Gespräche, Schreiben als Plastik 1978-87, a.a.O., 152

[41] In dem Film „Joseph Beuys-Jeder Mensch ist ein Künstler“ von Werner Krüger, min. 51:40,

https://www.youtube.com/watch?v=JjkHYQnxZTE

[42] Hauptstrom Jupiter. Beuys und die Antike, Ausstellungskatalog München 1993, 26

[43] vgl. etwa David Lewis-Williams: The Mind in the Cave. Consciousness and the Origins of Art. Thames & Hudson Ltd., London 2004

[44] vgl. Dieter Koepplin: Joseph Beuys in Basel, Bd.2: Zeichnungen und Holzschnitte bis 1954, Schirmer/Mosel: München 2006, 15, über Sibyllen und Pythien bei Beuys auch in Bd.4, 44, Anm.38

[45] vgl. Gespräch zwischen Joseph Beuys und Hagen Lieberknecht, in: Joseph Beuys: Zeichnungen 1947-59, Schirmer/Mosel: München 1972, 17 und Eva Beuys/Wenzel Beuys (Hg.): Joseph Beuys. Die Eröffnung, a.a.O. 56f

[46] Joseph Beuys: Das Geheimnis der Knospe zarter Hülle, Texte 1941-1986, hg. von Eva Beuys, mit einem Vorwort von Heiner Bastian, Schirmer/Mosel: München, 299

[47] Erinnerung von Rhea Thönges-Stringaris im Bonusmaterial zu meinem Film „Zeige deine Wunde“: https://www.youtube.com/results?search_query=beuys+thönges

[48] Joseph Beuys/Bernhard Blume/Rainer Rappmann: Gespräche über Bäume, FIU-Verlag: Wangen/Allgäu 2006, 18, 22, 24, 48, 50

[49] Karin Riedl: Künstlerschamanen. Zur Aneignung des Schamanenkonzeptes bei Jim Morrison und Joseph Beuys, transcript: Bielefeld 2014

[50] Vgl. etwa Friedhelm Mennekes (Hg.): Joseph Beuys: Christus DENKEN - THINKING Christ, Verlag Katholisches Bibelwerk Stuttgart, 1996 und Magdalena Holzhey: Im Labor des Zeichners: Joseph Beuys und die Naturwissenschaft, Reimer: Berlin 2009

[51] vgl. Karin Riedl, a.a.O. 190

[52] ebd. 208

 

Literatur

  • Philippe Descola: Jenseits von Natur und Kultur, Suhrkamp: Berlin 2011

  • Joseph Beuys: Zeichnungen 1947-59, Schirmer/Mosel: München 1972 (darin das Gespräch zwischen Joseph Beuys und Hagen Lieberknecht)

  • Joseph Beuys in: Louwrien Wijers, Interviews, Gespräche, Schreiben als Plastik 1978-87, Ernst + Sohn, Academy Editions, Berlin/London 1992
  • Joseph Beuys. Schamane, hg. von Dieter Buchhart und Hans-Peter Wipplinger, Verlag für moderne Kunst Nürnberg, 2008, 
  • Joseph Beuys: Das Geheimnis der Knospe zarter Hülle. Texte 1941-1986, hg. von Eva Beuys, mit einem Vorwort von Heiner Bastian, Schirmer/Mosel: München 2000
  • Joseph Beuys/Bernhard Blume/Rainer Rappmann: Gespräche über Bäume, FIU-Verlag: Wangen/Allgäu 2006
  • Eva Beuys/Wenzel Beuys (Hg.): Joseph Beuys. Coyote III. Konzert 1984 mit Nam June Paik. Pianovariation 1984, Seibu Museum of Art, Tokyo, Sogetsu Hall, Steidl: Göttingen 2008
  • Eva Beuys/Wenzel Beuys: Joseph Beuys. Die Eröffnung 1965, … irgendein Strang … Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Steidl: Göttingen 2010
  • Irene Albers/ Anselm Franke (Hg.): Animismus-Revisionen der Moderne, diaphanes: Zürich 2012
  • J. Frank Dobie: The Voice oft he Coyote, University of Nebraska Press, 1949
  • Nicole Fritz: Bewohnte Mythen. Joseph Beuys und der Aberglaube, Verlag für moderne Kunst: Nürnberg 2007
  • Volker Harlan: Was ist Kunst? Werkstattgespräch mit Beuys, Urachhaus: Stuttgart 1987
  • Dieter Koepplin: Joseph Beuys in Basel, Band 1-4, Schirmer/Mosel: München 2017
  • Friedhelm Mennekes (Hg.): Joseph Beuys: Christus DENKEN - THINKING Christ, Verlag Katholisches Bibelwerk Stuttgart, 1996 
  • Karin Riedl: Künstlerschamanen. Zur Aneignung des Schamanenkonzeptes bei Jim Morrison und Joseph Beuys, transcript: Bielefeld 2014
  • Claude Levi-Strauss: Das wilde Denken, Suhrkamp: Frankfurt/Main, 1973
  • Heiner Stachelhaus: Joseph Beuys, claassen: Düsseldorf, 1987
  • Rüdiger Sünner: „Zeige deine Wunde – Kunst und Spiritualität bei Joseph Beuys“, Europa: Berlin 2015 (gleichnamiger Film als DVD bei www.absolutmedien.de)
  • Caroline Tisdall: Joseph Beuys-Coyote, Schirmer/Mosel: München 2008
  • Wolfgang Zumdick: „Der Tod hält mich wach“. Joseph Beuys - Rudolf Steiner. Grundzüge ihres Denkens, Pforte: Dornach 2001

Ruediger SuennerDr. Rüdiger Sünner, geb. 1953 in Köln, studierte Musikwissenschaften, Philosophie und Germanistik
sowie Filmregie an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Er drehte Dokumentarfilme u.a. über
Paul Klee, Dag Hammarskjöld, Rudolf Steiner, C.G.Jung, Paul Celan und Rainer Maria Rilke. 2015 erschien sein
Film „Zeige deine Wunde - Kunst und Spiritualität bei Joseph Beuys“ zusammen mit einem gleichnamigen Buch,
das der Europa-Verlag jetzt zum 100. Geburtstag von Beuys in einer Jubiläumsauflage neu herausbrachte.

 

 

Links

Textquelle: https://dh-north.org/publikationen/schamanen-sibiriens-und-ihr-vermaechtnis/de


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